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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Stachel? So um neun?« Hoffmann schien zufrieden zu sein, aber seine Mutter glaubte
    wohl nicht so recht daran. Sie versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen, dass ihr Sohn sie nicht zu Hause besuchen wollte.
    »Das freut mich. Es ist schön, dich wieder gesehen zu haben«, sagte sie und reichte ihm die Hand.
    Kilian nahm sie und drückte sie kurz. Dann drehte er sich um und lief zu seinem Wagen. Er musste seinen Schritt verlangsamen, damit es nicht wie Flucht aussah – obwohl er lieber gelaufen wäre.
    Als er den Wagen auf die Kreuzung zusteuerte, wo seine Mutter und Hoffmann an der Ampel warteten, betete er zum Himmel, dass die Ampel nicht auf Rot schalten würde und er vor ihnen halten musste. Er setzte den Fuß aufs Gaspedal und schoss an ihnen vorbei.
    »So eine Scheiße. So eine verdammte Scheiße«, brüllte Kilian und schlug mit der Faust aufs Lenkrad. »Über hunderttausend Menschen leben hier. Und ich muss ausgerechnet auf die zwei stoßen. Ich muss weg! Ganz weit weg.«
    *
    Heinlein bekam eine Absage nach der anderen herein. Im Umkreis von hundert Kilometern wollte kein Zahnarzt, keine Klinik und nicht einmal ein zahnärztliches Labor das Gebiss der verstümmelten Leiche aus dem Forst erkennen. Selbst mehrere Abgleiche mit vermissten Personen bei den Kommissariaten im Raum Frankfurt, Schweinfurt und Nürnberg blieben erfolglos. Die Faxe füllten eine Mappe, die mit den Fotos am Tatort, der Aussage des Försters und dem Bericht der Rechtsmedizin bereits einen Tag nach Fund so dick war wie bei zwei »normalen« Fällen.
    »Dann in die Warteschlange«, sagte Heinlein, klappte die Mappe zu und legte sie auf einen Stapel, der sich am Fenster allmählich zu einem Lichtschutz auftürmte.
    Das Telefon klingelte. Pia fragte nach Kilian.
    »Er war kaum da und dann schon wieder weg. War merkwürdig«, sagte sie.
    »Na und? Willst du ihn heiraten, oder was soll mich das interessieren?«
    »Meine Güte, Schorsch. Was ist los? Hast du deine Tage?«
    »Nee, aber du wohl!«, maulte Heinlein.
    »Daneben. Ich bin gerade so fruchtbar, dass ich ’ne ganze Armee kleiner Polizeisoldaten austragen könnte.«
    »Pia, du bist krank.«
    »Und wie«, gurrte sie. »Aber jetzt im Ernst. Ich hab ’ne Probe von der Feder genommen und sie mit der Spitze in der Halswunde verglichen.«
    »Was für ’ne Feder?«, unterbrach er sie.
    »Na die, die mir dein Kollege gebracht hat. Ich sollte sie vergleichen. Sag mal, stimmt ihr euch nicht ab, oder kocht bei euch jeder sein eigenes Süppchen?«
    Heinlein zögerte. Eigentlich sollte er es hinausschreien, dass sie Recht hatte und dass sein Kollege machte, was er wollte.
    »Die Feder …«, wiederholte er anstatt, »klar. Was ist damit?«
    »Es ist zwar der gleiche Vogel, aber nicht dieselbe.«
    »Red bitte gefälligst Klartext, Pia. Was heißt ›Der gleiche Vogel, aber nicht dieselbe‹?«
    »Wieder mal in der Schule nicht aufgepasst und später nix dazu gelernt?«
    »Pia!«
    »Schon gut. Du hast eine Laune heute. Also, es ist der gleiche Vogel, aber die Federn sind nicht identisch. Was heißt, dass die Feder, die mir dein Kollege gebracht hat, nicht die Mordwaffe ist. Jetzt kapiert?«
    »Logo, bin doch nicht blöd«, redete sich Heinlein heraus.
    »Vielen Dank, Frau Doktor, Professor oder was du dir sonst noch einbildest. Vielen Dank, dass du dir so ’ne Mühe mit mir gibst. Ein Wunder, dass du dich überhaupt noch mit mir abgibst. Mit so ’nem unterbelichteten kleinen Stadtbeamten.«
    »Sag mal, was ist dir denn heute über die Leber gelaufen? Komm, sag schon. Du kannst doch mit mir reden«, bat sie ihn aufmunternd.
    Heinlein wartete ab. Meinte sie es ehrlich? Interessierte sich wirklich jemand für seine Probleme?
    »Komm, putt-putt-putt«, gurrte es aus dem Hörer.
    »Du Miststück!«, schrie er sie an. »Verarschen kann ich mich selber.«
    »Okay, okay. Tut mit Leid, Schorsch. Ehrlich. Ich hab auch noch was für dich.«
    »Was?«, fragte Heinlein trocken und nicht sonderlich interessiert.
    »Ein Kumpel, Stephan, der mit mir eine Zeit lang studiert hat und durchs Physikum gefallen ist, macht mittlerweile auf Künstler.«
    »Und?«, fragte Heinlein genervt nach.
    »Jetzt wart’s doch ab. Also, der macht Skulpturen aus, sag’s aber nicht weiter, der macht Skulpturen aus Teilen, die übrig bleiben.«
    »Was meinst du?«
    »Ist doch wurscht. Der macht also Skulpturen. Dabei lässt er für die Hinterbliebenen die Verstorbenen so entstehen, dass man meinen könnte, sie wären noch am

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