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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Gerüst zu besteigen. Über ihr waren gerade zwei Handwerker mit dem Anrühren von Gips beschäftigt.
    »Passt auf, dass euch nichts danebengeht«, fauchte sie ihnen entgegen.
    »Seit zwei Wochen ist das Biest unausstehlich«, flüsterte der eine dem anderen zu. »Die war doch zuvor nicht so.«
    »Die müsste einer mal so richtig …«, antwortete der andere. Er brach ab, da er sie gewandt das Gerüst emporsteigen sah.
    Giovanna war mit ihrer zierlichen Figur flink wie eine Katze.
    In nur wenigen Schritten hatte sie sich am Gerüst hochgehangelt, das über fünfzehn Meter maß und mehrere quer verlaufende Traversen aufwies.
    »Jetzt macht schon«, trieb sie sie an. »Oder soll ich euch Beine machen?«
    Pelligrini hatte die beiden Handwerker hinter sich gelassen, kniete auf der Bühne und nahm die Eimer mit Gips und Pigmenten entgegen.
    »Wann können wir die obere Bühne abbauen?«, fragte sie ein anderer Handwerker.
    »Wenn wir hier unten mit Ihrer freundlichen Mitarbeit endlich fertig sind, werde ich mich um den Rest dort oben kümmern. In den letzten Tagen kam ich ja kein einziges Mal hoch. Und solange Sie Däumchen drehen und mich vom Arbeiten abhalten, bleibt die Bühne, wo sie ist. Holen Sie jetzt die anderen Farben.«
    Der Handwerker tat, wie ihm befohlen, und stieg nach unten, nicht ohne ein paar unverständliche Verwünschungen loszuwerden.
    Pelligrini setzte sich auf eine Traverse, die in Höhe der Hauptfigur dieses Landesteils, der Amerika, angebracht war. Sie zog den Eimer mit Gips an sich heran und fuhr mit einem schmalen Spachtel hinein. Mit ihm stopfte sie kleine Risse, die am Fresko aufgetreten waren.
    Die barbusige Amerika saß über ihr auf einem monströsen Krokodil, zu Amerikas Füßen befand sich ein bärtiger Mann mit weißem Turban, der ein Füllhorn hielt, in dem allerlei Früchte nach außen drängten. Daneben war eine rote Fahne mit einem goldenen Drachenmotiv im Boden verankert. Es war ein Symbol für die vielen Goldfunde der Eroberer und Seefahrer aus den Zeiten, als Amerika von den Europäern ausgeplündert und niedergeschlagen worden war. Als ein Zeichen dafür lagen vier abgeschlagene Köpfe am unteren Bildrand. Sie zeigten bärtige Europäer, die den Kannibalen und Wilden zum Opfer gefallen waren.
    Pelligrini hatte ihre Arbeiten in Tagewerke eingeteilt. Es gab ein Tagesziel, das es zu erreichen galt und das sie wie ein Buchhalter auf einem Plan festhielt. Er lag neben ihr. Hin und wieder zog sie ihn heran und überprüfte die Parzellen, die noch bearbeitet werden mussten. An der rechten unteren Ecke reihten sich Nummern an Tagen auf. Zahlenkolonnen, die der Einteilung am Fresko entsprachen. Sie waren abzuarbeiten und dann vom Plan zu streichen. Der Montag war noch nicht gestrichen.
    Das Gerüst war an den Standbeinen mit rot-weißem Band abgeriegelt. Den Bauschutthaufen, der noch in den Morgenstunden einem neugierigen Wachmann Ruhestätte gewesen war, hatte jemand mit einer Plane provisorisch abgedeckt.
    *
    »Wie bitte?«, fragte Oberhammer nach, als wollte er seinen Ohren nicht trauen. »Sagen Sie das nochmal. Ich glaube, ich habe da was nicht ganz verstanden.«
    »Die ganze Sache ist ein Irrtum«, wiederholte Kilian, der sich bei seinen Ausführungen um Bestimmtheit bemühte. Er saß auf dem hölzernen Büßerstuhl vor dem breiten und massiven Schreibtisch Oberhammers.
    »Schröder hat es zwar gut gemeint, aber die Sache wird nicht funktionieren.«
    »Was soll da nicht funktionieren und welche Sache? Wovon reden Sie, Mann?«, fragte Oberhammer, bereits im ersten Anflug aufsteigender Wut.
    »Ich passe nicht hierher. So einfach ist das. Ich bin seit über zehn Jahren vornehmlich in Auslandseinsätzen tätig gewesen. Da hab ich mich bewährt. Ich kenne die Gruppierungen, die Drahtzieher …«
    »Es reicht!«, fuhr ihm Oberhammer in die Parade.
    Er war nun sichtlich an einem Punkt, wo er nicht mehr zuhören wollte und konnte. Er rutschte aufgeregt in einem schwarzen lederbezogenen Sessel hin und her und nahm ein Lineal zur Hand, als wolle er damit zum Schlag ausholen.
    »Sie glauben wohl nicht im Ernst, Kilian, dass Sie damit bei mir durchkommen. Ich habe einen Spezialisten angefordert, der mir den müden Haufen wieder auf Vordermann bringt. Ihren Vorgänger konnte ich auf seine alten Tage nicht mehr zur Streife schicken. Der wär mir ja bald aus den Latschen gekippt. Jetzt ist der endlich weg, und da sitzen Sie vor mir und wollen, dass ich Sie wieder weiß der Herr wohin schicke. Ich

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