Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
schaute ihm ins Gesicht. „Was ist passiert?“
„Ich konnte nicht weitergehen. Es war, als wenn mir jemand in den Magen getreten hätte.“
Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sich das anfühlte, nickte aber. „Ist dir … schlecht?“
Um seinen Mund zuckte es, und sofort fühlte sie sich dumm. „Nein.“
„Was dann?“
Nick schüttelte den Kopf. Um ihre Füße wirbelten Wellen und verschwanden wieder. Bess hatte ihre Sandalen fallen lassen, schaute aber nicht nach, ob sie inzwischen ins Meer gezogen worden waren.
Nicks Lippen wurden zu einem dünnen Strich. Er straffte die Schultern. „Komm, lass uns weitergehen.“
Er drehte sich um und behielt dabei eine ihrer Hände in seiner. Dann stapfte er über den Sand. Falls irgendeiner der anderen Strandbesucher die kleine Szene beobachtet hatte, so schien sie ihn nicht in Alarmbereitschaft versetzt zu haben, denn niemand kümmerte sich um sie. Nick ging mit großen Schritten durch die flachen Wellen und zog Bess mit sich. Sie schaute sich nach ihren Sandalen um, die weiter oben sicher am Strand lagen, und sah, dass das Wasser ihre Fußabdrücke ausradierte, als wenn sie nie hier entlanggegangen wären.
Sie kamen an ihrem Haus und dem kleinen Strandstück davor vorbei, das bei einem traditionellen Haus der Garten gewesen wäre, und gingen weiter.
„Zähle.“ Nick ließ ihre Hand los.
„Was?“
Er machte einen Schritt. „Zähl sie.“
Zehn Schritte von dem Strand vor ihrem Haus entfernt, klappte er mit einem Keuchen vorneüber und presste beide Hände auf seinen Bauch. Elf, und er kam ins Stolpern. Beim zwölften Schritt stieß er ein tiefes Grollen aus, das Bess die Haare zu Berge stehen ließ.
„Nick, hör um Gottes willen auf.“
Beim dreizehnten Schritt bemerkte Bess, dass sie durch ihn hindurchsehen konnte. Sie war nicht mit ihm gegangen, aber nun flog sie über den Sand auf ihn zu. Sie streckte die Hand nach seinem Hemd aus, um ihn daran zurückzuziehen, so wie sie Connor einmal vor einem herankommenden Wagen zurückgezogen hatte. Auch damals hatte ihr Herz wild in ihrer Brust gehämmert, hatte sie nichts außer ihrer Hand gesehen, die sich ausstreckte und Stoff fand. Ihren Sohn hatte sie an jenem Tag in Sicherheit gezogen, aber jetzt entglitt der Stoff von Nicks Hemd ihren Fingern. Sie packten zu und … griffen durch den Stoff hindurch.
„Nick!“
Der Wind pflückte den Namen von ihren Lippen. Er stolperte zurück. Ihre Hand füllte sich mit festem, weichem Stoff, und sie zog. Sein Hemd riss mit einem Schnurren. Er fiel in den Sand und rollte sich auf die Seite, stöhnend und zitternd, aber er war da. Berührbar und immer noch real.
Auf allen vieren krabbelte er wieder zurück, dann rollte er sich auf dem trockenen Sand zu einer Kugel zusammen. Bess kniete sich neben ihn und bettete seinen Kopf in ihren Schoß. Ein Schatten fiel über sie, und sie zuckte.
„Alles okay mit ihm?“ Ein Mädchen mit blonden Zöpfen und einem blauen Bikini bot ihr einen Thermosbecher an. „Braucht er einen Schluck Wasser?“
Nick rollte sich auf die Knie und erhob sich dann. Bess tat es ihm gleich. Auch wenn er von Kopf bis Fuß mit Sand bedeckt war, schenkte er dem Mädchen ein so wunderschönes Lächeln, dass Bess förmlich sah, wie es sich auf der Stelle in ihn verliebte.
„Mir geht es gut. Ich habe mir bei der Arbeit nur einen Muskel gezerrt.“ Nick verzog das Gesicht, streckte ein Bein aus und drehte es ein wenig hin und her. „Das bringt mich manchmal um.“
Das Mädchen sah nicht ganz überzeugt aus, aber ein weiteres Grinsen von Nick verwirrte es so sehr, dass es einen Schritt zurücktrat. „Okay. Ich wollte nur sichergehen.“
Der Blick, den sie Bess zuwarf, enthielt nichts von dem Interesse, das sie Nick entgegenbrachte. Bess verstand das. Sie lächelte und nickte dem Mädchen zu, das einen weiteren Schritt zurücktrat und sich dann umdrehte, um noch ein paar Mal über die Schulter zu schauen, während es zu ihrem Platz zurückging. Sie setzte sich auf ihre Decke, stellte den Becher in den Sand und nahm ihr Buch zur Hand, wobei ihr Blick immer wieder zu Nick herüberschweifte.
Sein Lächeln verebbte, und er wandte sich dem Strandhaus zu. Ohne mit ihr zu sprechen, oder auf sie zu warten, stakste er über den Strand. Seine Füße gruben flache Gräber in den trockenen Sand, die von nichts als der Zeit ausradiert werden würden.
Nach einer Minute folgte Bess ihm. „Nick. Warte.“
Er hielt erst an, als er das Carport erreicht hatte.
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