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Tiefe

Tiefe

Titel: Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Es war wie ein Fieber. Um zwei Uhr nachts fühlte er sich beruhigt. Die Unrast war gewichen.
    Die Mittel waren nicht nur da, sie waren gewachsen. Nach dem Tod des Vaters war das Vermögen auf über dreihunderttausend Kronen angewachsen. Seit dem Kriegsausbruch erlebte die Börse ein Hoch. Schützengräben und Seeschlachten versahen sie mit blutiger Energie.
    Er löschte die Lampe, nahm seine Schlafstellung ein, auf der linken Seite, die Hände im Schritt geballt. Er war vollkommen ruhig.
    Am Tag darauf wieder nichts als Flaute und Nebel. Die Temperatur betrug zwei Grad über Null. Er erwachte mit einem Ruck und sah, daß es fünf Uhr war. Die Schritte der Wache waren vom Deck zu hören, aber kein Husten. Es war ein anderer Wachposten. Sie lösten sich nach dem Schema ab, das von Leutnant Jakobsson erstellt und aus irgendeinem Grund ständig verändert wurde.
    Er blieb in seiner Koje liegen, bis es hell zu werden begann. Dann stand er auf und trank Kaffee beim Koch, der gerade das Frühstück vorbereitete. Danach kletterte er hinunter in die Jolle und stieß sich ab. Einen Ruderer hatte er dankend abgelehnt.
    Die Jolle glitt durch den Nebel. Er bestimmte die hatte die Dollen geölt, so daß sie an diesem Morgen nicht mehr wie quengelnde Kinder quietschten.
    In der Stille nahm er einen einsamen Laut wahr, ein Rauschen, vielleicht von Vögeln, die sich im Nebel verirrt hatten.
    Als er die Schäre erreicht hatte, konnte er zuerst nicht ausmachen, wo er sich befand. Nichts verändert eine Küstenlinie so sehr wie der Nebel. Vorsichtig ruderte er am Ufer entlang, hatte mehrmals Grundberührung und fand schließlich seinen gewohnten Anlegeplatz.
    Es war feucht und kalt, und er fror. Die Jolle lag in der Bucht. Das Rahsegel war am Mast festgezurrt, und die Ruderpinne lag am Strand. An den Astgabeln und den grauen Stangen hingen tropfende Netze, und er schloß daraus, daß sie die Netze schon an diesem Morgen eingeholt hatte. Er ging weiter, blieb aber plötzlich bei einem Geräusch stehen, das er nicht deuten konnte. Er wartete, bis es aufgehört hatte, und ging dann vorsichtig weiter auf sein Versteck zu. Er hob den Kopf und sah zum Haus hinunter. Zwischen den Felswänden waberte der Nebel.
    Sie war dabei, sich zu waschen. Sie stand nackt mit den Füßen in einem Bottich und war ihm direkt zugewendet. Die nassen Haare hingen über ihre Brüste. Sie rieb sich rasch mit einem Waschlappen ab, bückte sich mit hastigen Bewegungen zum Wasser hinunter.
    Es war, als hätte sie einen Auftritt, der Nebel war ein Vorhang, der zur Seite gezogen worden war, und sie gab diese Vorstellung ganz für ihn allein. Ein Gedanke zuckte ihm durch den Kopf. Vor ein paar Monaten hatten Kristina Tacker und er das Svenska Teatern besucht und die junge hochgelobte Tora Teje in einem Stück gesehen, an dessen Namen er sich nicht mehr erinnerte. Während eines großen Monologs der Teje hatte er sie in Gedanken ausgezogen, und sie hatte nackt da auf der Bühne gestanden, nur für ihn, während sie ihren Text hinausrief, von dem er kein Wort behalten hatte.
    Sara Fredrika stieg aus dem Bottich und hüllte sich in ein graues Leintuch. Lange rubbelte sie sich die Haare, es war, als würde sie einen frisch geschrubbten Boden trocknen. Sie leerte den Bottich, zog sich an und ging ins Haus.
    Er lief gebückt den Pfad entlang, rutschte auf einer glitschigen Felsplatte aus und blieb erst stehen, als er sein Boot erreicht hatte. Er ruderte in den Nebel hinaus, die Dollen hatten wieder angefangen zu quietschen, er war verschwitzt und hatte nur noch den Drang zu entkommen.
    Was fürchtete er? Er hatte keine Antwort.
    Im Nebel verfehlte er die Richtung und fand das Schiff nicht mehr. Es herrschte eine eigentümliche Stille, er mußte rufen, und erst als er Antwort bekam, konnte er es ansteuern.
    Leutnant Jakobsson stand mit seiner Pfeife am Fallreep und erwartete ihn. »Sie machen Ihre Morgenexpeditionen«, sagte er. »Jeder hat ein Recht auf sein Geheimnis. Welander hatte seins, ehe die Sache aufflog. Wann fliegt Ihres auf?«
    Lars Tobiasson-Svartman fragte sich wiederum, ob Leutnant Jakobsson etwas wußte. »Ich rudere nur hinaus in den Nebel«, sagte er. »Das kann sinnlos wirken, weckt aber den Körper und den Geist. Ich rudere mich in eine Bereitschaft hinein, meine Arbeit zu verrichten. Es verscheucht alle unangenehmen Träume. Rudern, das kann so sein, als würde man sich waschen.«
    Leutnant Jakobsson hielt ihm seine Pfeife hin. »Ich rauche. Ohne den Tabak

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