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Tiefe Wunden

Titel: Tiefe Wunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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April auf den 1. Mai und vom . auf den 4. Mai gewesen ist?«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie senkte den Kopf.
    »Er war nicht zu Hause«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Aber ich glaube niemals , dass er jemanden umgebracht hat. Warum sollte er das tun?«
    »Wo war er dann in diesen Nächten?«
    Sie zögerte einen Augenblick, ihre Lippen zitterten. Mit dem Handrücken fuhr sie sich über die Augen.
    »Ich vermute«, würgte sie hervor, »er war bei dieser Frau, mit der ich ihn gesehen habe. Ich weiß, dass er mich ... betrügt.«
     
    »Ich hatte kaum etwas getrunken«, sagte Bodenstein später im Wagen, ohne Pia anzusehen. »Nur ein Glas Wein. Trotzdem fühlte ich mich, als hätte ich zwei Flaschen intus. Ich habe kaum mitbekommen, was sie erzählt hat. Bis jetzt kann ich mich an große Teile des Abends nicht erinnern.«
    Er machte eine Pause und rieb sich die Augen.
    »Irgendwann waren wir die Letzten im Lokal. An der frischen Luft ging es mir etwas besser, aber ich konnte nur mit Mühe geradeaus laufen. Wir haben an meinem Auto gestanden. Die Leute vom Restaurant machten Feierabend und fuhren weg. Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, dass sie mich geküsst hat und mir die Ho...«
    »Schon gut! «, unterbrach Pia ihn hastig. Der Gedanke, was sich keine acht Stunden zuvor möglicherweise genau auf diesem Sitz abgespielt hatte, war ihr entsetzlich peinlich.
    »Das«, Bodensteins Stimme klang gepresst, »hätte mir nicht passieren dürfen.«
    »Möglicherweise ist ja gar nichts passiert«, sagte Pia unbehaglich. Natürlich wusste sie, dass ihr Chef auch nur ein Mensch war, aber so etwas hätte sie ihm nicht zugetraut. Vielleicht war es auch seine ungewohnte Offenheit, die sie so verwirrte, denn obwohl sie täglich zusammenarbeiteten, waren intime Details aus dem Privatleben bisher tabu gewesen.
    »Das hat Bill Clinton seinerzeit auch behauptet«, sagte Bodenstein frustriert. » Ich frage mich nur, warum sie das getan hat.«
    »Na ja«, erwiderte Pia vorsichtig, »Sie sind ja nicht unbedingt hässlich, Chef. Vielleicht hat sie einfach nur ein Abenteuer gesucht.«
    »Nein. Jutta Kaltensee tut nichts ohne Grund. Das war geplant. Sie hat mich in den letzten Tagen mindestens zwanzigmal angerufen. Und gestern hat sie sich unter einem fadenscheinigen Vorwand mit Cosima zum Mittagessen getroffen.«
    Zum ersten Mal während ihrer Unterhaltung blickte Bodenstein Pia an.
    »Sollte ich vom Dienst suspendiert werden, müssen Sie die Ermittlungen alleine weiterführen.«
    »So weit sind wir ja noch nicht«, beruhigte ihn Pia.
    »So weit werden wir sehr schnell sein.« Bodenstein fuhr sich mit allen zehn Fingern durchs Haar. »Nämlich spätestens wenn Frau Dr. Engel davon Wind bekommt. Auf so etwas hat sie nur gewartet.«
    »Aber wie soll sie denn davon erfahren?«
    »Von Jutta Kaltensee persönlich.«
    Pia begriff, was er meinte. Ihr Chef hatte sich mit einer Frau eingelassen, deren Familie im Mittelpunkt von Mordermittlungen stand. Wenn Jutta Kaltensee aus Berechnung gehandelt hatte, dann war durchaus zu befürchten, dass sie diesen Vorfall irgendwie zu ihrem Vorteil nutzen wollte.
    »Hören Sie, Chef«, sagte Pia. »Sie sollten sich Blut abnehmen lassen. Die hat Ihnen sicher irgendetwas in den Wein oder ins Essen getan, um sicher zu sein, dass Sie sich verführen lassen.«
    »Wie soll sie das denn gemacht haben?«, Bodenstein schüttelte den Kopf. »Ich saß doch die ganze Zeit neben ihr.«
    »Vielleicht kennt sie den Wirt.«
    Bodenstein dachte einen Augenblick nach.
    »Stimmt. Den kennt sie ganz sicher. Sie war per du mit ihm und hat sich mit einem Riesentrara als Stammgast aufgespielt.«
    »Dann kann der Ihnen etwas ins Glas getan haben«, sagte Pia mit mehr Überzeugung, als sie tatsächlich verspürte. »Wir fahren sofort zu Henning. Der kann Ihnen Blut abnehmen und es gleich untersuchen. Und wenn er tatsächlich irgendetwas findet, dann können Sie damit beweisen, dass die Kaltensee Ihnen eine Falle gestellt hat. Einen Skandal kann sie sich nicht leisten, bei ihren Ambitionen.«
    Ein Hoffnungsschimmer belebte Bodensteins müdes Gesicht. Er ließ den Motor an.
    »Okay«, sagte er zu Pia. »Sie hatten übrigens recht.«
    »Womit?«
    »Damit, dass die Sache eine eigene Dynamik entwickeln würde.«
     
    Es war halb zehn, als sich das Team wieder zur Lagebesprechung im Kommissariat traf. Die sichergestellte Pistole, eine sehr gut erhaltene Mauser P08 S/42 Baujahr 1938 mit Seriennummer und Abnahmestempel,

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