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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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unberührt, und als die Haushälterin fünf Stunden später zurückkam, fand sie außer dem Frühstück im Backofen auch noch die Überreste eines Feuers auf der Küchentheke vor.
    Rattigan saß auf einem Hocker, die Tageszeitung vor sich, aufgeschlagen auf Seite vier. »Schiff geht in ›Sperrgebiet‹ unter« lautete die Schlagzeile des zweispaltigen Artikels. Darunter stand: Das Verteidigungsministerium schweigt sich zu den Fragen unserer Korrespondentin Giselle Kilcroft aus.
    Was habe ich bloß falsch gemacht, fragte er sich, dass ich solche Probleme habe? Wie groß war die Chance, dass etwas an die Presse durchsickert? Er zwang sich nachzudenken: Nur keine Panik, es stehen keine wesentlichen Details drin, es gibt keinen Hinweis darauf, was die Jasmine dort gemacht hat. Und so wird es auch bleiben. Zehn Anwälte würden zehn Jahre brauchen, um mir nachzuweisen, dass ich etwas mit dem Schiff zu tun habe. Aber trotzdem … Er musste vorsichtig sein.
    »Verdammt!«
    Abrupt wechselte er von Erschöpfung zu Wut. Er packte die Zeitung und zerknüllte sie. Aber das war keine sinnvolle Methode, eine Zeitung zu zerstören. Er sprang auf und kramte in der Schublade des Küchenschranks nach Streichhölzern. Er zündete ein an, und die Zeitung ging in Flammen auf.
    »Verdammte Journalisten!«, flüsterte er.
    Aber er hatte auch seine Post angezündet.
    »Verdammt!«, fluchte er, als er es merkte. Er hob die Briefe an einer Ecke hoch und warf sie in die Spüle, um Wasser darüberlaufen zu lassen. Dann nahm er die verkohlten, feuchten Umschläge wieder heraus. Auf einem erkannte er Theresas Handschrift. Warum hatte seine eigene Frau ihm einen Brief geschrieben? Und überhaupt, wo war sie eigentlich? Er hatte sie seit zwei Tagen nicht mehr gesehen.
    Tony, ich habe dich verlassen. Theresa.
    *  *  *
    Der Chauffeur zwang sich, den Blick abzuwenden, um nicht die faszinierende Bewegung der elefantösen Schenkel der Ministerin anzustarren. Erleichtert ließ sich die Verteidigungsministerin in die Lederpolster des Jaguar XJ sinken und sah Downing Street an sich vorbeigleiten. Sie war in Nummer 10 bestellt worden, um zu erklären, warum das Verteidigungsministerium den Untergang eines Schiffs vertuschte, und es war die bisher unangenehmste Stunde ihrer politischen Laufbahn gewesen.
    Weiß glühend, dachte sie. Mit diesem Attribut hatten die Zeitungen die Wut des Premierministers beschrieben. Wie unpassend, fand sie, wenn sie bedachte, mit welch finsterer Höflichkeit er sie behandelt hatte. Sein Gesichtsausdruck war immer grimmiger geworden, während sie ihre Ängste und Befürchtungen geschildert hatte. Der Untergang eines unbekannten Schiffs hatte unwillkommene Aufmerksamkeit auf einen empfindlichen Bereich gelenkt, aber im Vergleich zu den wahren Themen war das noch das kleinere Übel. Es gab Wissenschaftler, die die These vertraten, dass Dioxin bei den Walen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Walkrise und SONAZ zeigte. Das schreckliche Ergebnis der Nekropsie hatte VX in den Walen nachgewiesen, mit allen zu erwartenden ökologischen Konsequenzen. Und am schlimmsten, zumindest in politischer Hinsicht, war die entsetzliche Erkenntnis, dass das VX wahrscheinlich aus Russland stammte. Adlington zuckte zusammen. Ihr fiel der Moment ein, als dem Premierminister klar geworden war, was sich nicht länger leugnen ließ: dass Großbritannien mit seinem Vorschlag, Europa und die Vereinigten Staaten mögen den Abbau der chemischen Waffen Russlands unterstützen, wahrscheinlich nur ein politisch-kriminelles Netzwerk finanziert hatte.
    Die Zahlen waren astronomisch hoch. Es würde weit über eine Million Pfund kosten, auch nur eine Tonne VX sicher am international überwachten Entsorgungsort im St Johnston Atoll im Südpazifik unterzubringen; wenn man sie jedoch einfach ins Meer warf, kostete das wahrscheinlich höchstens fünfzigtausend. Irgendjemand verdiente ein Wahnsinnsgeld damit. Es war ein Skandal, der die Regierung zu Fall bringen konnte.
    Sie waren übereingekommen, dass es keine Veranlassung gab, das Problem einzugestehen, zumal weder sie noch die Regierung daran schuld waren. Sie würden die Unterstützung für Russland stillschweigend einstellen, und die letzte Initiative, die Beteiligung der Vereinigten Staaten und der EU zu erhöhen, würde in den Mühlen der Bürokratie verschwinden … Aber es war eine Katastrophe, dachte Adlington traurig. Und dabei hatte sie die Welt doch nur sicherer machen wollen …
    Ihre

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