Tief in meinem Herzen
Beth zu und fing sie im letzten Moment auf. Kein Wunder, dass sie umgekippt war, dachte er bei sich, als er sie hochhob und in sein Schlafzimmer trug. Sie wog fast nichts. Er runzelte die Stirn, als er ihre hohlen Wangen und die herausstehenden Schlüsselbeinknochen sah. Was hatten die Frauen bloß immer mit ihren Diäten? Er hatte magere Frauen noch nie attraktiv gefunden. Darum wunderte ihn seine Reaktion auf Beth auch ein wenig.
Sie war überhaupt nicht sein Typ – warum also war ihm mit einem Mal so heiß geworden, als er sie in seinen Armen hielt und ansah? Ihr leichtes Baumwollnachthemd war so dünn, dass er fast hindurchsehen konnte. Was die Sache nicht gerade leichter für ihn machte. Ein Träger war von ihrer Schulter gerutscht und entblößte ihren Brustansatz, während ihre dunkle Brustwarze deutlich durch den Stoff zu erkennen war.
Plötzlich flatterten ihre Augenlider ein wenig. Eine Sekunde später waren Beths große grüne Augen auf ihn gerichtet. Er kam sich vor wie ein Voyeur. Schnell ließ er sie auf das Bett sinken und trat einen Schritt zurück.
„Sophie!“
Beth versuchte verzweifelt, sich aufzurichten. Mit aller Macht konzentrierte sie sich auf das Einzige, was für sie wirklich zählte. Orientierungslos ließ sie ihre Augen durch den fremden Raum gleiten.
Es war ein großer Raum, vertäfelt mit dunklem Holz. In einer Ecke befand sich ein riesengroßer Kamin. Das Himmelbett, in dem sie lag, war mit Vorhängen aus kostbarer burgunderfarbener Seide bestückt.
Langsam erinnerte sie sich wieder an die seltsamen, dröhnenden Geräusche und an Cesarios Warnung. Wenn Sophie etwas passiert war …
Unter größtem Kraftaufwand schwang sie die Beine aus dem Bett und erschrak, als eine Hand sie an der Schulter griff.
„Lass mich los“, murmelte sie verstört. „Ich muss ins Kinderzimmer.“
„Ich habe gerade nach Sophie gesehen. Sie schläft noch immer tief und fest. Mach dir keine Sorgen. Hier …“ Ein Glas wurde ihr in die Hand gedrückt. „Trink das. Vielleicht bekommst du dann wieder etwas Farbe im Gesicht.“
Sie blickte zu Cesario auf, der sich über sie gebeugt hatte, und runzelte die Stirn. Es hatte wohl keinen Sinn, sich ihm zu widersetzen. Seufzend führte sie das Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit an die Lippen und musste husten, so sehr brannte es, als die Flüssigkeit ihre Kehle hinablief.
„Was ist das zum Teufel?“, krächzte sie entsetzt.
„Brandy“, antwortete Cesario ruhig. „Du bist ohnmächtig geworden. Trink es am besten aus, es wird dich wieder zum Leben erwecken.“
Er sprach so bestimmt mit ihr, dass sie nicht die Nerven hatte, ihm zu widersprechen. Sie nahm einen weiteren kleinen Schluck und rümpfte die Nase.
„Ich trinke nie Schnaps“, erklärte sie.
„Und du scheinst auch nie zu essen, so wie du aussiehst. Offensichtlich gehörst du zu dem Großteil der Frauen, die so besessen von ihrem Aussehen sind, dass sie Diät halten, bis sie einem Skelett gleichen.“
Mit seinem spöttischen Kommentar hatte er erreicht, was der Brandy nicht geschafft hatte. Beths Gesicht rötete sich.
„Ich habe dir doch gesagt, ich bin von Natur aus dünn. Ich esse genug.“
Wenngleich nicht gerade gesund, musste sie sich eingestehen. Es hatte Zeiten gegeben, in denen Sophie so viel Zeit beansprucht hatte, dass sie sich nur noch von Toast ernährt hatte.
„Warum bist du dann ohnmächtig geworden?“
Beth seufzte und wünschte, Cesario würde endlich aufhören mit dem Thema.
„Wahrscheinlich habe ich immer noch etwas Eisenmangel. Ich war vor ein paar Monaten beim Arzt, weil mir ständig schwindelig war. Der Arzt hat mir geraten, Eisentabletten zu nehmen und zusätzliche Vitaminkapseln.“
„Und hast du seinen Rat befolgt?“
„Ich habe die paar Tabletten genommen, die mir der Arzt gegeben hat, aber ich konnte es mir nicht leisten, neue zu kaufen.“ Sie errötete erneut, als Cesario ihr einen entnervten Blick zuwarf. „Was interessiert dich eigentlich meine Gesundheit?“
Wie sollte er ihr erklären, dass ihre zerbrechliche Figur seinen Beschützerinstinkt weckte? Cesario verstand ja selbst nicht, warum sie diesen Drang in ihm auslöste. Es war nicht nur Lust, sondern auch das unerklärliche Bedürfnis, die junge Engländerin zu beschützen.
„Dir muss doch klar sein, dass du allein schon Sophie zuliebe auf deine Gesundheit achten musst. Stell dir doch einmal vor, was passiert, wenn du mit einem Mal ernsthaft krank werden würdest. Außerdem,
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