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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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hätte erwürgen können. Doch jetzt, nachdem ich den Job hinter mir habe, sehe ich endlich klar. Sie und deine Mutter hatten Recht.«
    »Dann ist deine dir auch weggelaufen?«
    »Um Himmels willen. So diskret war sie nicht. Sie hat’s in meinem eigenen Bett getrieben. Irgend so ein Waschlappen von Versicherungsheini, der ihr eine Lebensversicherung
    aufschwatzen wollte, hat sie rumgekriegt. Hat wohl nicht viel dazugehört. Er sagte, er wolle nur ihre Lebensumstände kennen lernen, der Drecksack, damit er ihr das Passende raussuchen kann.«
    Hoffmann schlug mit voller Wucht die Faust gegen die Fahrertür, dass es eine Beule in der Innenverkleidung gab. Kilian schaute mit Bewunderung, aber auch mit Befremden auf die Kraft, die dieser Mann in seinem Alter noch besaß. Jetzt wurde ihm klar, dass er um Haaresbreite dieser Wucht entkommen war.
    »Und wie hast du’s rausgekriegt?«
    Hoffmann zögerte, wollte nicht antworten. Der Stachel saß nach all den Jahren noch tief.
    »Klassisch. Wie immer. Kam früher nach Hause zurück als geplant. Der Einsatz beim Frühlingsfest war eher beendet.«
    »Wie hast du reagiert?«
    »Ich stand da in unserem Schlafzimmer und seh meine Roswitha und diesen Drecksack, als sie gerade dabei sind. Ich stürz mich auf ihn, zieh ihn runter, geb ihm links und rechts eine, bis ich ihn an der Wohnungstür habe. Dann noch ein letzter Schlag …«
    »Und?«
    »Fliegt er durch die Glastür nach draußen. Hat sich alles aufgeschnitten. Die Ärzte haben sechs Stunden operiert, um ihn wieder hinzukriegen. Gott sei Dank, sage ich heute, obwohl er’s verdient hat. Er hat sich schließlich wieder erholt. Keine Ahnung, was er heute macht. Er ist weggezogen.«
    »Und Roswitha?«
    »Hab das letzte Mal vor einem Jahr etwas von ihr gehört. Eine Freundin hat sie auf Teneriffa gesehen. War mit irgend so einem fetten Kerl unterwegs, der ein Haus und ein Boot haben soll. Sie verbringe ihr Leben jetzt auf der Sonnenseite, soll sie sich aufgeblasen haben. Nun gut, dann hat sie jetzt, was sie wollte.«
    Hoffmann bog von der B 27 Richtung Hexenbruch ab. Nach ein paar Seitenstraßen fuhr er eine Anhöhe hinauf, von der aus man einen unverbauten Blick auf Festung und Stadt hatte. Vor dem Haus, bei dem er jetzt abbremste, standen zwei riesige Fichten. Sie überschatteten den gesamten Dachstuhl und gaben dem Anwesen eine herrschaftliche Aura. Das war also Hoffmanns Alterssitz, dachte sich Kilian. Nicht schlecht für einen Bullen. Als Hoffmann den Wagen in der Einfahrt zur Garage geparkt hatte und ausgestiegen war, war Kilian noch immer nicht klar, wieso er ihn hierher gebracht hatte.
    »Was wollen wir hier?«, fragte er. Hoffmann schloss die Haustür auf.
    »Na, was wohl? Deine Mutter ist hier. Red mit ihr. Was meinste, wieso ich dich geholt habe?«
    »Meine Mutter wohnt bei dir?«
    »Nein, tut sie nicht. Sie besteht auf ihren eigenen vier Wänden. Sie ist eine moderne Frau. Kapiert?«
    Kilian wunderte sich immer mehr. Seine Mutter war also eine ›moderne Frau‹. Sie lebte ihr eigenes Leben, hatte ihre eigene Wohnung und ein Verhältnis mit einem pensionierten Bullen? Fehlte nur noch, dass sie in einer politischen Partei engagiert war und Demos organisierte. Er war verunsichert, aber doch auch gespannt, was ihn noch erwartete.
    In der Tür nahm sich Hoffmann Kilian noch einmal zur Brust, bevor sie die Diele entlang auf die Terrasse gehen sollten.
    »Denk an meine Worte«, ermahnte er ihn, »mach nicht den gleichen Fehler, wie dein Vater oder ich ihn begangen habe. Deine Mutter liebt dich. Und wenn du nicht völlig abgedreht bist, liebst du sie auch. Du hast alle Trümpfe in der Hand. Also, los.«
    Hoffmann schob Kilian auf die Terrasse zu. Seine Mutter saß unter einer Markise und schaute auf die Stadt hinab. Auf und um den Tisch waren zerknüllte Papiertaschentücher verstreut. Kilian hatte ein mulmiges Gefühl. Seinen Herzschlag spürte er bis unter den Scheitel, und Schweiß trat in seine Hände. Er atmete mehrmals tief durch, um sich von der Anspannung zu befreien. Er stand hinter seiner Mutter in der Terrassentür. Sie bemerkte ihn nicht. Hoffmann gab ihm einen Schubs, und er landete vor ihr.
    »Wie … wie kommst du denn hierher?«, fragte sie ihn überrascht.
    »Das ist eine lange Geschichte«, antwortete Kilian. Er wusste nicht so recht, ob er sich setzen oder stehen bleiben sollte, wie er beginnen würde und womit.
    »Komm, setz dich zu mir«, lud sie ihren Sohn ein.
    Kilian machte einen ersten Schritt. Aber

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