Tiefe
große Erleichterung.
Aber die Worte von Kapitän Hansson nagten an ihm. Waren die Todesfälle in seinem Umfeld nur ein Zufall? Oder war eine Botschaft darin enthalten? Eine Warnung?
Der Nebel lag immer noch dicht über Stockholm.
Am letzten Sonntag vor Weihnachten ereignete sich ein eigentümlicher Vorfall. Lars Tobiasson-Svartman stand ebenso unbeholfen vor dem, was geschehen war, wie vor Kristina Tackers Reaktion.
Es war, als hätte sie überraschend einen Sprung getan und ihn weit hinter sich gelassen.
Sie hatten einen Spaziergang zum traditionellen Weihnachtsmarkt auf Stortorget gemacht. Sie waren am späteren Nachmittag losgegangen, gerade in der kurzen Dämmerung. Es herrschte mildes Wetter, eine Woche der Kälte war von Tauwetter abgelöst worden. Sie gingen den ganzen Weg von der Wallingata zu Fuß, obwohl die Straßen und Gehsteige matschig und rutschig waren. Kristina Tacker bestand darauf, sie mußten sich bewegen, und er wollte sie nicht enttäuschen, obwohl er die Straßenbahn oder eine Droschke vorgezogen hätte.
In der Altstadt waren der Marktplatz und die Gassen voller Menschen. Sie sahen sich die Angebote in den verschiedenen Ständen an, seine Frau kaufte einen kleinen Strohbock, und nachdem sie eine Stunde herumgestreift waren, beschlossen sie, nach Hause zurückzukehren.
Am Slottsbacken hörten sie plötzlich ein Kind schreien. Ein Mann verprügelte seine Tochter in den Schatten neben dem Schloß. Er hob seine schwere Hand und versetzte dem Kind eine Ohrfeige nach der anderen. Kristina Tacker lief auf den Mann zu und stieß ihn weg. Sie schrie etwas, was weder der Mann noch Lars Tobiasson-Svartman verstanden, und legte ihre Arme beschützend um das Mädchen, das vor Schmerz und Angst brüllte. Erst nachdem der Mann versprochen hatte, keine Gewalt mehr gegen seine Tochter auszuüben, ließ sie das Mädchen los.
Der ganze Ablauf, von dem Moment an, als seine Frau von ihm weggelaufen war, bis zu dem, als der Mann und das Mädchen von der Skeppsbron verschwunden waren, spielte sich in vier Minuten und dreißig Sekunden ab. Er hatte seine eingebaute Stoppuhr eingeschaltet und die Zeit gestoppt, als sie zu ihm zurückkam, atemlos und zitternd.
Auf dem Heimweg wechselten sie kein einziges Wort.
Auch später am Abend kommentierten sie den Vorfall nicht. Aber Lars Tobiasson-Svartman grübelte darüber nach, warum seine Frau reagiert hatte und er nicht.
Kristina Tackers Eltern lebten in einer großen Wohnung an der Ecke von Strandvägen und Grevgatan. Lars Tobiasson-Svartman haßte das Essen am ersten Weihnachtsfeiertag. Es gehörte zu den festen Ritualen der Tackerschen Familie. Kristina Tackers Großvater, Bergrat Horatius Tacker, hatte diesen Brauch eingeführt, und niemand wagte auszubleiben.
Die Familie Tacker hatte einen wohlhabenden Teil, der sich ein Vermögen durch Raubkäufe von Wald in den nördlichen Provinzen geschaffen hatte, in eifriger Konkurrenz mit der Familie Dickson, und einen weniger begüterten Teil, der aus niederen Staatsbeamten, einer Anzahl von Großhändlern und Offizieren bestand, von denen jedoch keiner einen höheren Rang erworben hatte als den eines Kapitäns.
Auf die armen Verwandten wurde beim Weihnachtsessen herabgesehen, und die angeheirateten Männer und Frauen wurden gemustert, als wären sie Vieh bei einer Prämierung. Er haßte dieses Weihnachtsessen, und er wußte, daß seine Frau es verabscheute, da sie sah, wie er litt. Aber keiner kam davon. Diejenigen, die es versucht hatten, wurden hart bestraft, indem sie aus der finanziellen Gemeinschaft ausgeschlossen wurden, die sich immer als lohnend erwies, wenn einer von den Wohlhabenden gestorben war und das Testament verlesen wurde.
Kristinas Vater, Ludwig Tacker, hatte innerhalb der staatlichen Kollegien Proben von großem karrieristischem Talent gezeigt, und vor ein paar Jahren hatte er den endgültigen Gipfel erklommen, indem er zum Kammerherrn des Königs ernannt wurde. Lars Tobiasson-Svartman betrachtete ihn wie eine mechanisch sich verbeugende Puppe, der er am allerliebsten den Schlüssel aus dem Rücken gerissen hätte. Er stellte sich mit Vergnügen vor, daß man die Feder auf die gleiche Art aufzog, wie man in vergangenen Zeiten bei der Folter die Därme des Opfers aufgewickelt hatte.
Ludwig Tacker betrachtete ihn vermutlich als eine zweifelhafte Akquisition der Familie. Aber er sagte natürlich nichts. Die Familie Tacker herrschte durch ein Schweigen, das wie eine ätzende Säure
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