Tiere
hätten vielleicht gedacht, es wäre meins, und was hätte ich dann sagen sollen? Von dem Paar konnte ich ihnen wohl kaum erzählen, sonst würden sie sich bestimmt fragen, warum ich die beiden beobachtet habe. Bei dem Gedanken wurde mir heiß und kalt.
Dann musste ich in den Biergarten zurückgehen, um zu schauen, ob noch mehr dieser Dinger herumlagen. Da ich keine fand, holte ich einen Eimer Wasser und Desinfektionsmittel und wischte die Stelle, wo es gelegen hatte. Selbst danach fühlte ich mich noch schmutzig. Wenn ich daran dachte, wie es auf meine Hand gefallen war, begann es mich überall zu jucken, und ich musste wieder reingehen und mir noch einmal die Hände waschen. Als ich fertig war, waren meine Finger total verschrumpelt.
Über den ganzen Ärger hätte ich fast mein Mittagessen vergessen.
Am Nachmittag gab es einen Western mit John Wayne. Da ich vorher alles erledigt haben wollte, ging ich in den Keller und füllte Futter in die Schüsseln. Eigentlich wollte ich nicht lange unten bleiben, doch kaum hatte ich die Tür zu den Abteilen aufgemacht, merkte ich, dass irgendetwas nicht stimmte. Es war kein Geräusch zu hören. Normalerweise wimmern ein oder zwei oder rütteln am Gitter oder so. Dieses Mal starrten sie mich nur an, und da wurde mir ein bisschen unwohl. Mit einem kurzen Blick vergewisserte ich mich, dass alle Abteile noch verschlossen waren. Ich wollte nicht, dass sie mir meine Unruhe ansehen, daher ging ich zudem Dicken, nahm die leere Futterschüssel raus und schob die volle rein. Sonst versuchte es sich anzuschleichen, doch dieses Mal nicht. Allerdings starrte es mich auch nicht an wie die anderen. Es tigerte nur unruhig in seinem Abteil herum. Selbst das Rothaarige war zur Abwechslung mal still. Das war alles zu schön, um wahr zu sein.
Das Schwarze hatte seine Hose wieder angezogen, aber das Hosenbein hochgekrempelt, sodass man sehen konnte, wo es sich mit dem Feuerwerk verbrannt hatte. Es saß einfach da, schaute hoch zu mir und stöhnte. Obwohl die Verbrennung wirklich schlimm aussah, übertrieb es natürlich. Dann sagte das Rothaarige: «Die Verbrennung wird sich entzünden.» Ich ging nicht darauf ein und verteilte die Futterschüsseln. «Ist es das, was du willst?», fragte es. «Du willst ihn tatsächlich umbringen, ja? Du willst ihn leiden lassen? Willst du sehen, wie sein Bein verfault, weil du es verbrannt und danach nichts für ihn getan hast?»
«Ich habe es nicht verbrannt!», platzte es aus mir heraus. Das Rothaarige machte ein überraschtes Gesicht und meinte dann: «Und wer hat dann das Scheißfeuerwerk losgelassen?»
Ich ärgerte mich furchtbar über mich, denn ich hätte nicht antworten dürfen. Jetzt sagte ich nichts mehr und machte einfach mit der Fütterung weiter. «Komm schon», sagte es. «Wenn du nicht schuld warst, wer dann?»
Ich ignorierte es immer noch, konnte aber spüren, wie mein Gesicht rot wurde. Dieses Mal würde ich dem Rothaarigen kein Futter geben. Ich hatte genug davon, dass es die Schüssel umkippte oder mit dem Futter nach mir warf. Ich war kein Goldesel. Wenn es nichts essen wollte, dann kriegte es eben nichts mehr. Nach ein, zwei Tagen würdees sich seine Frechheiten abgewöhnt haben. Ich nahm das Tablett mit den schmutzigen Schüsseln und ging raus. Ich spürte, wie mich immer noch alle anstarrten, aber ich versuchte, nicht zu schnell zu gehen.
Ich war schon fast an der Tür, als das Rothaarige sagte: «Lass wenigstens das Licht an.» Ich wollte nicht darauf eingehen. Am vergangenen Tag hatte ich es versehentlich angelassen, aber das würde ich nicht jedes Mal tun. Es kostete ein Vermögen. Doch als ich rausging und noch einmal zurückschaute, stand das Rothaarige vor seinem Gitter und sah mich an.
«Bitte», sagte es. Es jammerte oder bettelte nicht wie die anderen. Es fragte nur. Lange konnte man ihm nicht in die Augen schauen, so blau waren sie. Ich wollte das Licht ausmachen, nur um ihm eins auszuwischen. Immerhin hatten sie sich ja in letzter Zeit nicht gerade gut benommen. Und das Rothaarige war eine echte Nervensäge gewesen.
Aber ich ließ es trotzdem an. Warum, weiß ich nicht.
Kapitel 15
D a es am Abend nichts Besonderes im Fernsehen gab, überlegte ich, vor dem Abendessen loszugehen und ein Video auszuleihen. Der Zeitungshändler, von dem ich sie kriege, ist zu Fuß nur ungefähr ein Viertelstunde weit weg, und in der Nähe gibt es einen chinesischen Fish-and-Chips-Laden. Ich dachte, ich sollte mich belohnen. Es ist nicht
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