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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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dem Sofa niederlasse, wie?«
    »Aber was würdest du tun?«, fragte er, plötzlich ernst.
    Sie nahm noch einen Schluck. »Das ist natürlich das Problem. Wenn du kündigst, könntest du jederzeit als Wachmann anfangen und die ganze Nacht durch die Stadt laufen und kleine Zettel in die Türen von Häusern und Geschäften stecken, um zu zeigen, dass du da gewesen bist. Mich hingegen würde niemand bitten, mit ihm über den englischen Roman zu reden, stimmt’s?«
    »Wohl kaum«, stimmte er zu.
    »Might as well live«, brummte sie zu seiner Verwirrung, aber da er unbedingt mit ihr über die Kühe reden wollte, bat er sie nicht, sich genauer zu erklären.
    »Was weißt du über Kühe?«, fragte er.
    »O mein Gott. Nicht noch einer«, sagte sie, hob dramatisch die Hand an die Stirn und ließ sich rückwärts aufs Sofa fallen.

11

    »Was soll das heißen: ›Nicht noch einer‹?«, tat er unschuldig.
    »Wie ich dir in den letzten Jahrzehnten schon mindestens zwölftausend Mal gesagt habe: Stell dich nicht dumm, Guido Brunetti«, stöhnte sie theatralisch. »Du weißt genau, von wem ich rede: Chiara, Signorina Elettra und Vianello. Würde mich nicht wundern, wenn die beiden die Questura demnächst zur fleischfreien Zone erklären.«
    Nach dem, was Brunetti am Nachmittag gelesen hatte, fand er die Vorstellung gar nicht mal so schlimm. »Die zwei sind Extremfälle, aber andere Leute fangen allmählich auch an, darüber nachzudenken«, sagte er.
    »Wenn du jemals in einen Supermarkt gehen und dir ansehen würdest, was die Leute alles einkaufen, würdest du das nicht behaupten, glaub mir.«
    Brunetti betrat Supermärkte nur in Ausnahmefällen, aber wenn – das musste er zugeben –, war er jedes Mal fasziniert von dem, was die Leute kauften, vor allem wenn er bedachte, dass sie diese Sachen tatsächlich essen wollten. Er kaufte so selten Lebensmittel ein, dass er von manchen Artikeln in diesen Geschäften kaum wusste, ob sie zum Verzehr gedacht waren oder ob es sich womöglich um Putzmittel handelte.
    Er erinnerte sich, wie er als Junge einmal losgeschickt worden war, ein halbes Kilo weiße Bohnen zu kaufen. Der Verkäufer hatte sie ihm in einer Tüte aus Zeitungspapier mitgegeben. Heutzutage bekam man sie nur noch kiloweise in durchsichtigen Plastikpäckchen mit goldener Schleife. Seine Mutter hatte mit der Zeitung das Feuer im Küchenherd angezündet; die Plastikverpackung wanderte samt Schleife eine Viertelstunde nach dem Kauf in den Müll.
    »Wir essen weniger Fleisch als früher«, sagte er.
    »Und auch das nur, weil Chiara noch zu jung ist, um auszuziehen.«
    »Das würde sie tun?«
    »Oder aufhören zu essen«, erklärte Paola.
    »Ist sie wirklich so überzeugt?«
    »Ja.«
    »Und was ist mit dir?«, fragte er. Immerhin war es Paola, die Tag für Tag entschied, was bei ihnen auf den Tisch kam.
    Sie trank ihren Champagner aus und drehte das Glas zwischen den Handflächen, als wollte sie damit ein Feuer entfachen.
    »Es schmeckt mir immer weniger«, sagte sie schließlich.
    »Liegt das am Geschmack oder daran, was du darüber gelesen hast?«
    »An beidem.«
    »Aber du wirst es nicht ganz aus der Küche verbannen?«
    »Natürlich nicht, Dummkopf.« Sie hielt ihm ihr Glas hin. »Besonders, wenn du uns noch etwas Champagner holst.«
    Visionen von Lammkoteletts, Kalbfleisch in Marsala und Brathähnchen verfolgten ihn, als er aufstand und die leeren Gläser mit in die Küche nahm.
    Am nächsten Morgen ging Brunetti auf dem Weg zur Questura in eine Bar und las beim Kaffee im Gazzettino den Artikel über den Leichenfund im Kanal, einschließlich einer kurzen Beschreibung des Toten und einer ungefähren Altersangabe. Im Büro erfuhr er, dass weder in der Stadt noch in der weiteren Umgebung eine Vermisstenmeldung eingegangen war.
    Kaum war er in der Questura angekommen, stand Pucetti bei ihm in der Tür. Entweder hatte der junge Mann Brunetti einen Computerchip ins Ohr gepflanzt, oder, wahrscheinlicher, der Posten am Eingang hatte Pucetti vom Eintreffen seines Vorgesetzten unterrichtet.
    Brunetti winkte ihn herein, und Pucetti legte ihm ein Foto des Toten auf den Schreibtisch. Brunetti hatte keine Ahnung, wie es Pucetti gelungen war, ein einzelnes Bild aus dem Video herauszulösen; der Mann machte darauf einen vollkommen natürlichen Eindruck, ganz anders als der, der jetzt in einem Kühlraum des Ospedale Civile lag.
    Brunetti nickte beifällig. »Gute Arbeit, Pucetti. Das ist er, der Mann, den ich gesehen habe.«
    »Ich habe

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