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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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entschuldigen?«
    »Jetzt hör auf mit dem Scheiß. Du sollst jemandem sagen, dass ich dienstlich verhindert bin. Das ist alles.«
    »Soso. Und was noch?«
    »Nichts mehr. Das ist alles. Geh einfach rein und sag, dass ich dringend an der Residenzgeschichte arbeiten muss und daher nicht kommen kann.«
    »Und wieso machst du das nicht selbst?«
    »Wenn ich das selbst machen könnte, dann würd ich dich ja nicht drum bitten. Oder?«
    Heinlein haderte mit sich selbst. »Und bei wem soll ich dich entschuldigen?«
    »Du fragst nach einem Herrn Hoffmann. Der hat einen Tisch auf seinen Namen bestellt. Er ist in Begleitung einer Frau.«
    »Hoffmann? Etwa Papa Hoffmann?«
    »Genau der.«
    »Was hast du mit Papa Hoffmann zu tun?«
    »Frag nicht. Tu es einfach.«
    »Sag ›bitte‹.«
    »Was?«
    »Sag ›bitte‹.«
    Die Tür ging auf, und ein Polizeibeamter mit einer Schachtel in der Hand kam herein.
    »Kilian?«, fragte er.
    »Ja, was gibt’s?«
    »Frau Dr. Rosenthal hat mir diese Schachtel für Sie mitgegeben. Das Untersuchungsergebnis wurde bereits telefonisch mitgeteilt, sagte sie.«
    »Alles klar«, antwortete Kilian und nahm die Schachtel entgegen. Er holte die Feder heraus. Seitlich an der Spitze war ein kleines Stück herausgeschnitten worden.
    »Kaum zu glauben, dass man damit jemanden umbringen kann«, sagte er. »Das ist wie bei einem Ballettschuh. Da ist die Spitze so hart, dass du einem damit das Schienbein brechen kannst.«
    »Ja, ich weiß«, antwortete Heinlein stolz.
    »Ja? Woher, weißt du das?«
    »Hör mal. Ich bin nicht so blöd, wie du meinst. Meine Tochter nimmt Ballettunterricht, seit sie sechs Jahre alt ist.«
    »Nobel«, sagte Kilian anerkennend. »Und wie macht sie sich?«
    »Sie ist die Beste im Kurs. Sie ist die Beste im Violinunterricht, sie spielt Klavier. Sie bringt nur Einsen nach Hause. Sie ist mir unheimlich.«
    Kilian musste lachen. »Unheimlich?«
    »Ja. Ich weiß nicht, von wem sie das mitbekommen hat. Ich brauch nur ein Instrument zu sehen, und schon ist es verstimmt. Aber sie? Sie fasst was an, und schon funktioniert’s. Am Samstag wird sie bei den Bamberger Symphonikern mitspielen.«
    »Kaum zu glauben.«
    »Ja, kaum …«, wollte Heinlein bestätigen. »Was meinst du damit?«
    Kilian suchte nach einem Ausweg. »Kaum zu glauben, dass man so talentiert sein kann.«
    Heinlein musterte Kilian, ob er es ernst meinte. »Sie ist halt meine Tochter.«
    Kilian schmunzelte und steckte die Feder in die Schachtel zurück. »Es hilft nichts. Lass uns sortieren, was wir bisher haben.«
    Kilian klappte die Akte Tiepolo auf.
    »Sag ›bitte‹«, sagte Heinlein trotzig und lehnte sich im Stuhl zurück.
    »Wie bitte?«
    »Sag einfach ›bitte‹.«

13
    Das Bild nahm allmählich Formen an. Dunkelhäutige Männer mit langen Speeren standen um ein erlegtes Stück Wild. Weitere knieten in der Hocke und hatten ihr Haupt geneigt. Es schien, als wollten sie um Verzeihung für die Tötung des Tieres bitten. Zwei Kinder mit krausem Haar und großen Augen bekamen von einer Frau, die ihre Scham mit einem gegerbten Tierfell verbarg, die Hand gereicht. Darin lagen kleine weiße Würmer, die noch zu zappeln schienen. Daneben hatte ein junger Mann die Spitze eines Holzstabes in ein anderes Stück Holz getrieben und drehte ihn zwischen seinen ausgestreckten Handflächen. Eine zarte Fahne weißen Rauchs stieg daraus empor.
    Neben dem erlegten Wild schlängelte sich der mächtige Schwanz eines Reptils. Auf der Haut besaß es eine gepunktete Musterung in verschiedenen Erdfarben. Der Schwanz wurde nach oben hin breiter und endete in einem Hals, der so mächtig war, dass er den Umfang eines Baumstammes hatte. Der Kopf war geformt wie eine Raute, und zwischen dem beschuppten Maul kam eine gespaltene Zunge hervor. Die mächtige Schlange lag auf einem roten Felsen, der oben abgeflacht war und Malereien trug, wie sie in Höhlen vorkommen. Am Fuße des Felsens entstanden soeben der Fuß und das Bein einer jungen Königin. Um die Fesseln trug sie aufwändig gearbeitete Bänder aus Schlangenhaut mit eingearbeiteten Raubtierzähnen.
    Der Pinsel triefte von rotbrauner Farbe und fuhr meisterhaft die zuvor gezogene Furche im weißen Putz entlang, ohne Gefahr zu laufen auszubrechen. Die Hand war ruhig und traf exakt jede Beugung. Die Farbe verlor sich schnell im feuchten Untergrund und musste schnell aufgebracht werden, bevor der Putz erhärtete. Auf das rubinrote Wams fielen Tropfen herab.
    Er ließ es geschehen. Er war von der

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