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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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gestützt, um den Sockel der Löwen zu erklimmen. Dumpf waren heftiges Stöhnen und Schnauben zu hören. Ein Holzstab, der wohl ein Schwert darstellen sollte, schlug mit voller Wucht auf den Löwen ein, bis der Stab zerbrach. Der, der ihn führte, gab archaische Laute von sich. Auf Brust und Rücken war das Wappen mit dem blutroten fränkischen Rechen zu erkennen.
    Heinlein schluckte und wich einen weiteren Schritt zurück.
    Man konnte Erich, fand er, ganz deutlich erkennen.
    Die Kamera schwenkte zurück, die erste Gestalt kam wieder ins Bild und las weiter vor: »Und des is’ erschd der Anfang! Mir Franke wolle unser Zeuch widda, und des is unser guades Racht. Und wenn mers net freiwillich grichn, dann hol mer’s uns.«
    Es entstand eine Pause, in der der Sprecher der Truppe zu schwanken begann. Er stockte, hatte scheinbar den Faden verloren:
    »Renadde«, raunzte er zur Seite, »i kann des net läs.«
    Die andere Gestalt trat ins Bild, nahm ihm den Zettel ab, drehte ihn ein paarmal, hielt ihn ins Licht und sagte schließlich:
    »I a net.«
    Bis ein vierter Vermummter aus dem Hintergrund deklamierte: »Und die bayerisch-imperialistischen Insignien der Unterdrückung …«
    Wieder schwenkte die Kamera zu dem, der zuvor auf die bayerischen Löwen eingeschlagen hatte. Er fuhrwerkte unter seiner Kutte herum, und eine Frauenstimme ermutigte ihn: »Ja, geb’s ’ne!«
    Die Kamera wackelte zur Kapuzengestalt. Eine Fontäne ergoss sich über das Haupt des Löwen. Von hinten Gejohle. Als er fertig war, sprang er vom Sockel zurück und riss die Kamera mit zu Boden. Im Hintergrund hörte man einen Aufschrei und das Fluchen einer Frau. Es folgten wirre Bilder, bis die erste Gestalt die Kamera, am ausgestreckten Arm, sich ins dunkle Gesicht hielt.
    »Und des Schwert hol mer uns a no!« Dann brach die Aufnahme ab.
    Kilian und Sabine konnten nicht glauben, was sie da sahen. Sprachlos schauten sie sich an. Heinlein stand in der hintersten Ecke und hielt sich die Hand vor Augen, damit er nicht
    ansehen musste, was da vor ihm und auf Tausenden weiteren Bildschirme hinausgetragen wurde. Er konnte nicht fassen, dass Heinz-Günther und Erich das Band aus der Hand gegeben hatten.
    »Was war denn das?«, sagte Kilian, als hätte er einer Begegnung der außerirdischen Art beigewohnt.
    Sabine setzte sich in ihren Stuhl und fing zu lachen an.
    »So was gibt’s doch gar nicht.«
    Das Bild, wie Erich den Löwen bepinkelte, wurde eingefroren und neben die Festung platziert. Der Moderator sprach mit ernster Stimme: »Neben dem Videoband wurde uns ein Schreiben zugeschickt. Es beinhaltet in kaum leserlicher Schrift den Aufruf einer Gruppe, die sich ›Ostfränkische Befreiungsloge‹ nennt. Diese Gruppe übernimmt die volle Verantwortung für diesen gemeinen und hinterhältigen Anschlag. Der Rest ist leider nicht lesbar. Wir stellen das Schriftstück natürlich der Polizei zur Verfügung. Spezialisten werden es entziffern. Unter der nun eingeblendeten Rufnummer können Sie uns anrufen und Hinweise aufgeben, sofern Sie etwas zu dem Vorfall sagen können.«
    Sabine drückte den Off-Schalter an der Fernbedienung, und schon klingelte das Telefon. Sie schaute aufs Display und erkannte den Anrufer.
    »Oh-Oh«, sagte sie und nahm ab.
    »Jawohl, der ist da. Einen Moment, Herr Oberhammer.« Sabine reichte Kilian den Hörer.
    »Kilian hier.«
    »Haben Sie das gesehen? Haben Sie das gesehen?«, donnerte es aus dem Hörer, sodass ihn Kilian auf Armeslänge weghalten musste.
    »Ja, das habe ich«, antwortete er kühl.
    »Und? Was fällt Ihnen dazu ein?«
    »Dass wir einen Hinweis haben, dem wir nachgehen werden.«
    »Genau das tun Sie. Und zwar sofort! Ich will Ergebnisse sehen.«
    Der Telefonhörer krachte auf die Gabel, und es ertönte das Tut-Tut.
    Kilian wies Sabine an, eine Streife zu TV Touring zu schicken, um das Videoband und das Schreiben sicherzustellen.
    »Sag den Kollegen, dass sie es gleich ins Labor bringen. Vielleicht haben wir Glück, und es sind noch ein paar Fingerabdrücke drauf, die nicht von den Fernsehleuten stammen. Die Kollegen sollen es dann zum ED geben. Mal schauen, ob wir aus den Aufnahmen noch was machen können.«
    »Was meinst du mit ›noch was machen können‹?«, fragte Heinlein nervös.
    »Na, das Übliche. Restlichtaufhellung, Pixeloptimierung …
    die ganze Trickkiste.«
    »Und was versprichst du dir davon?«
    »Mein Gott, Schorsch. Sei halt nicht so naiv. Wart erst mal ab, bis die Techniker mit dem Video fertig sind.

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