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Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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leichtfiel, denn er hatte Wayne Clark getroffen, und Wayne Clark war ein echter Problemfall und machte immer Ärger. Er tat so, als hätte die Kreide ihm richtig wehgetan, und obwohl jeder wusste, dass er nur spielte, konnte Mr.   Hargreaves nicht viel sagen, weil er ihn ja gar nicht hätte treffen dürfen. Dadurch wurde er noch wütender auf mich, und ich musste mich vor der ganzen Klasse mit dem Gesicht zur Wand in die Ecke stellen.
    Auch während der Morgenpause musste ich dort stehen bleiben, aber das machte mir nichts aus. Ich wusste, dass Wayne Clark mich nur geschlagen hätte, wenn ich rausgegangen wäre. Er hätte die Kreide als Ausrede benutzt, obwohl es nicht meine Schuld war. Aber er war eben ein Schläger. Ich hoffte, dass er die Sache nach der Pause vergessenhatte, aber dem war nicht so. Er verprügelte mich einfach in der Mittagspause.
    Da ich keine Lust hatte, am Kanal zurückzugehen, schob ich den Einkaufswagen von der Müllkippe auf den Gehweg. Seit mich einmal die Polizei angehalten hatte und wissen wollte, wohin ich mit dem Einkaufwagen möchte, war ich immer ein bisschen unruhig, wenn ich damit auf der Straße unterwegs war. Wahrscheinlich hatten sie gedacht, er wäre gestohlen, und ich hatte total Angst davor, dass sie mich verhaften würden, aber das taten sie nicht. Der eine Polizist war echt fies und unhöflich, aber der andere war ganz in Ordnung und sagte mir, ich kann gehen. Das ist Ewigkeiten her, trotzdem bin ich immer ein bisschen angespannt, wenn ein Auto vorbeifährt.
    Aber sonntags sind zum Glück kaum welche unterwegs. In der Gegend ist sowieso nie viel Verkehr. Ab und zu fuhr ein Wagen vorbei, aber ich dachte die ganze Zeit an Cheryl und Karen und achtete eigentlich gar nicht darauf, ob irgendwo ein Polizeiauto zu sehen war.
    Deshalb wäre ich vor Schreck fast erstarrt, als ein weißer Wagen heranfuhr und genau vor mir anhielt. Die Tür ging auf, und eine Frau lehnte sich heraus, sie hatte ein komisches Lächeln. Ich sah gleich, dass es keine Polizistin ist, denn sie war ungefähr fünfzig und trug keine Uniform oder so. Trotzdem wurde ich ein bisschen nervös. Als der Wagen angehalten hatte, war ich stehen geblieben, jetzt ging ich weiter und schaute sie nicht an. Ich dachte, dass sie wahrscheinlich nur nach dem Weg fragen will oder so. Ich hasse so etwas, denn ich bin bei solchen Dingen keine große Hilfe. Natürlich kenne ich mich in der Gegend aus, aber wenn mich jemand fragt, wo er langmuss, komme ich total durcheinander.Manche Leute werden echt böse, wenn man ihnen den Weg nicht sofort beschreiben kann. Ein Mann sagte mal das S-Wort und fuhr davon, während ich noch überlegte, wo die Straße ist, die er suchte. Als mir hinterher klarwurde, dass wir bereits auf der Straße waren, habe ich mich echt gefreut. Ich hoffe, er hat sich verfahren und kein Benzin mehr gehabt.
    Deshalb schaute ich diese Frau lieber nicht an. Wenn sie wissen, dass man sie bemerkt hat, kann man kaum noch so tun, als hätte man sie nicht gesehen. Aber ich spürte ihre Blicke, und gerade als ich dachte, ich würde davonkommen, sagte sie plötzlich: «Nigel?»
    Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört. Ich vergaß meinen Vorsatz und schaute sie an. Daraufhin sagte sie: «Du bist doch Nigel, oder?» Ich nickte nur. Es ist komisch, wenn einen jemand, den man nicht kennt, einfach so beim Namen nennt. Ein bisschen verwirrend. Als ich nickte, strahlte sie übers ganze Gesicht und sagte zu dem Mann am Steuer: «Ich hab doch gesagt, dass er es ist», und dann schaute sie mich an und fragte: «Du bist doch Martha Sheldons Sohn, oder?»
    Das verwirrte mich noch mehr, denn meine Mama hieß zwar Martha, aber nicht Sheldon. Ich überlegte noch, was ich sagen soll, als die Frau den Kopf schüttelte. «Ach, was sag ich denn! Sheldon war der Mädchenname deiner Mutter. Für mich ist sie immer noch Martha Sheldon, weil wir zusammen zur Schule gegangen sind.» Sie hielt inne, als würde sie von mir erwarten, dass ich etwas sage. Aber da mir nichts einfiel, redete sie weiter. «Du erinnerst dich nicht an mich, oder?» Ich schüttelte den Kopf. «Hilda Grant», sagte sie. «Wir haben früher in der Mapping Road ein paar Häuserweiter gewohnt, bevor wir wegen Georges neuer Arbeitsstelle weggezogen sind.»
    An die Mapping Road erinnerte ich mich, denn dort haben wir gewohnt, bevor wir in den Pub zogen. Ich war damals noch ein kleines Kind und konnte mich nicht an die Frau erinnern. Aber ich dachte, ich muss jetzt etwas

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