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Tiefe

Tiefe

Titel: Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Raum, in dem ihn Porträts früherer Flottenchefs von den Wänden herunter ansahen. Der Ausschuß bestand aus zwei Vizeadmiralen und einem Kapitän sowie einem Leutnant, der Protokoll führte. Ein Stuhl für ihn stand mitten im Raum, die Mitglieder des Ausschusses saßen hinter einem mit grünem Filz bezogenen Tisch.
    Vizeadmiral Lars H:son-Lydenfeldt war der Vorsitzende. Er war früher die treibende Kraft gewesen, wenn es darum ging, die operativen Möglichkeiten der schwedischen Marine auszubauen. Er stand in dem Ruf, ungeduldig und arrogant zu sein, und herrschte mit plötzlichen Wutausbrüchen über seine Umgebung. Er nickte Lars Tobiasson-Svartman zu, Platz zu nehmen.
    »Ihre Arbeit ist imponierend«, sagte er. »Sie scheinen etwas so Seltenes zu besitzen wie eine Leidenschaft für geheime militärische Fahrwasser. Stimmt das?«
    »Ich versuche nur, meine Arbeit so gut zu machen wie möglich.«
    Der Vizadmiral schüttelte ungeduldig den Kopf. »Jeder Mann in der schwedischen Flotte macht seine Arbeit so gut wie möglich. Jedenfalls kann man davon ausgehen, daß Stümper und Schlappschwänze in der Minderheit sind. Ich spreche von etwas anderem. Von der Leidenschaft. Verstehen Sie?«
    »Ich verstehe.«
    »Könnte ich dann vielleicht eine Antwort auf meine Frage bekommen?«
    Tobiasson-Svartman dachte an den Traum, eine Tiefe zu finden, die nicht zu vermessen war. »Es liegt eine Spannung darin, etwas zu kartieren, das nicht sofort zu überblicken und zu erfassen ist.«
    Der Vizeadmiral sah ihn zögernd an, entschloß sich aber, die Antwort zu akzeptieren. »Was Sie sagen, ist begreiflich. In meiner Jugend habe ich ähnlich gedacht. Aber was man in seiner Jugend gedacht hat, vergißt man im Mannesalter und wird erst im Alter wieder daran erinnert.«
    Der Vizeadmiral richtete sich auf und hielt ein Kartenblatt hoch. »Unsere Kommandanten sollen zu Neujahr von der neuen Strecke bei Sandsänkan in Kenntnis gesetzt werden. Einige unserer Jäger werden bei verschiedenen Wettertypen und in Nachtübungen die neuen Strecken testen.«
    Er griff nach einem neuen Kartenblatt. »Gamlebyviken«, fuhr er fort. »Die Einmündung. Eng, fragwürdig vermessen, wachsende Untiefen, die seit den 40er Jahren nicht kontrolliert worden sind. Haben Sie, Kapitän Svartman, den Bescheid bekommen, daß wir damit rechnen, den Auftrag nach Neujahr zu beginnen?«
    »Ich habe den Bescheid bekommen.«
    »Wir sind zu der Einschätzung gelangt, daß der Auftrag wichtig ist und Vorrang haben soll. Andere Vermessungen werden bis auf weiteres eingestellt werden, da der Krieg andere Aufgaben für unsere Schiffe mit sich bringt.«
    »Ich bin bereit, sofort anzufangen.«
    »Am 27. Dezember, 8 Uhr 45«, sagte der Leutnant.
    Der Vizeadmiral nickte. »Das wäre dann alles. Hat jemand im Ausschuß eine Frage?«
    Kapitän Hansson, der Älteste unter den Anwesenden, mit Erfahrung aus der Zeit der Segelschiffe, immer übergangen, wenn eine Beförderung anstand, hob die Hand. »Sie umgeben sich mit sonderbaren Todesfällen«, sagte er. »Es ist nicht gerade üblich, daß tote Matrosen aus dem Meer gefischt werden, daß Bootsmänner der Stammbesatzung sterben und daß Kommandanten auf ihrem Deck einfach tot umfallen.«
    »Ich verstehe die Frage nicht«, sagte Lars Tobiasson-Svart-man.
    »Das war keine Frage«, sagte Kapitän Hansson. »Es war nur eine Bemerkung, die nicht ins Protokoll aufgenommen werden muß.«
    »Können wir das Treffen beenden?« fragte Vizeadmiral H:son-Lydenfeldt.
    Lars Tobiasson-Svartman hob die Hand. »Ich habe eine Frage. Bei der Einmündung von Gamlebyviken wird im Januar das Wasser vermutlich zugefroren sein. Ist es geplant, daß ich vermessen soll, indem ich Bohrlöcher mache?«
    »Ihre gesamte Arbeit wird sich auf ein Gebiet von weniger als einer halben Seemeile beschränken«, antwortete der Vizeadmiral. »Das bedeutet, daß Eisbohrungen eine zufriedenstellende Art sind, die Neuvermessungen durchzuführen.«
    Lars Tobiasson-Svartman nickte.
    Der Vizeadmiral lächelte. »Ich habe seinerzeit selbst Löcher ins Eis gebohrt«, sagte er. »Ich erinnere mich an einen Fall, als wir mit einer Rinne ganz oben im Bottnischen Meerbusen beschäftigt waren. Das Eis war meterdick. Es war so kalt, daß die Senkleinen in den Bohrlöchern festfroren. Es war eine anstrengende
    Lars Tobiasson-Svartman salutierte und verließ den Raum. Der Adjutant reichte ihm seinen schwarzen Mantel. Er ging durch die Tür des Hauptquartiers hinaus und empfand eine

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