Tiere
mich langweile. Dann fiel mir ein, dass der Einkaufswagen noch auf der Müllkippe stand. Eigentlich hatte ich keine Lust, wieder dort hinzugehen, aber ich wusste, dass ich ihnsonst vergessen würde. Meine Papa sagte immer, was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Ich weiß, was er damit meinte, denn wenn man etwas aufschiebt, muss man trotzdem die ganze Zeit dran denken. Aber es ist nicht immer richtig. Er sagte es einmal zu mir, weil ich nicht zum Zahnarzt gehen wollte, und als ich dann hinging, blieb der Bohrer zwischen meinen Zähnen hängen, und auf dem Heimweg stach mich eine Wespe in den Nacken. Was daran gut gewesen sein soll, verstand ich nicht.
Aber da ich nichts anderes zu tun hatte, ging ich los, um den Einkaufswagen zu holen. Am Kanal waren wieder ein paar Leute, aber nicht mehr so viele, weil es nicht so schön war wie am Samstag. Es sah aus, als könnte es regnen, und das Wasser war ganz braun und schlammig. Oben auf der Böschung blieb ich stehen, um mich zu vergewissern, dass der Mann mit der Waschmaschine nicht mehr dort war. Als ich runter zur Müllkippe ging, hatte ich ein bisschen Angst, dass er irgendwo hervorspringt und mich wieder anbrüllt, aber er kam nicht.
Den Einkaufswagen konnte ich auch nicht sehen. Ich fragte mich, ob der Mann ihn mitgenommen hatte, um mir eins auszuwischen. Als ich mir vorstellte, dass er ihn gestohlen hatte, wurde ich ein bisschen sauer, aber dann entdeckte ich ihn unter ein paar verdorrten Rosenbüschen, die mir in die Hand stachen, als ich ihn herauszog. Ich fand es eine ziemliche Frechheit, dass ihn jemand weggeworfen hatte, dem er nicht einmal gehörte, aber letztlich war ich froh, ihn gefunden zu haben.
Die Waschmaschine des Mannes lag auch noch da. Daneben war weiterer Müll abgeladen worden, und ich schaute nach, ob etwas Brauchbares dabei war. Doch ich entdecktenur einen Toaster und eine Schreibtischlampe, und die waren beide kaputt. Dann sah ich eine alte Matratze und zog sie hervor. Man hört ja immer wieder von Leuten, die Geld in Matratzen finden, das Rentner dort versteckt hatten, die dann starben, ohne jemandem davon erzählt zu haben. Oder das Geld war gestohlen. Ich würde gerne mal Geld finden, aber ich weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn es geklaut worden wäre. Die Polizei würde danach suchen, und ich würde mich nie trauen, es auszugeben. Und die Leute, die es gestohlen hatten, würden vielleicht auch danach suchen. Ich stellte mir vor, dass sie die Müllkippe überwachen und sehen, wie ich die ganzen Scheine finde, und dass sie mir nach Hause folgen, damit sie einbrechen und mich erwischen können, wenn es dunkel ist. Ich drehte mich um und schaute, ob mich jemand beobachtete, und war dann echt erleichtert, als mir einfiel, dass ich ja gar kein Geld gefunden hatte.
Das ist immer so bei mir gewesen. Meine Phantasie geht mit mir durch. In der Schule habe ich deswegen ständig Ärger gehabt. Mr. Hargreaves, der Mathelehrer, schrieb einmal in mein Zeugnis: «Nigel kann sich sehr schlecht konzentrieren. Er sollte besser darauf achten, was in seiner Umgebung geschieht, als sich Tagträumereien hinzugeben.»
Meine Eltern haben mir deswegen echt die Ohren langgezogen. Mir wäre es egal gewesen, wenn ich in den Mathestunden nicht mehr mitgekommen wäre, aber ich hatte zu viel Angst vor Mr. Hargreaves und wollte nicht, dass er böse wird. Ich versuchte wirklich zu verstehen, was er uns erzählte, aber es gelang mir einfach nicht. Und man durfte nie sagen, dass man etwas nicht verstanden hatte, weil erdann nur die Beherrschung verlor und laut wurde. Außerdem konnte er das S nicht richtig aussprechen, sodass man sowieso kaum verstand, was er sagte.
Einmal versuchte ich bei einer Stunde aufzupassen, aber es war total schwer. Außerdem musste ich die ganze Zeit an einen Kriegsfilm denken, den ich am Abend zuvor gesehen hatte. Er war echt gut gewesen, eine Menge Panzer tauchten darin auf, und ich dachte, dass ich gerne Panzerfahrer wäre. Ich stellte mir vor, wie ich durch diesen schmalen Sichtschlitz schaue und überlege, auf was ich schießen soll, und da muss sich Mr. Hargreaves umgedreht und gesehen haben, wie ich durch die Finger spähte und Panzergeräusche machte, denn er rief: «DU, JUNGE!», und warf mit seiner Kreide nach mir.
Allerdings verfehlte er mich und traf den Jungen, der hinter mir saß, und zwar genau am Kopf. Mr. Hargreaves musste sich entschuldigen, und man merkte, dass es ihm nicht
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