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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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habe einen Toten in der Residenz, am Freitag beginnt das Mozartfest. Das halbe Münchner Präsidium hab ich hier, Staatssekretäre, Leitende Oberstaatsanwälte und unseren Landesvater wahrscheinlich auch. Ich müsst ja mit der Mistgabel gestochen sein, wenn ich Sie gehen ließe. Vergessen Sie’s.«
    Kilian holte tief Luft, um zum Gegenangriff anzusetzen, doch Oberhammer klatschte mit einem lauten Knall das Lineal auf den Schreibtisch.
    »Raus hier. Und machen Sie zu, dass Sie an die Arbeit kommen!«

8
    Der weiß gekachelte Raum verströmte einen dumpfen Geruch, den die Nase nicht zuordnen konnte. Er belegte die Zunge mit einem faden Geschmack. Heinlein nannte ihn den Hauch des Todes.
    Aumüller setzte das Skalpell unterhalb der Kinnspitze an und drückte zu. Die Spitze drang mühelos mit ihrer ganzen Länge ins fahle, leblose Fleisch. Dann zog er das Skalpell gleichmäßig, ohne dessen Weg oder den Druck zu verändern, in einem Zuge nach unten.
    »Ein sauberer Schnitt ist die Hälfte der Miete«, sagte er mit einer Selbstverständlichkeit und Kälte, die Heinlein ein ums andere Mal erzittern ließ. Er hatte sich auf dem weißen Tisch, keine zwei Meter vom stählernen Sektionstisch, niedergelassen und beobachtete hinter zugekniffenen Augen, was da vor sich ging.
    Einer Finne im Wasser gleich, teilte das dünne scharfe Blättchen das welke Fleisch auf dem Weg über Kehlkopf, Brust und Bauch bis unter den Nabel. Aumüller zog das Skalpell heraus und reichte es Ernst, dem Präparator. Er war einer der geschätzten Hilfskräfte bei Sektionen. Seine jahrelange Erfahrung als Metzger kam ihm bei seiner jetzigen Arbeit zugute. Der anatomische Aufbau eines Schweines war dem des Menschen nicht unähnlich. Die Bestimmtheit, mit der Ernst vorher Schweine und jetzt Menschen zerlegte, war bei den Obduzenten geschätzt – er nahm ihnen viel Arbeit ab. Früher hatte er sich eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt, während er die Schweine entbeinte. Diese Angewohnheit musste er zu seinem Leidwesen aufgeben. Der Chef der Rechtsmedizin hatte es ihm untersagt. Asche könnte in die geöffneten Körper fallen und die Obduzenten auf eine falsche Fährte bringen. Als Ersatz für die Zigarette kaute er nun zwei Stunden lang auf einem Zahnstocher herum.
    Aumüller ließ es sich nicht nehmen, den ersten Schnitt selbst vorzunehmen. Das war quasi seine Handschrift, sein Stempel, den er seinen Kunden aufzudrücken pflegte. Alles Weitere überließ er Ernst. Und sie waren bei ihm in guten Händen.
    Assistiert wurde Aumüller von Dr. Pia Rosenthal. Sie hatte Rechtsmedizin und Biochemie studiert. Das machte sie zu einer begehrten Kollegin, da sie bereits bei der Sektion auf Dinge aufmerksam wurde, die andere leicht übersahen. Pia half als zweite Obduzentin aus, wenn Personalmangel herrschte. Normalerweise oblag ihr die Abteilung für toxikologische Untersuchungen.
    Pia trug einen weißen Arztkittel, in ihrer Hand hielt sie ein Diktaphon, in das sie die Erkenntnisse der Sektion für das anschließende Protokoll sprach. Sie war eine attraktive Enddreißigerin mit kurzen blonden Haaren und einer Locke, die sie in die Stirn hängen ließ.
    Ernst trennte mit dem Skalpell die Fettschicht, die bei dem Wachmann zirka zwei bis drei Zentimeter umfasste, Stück für Stück von Fleisch, Knochen und Sehnen, während Pia mit dem Diktaphon an ihrem Mund um die Leiche herumging.
    »Anwesend sind als erster Obduzent Dr. Karl Aumüller, als zweiter Dr. Pia Rosenthal, der Präparator Ernst Weiglein und als Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft KOK Georg Heinlein. Beginn der Sektion 12.30 Uhr. Es liegt die Leiche eines 172 Zentimeter großen Mannes vor. Gewicht 87,5 Kilo. Ernährungszustand ist über normal, im eigentlichen Sinne als übergewichtig und fett zu bezeichnen. Pflegezustand ist gut…«
    Heinlein beobachtete, mit dem Notizblock und einem Kugelschreiber bewaffnet, das Ausschlachten, wie er es beim Stammtisch seinen Freunden des Öfteren erzählte. Sein Freund Erich war ein Fan seiner Berichte und forderte ihn unablässig auf, Näheres von den Mordfällen zu erzählen. Heinlein brauchte dann erst zwei, drei Schoppen, die Erich bereitwillig in ihn und seine Geschichten investierte, bis er davon erzählen konnte. Eigentlich durfte er es nicht, Laufende Ermittlungen. Aber Erich war hartnäckig und besaß eine gut gefüllte Kasse für Geschichten.
    »… als sichere Anzeichen des Todes sind bei äußerer Begutachtung die typischen Totenflecken und das

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