Tiffamy Duo Band 29
vorzuschlagen."
„Ich übernehme die erste Wache", bot Kendra an. Ein sehr großes Opfer ist es nicht, dachte sie insgeheim. Ich werde ohnehin nicht schlafen können.
Justines Stimme hielt sie zurück. „Warte einen Augenblick!" rief sie aus. „Ich habe noch eine andere Idee. Fast hätte ich es vergessen, mit dir darüber zu sprechen. Es hat nichts mit den Unfällen zu tun", gab sie zu, „aber es könnte ein Weg sein, uns aus unserer finanziellen Misere herauszuhelfen."
Kendra nickte ihr ermutigend zu.
„Auch wenn das Unglück im April das letzte gewesen sein sollte, stecken wir immer noch in Schwierigkeiten", erklärte Justine. „Wir haben fast alle unsere besten Pferde verloren. Um zu überleben, müssen wir mit neuen Pferden an den Start gehen, zum Beispiel mit ,Windsong', ,Windy Dawns' Tochter. Sie ist jung, aber sie bringt die besten Voraussetzungen mit. Sie ist unsere einzige Chance. Wir sollten eine Verkaufsschau veranstalten, den Rest unserer besten Pferde zeigen und ,Windsong' vorstellen, weil noch niemand das Pferd gesehen hat. Anschließend könnten wir eine Auktion abhalten."
Colin und Kendra blickten Justine einen Moment sprachlos an.
„Das ist eine phantastische Idee!" rief Kendra aus. „Jeder wird dann sehen, dass ,Restless Wind' noch lebt, gesund und stark ist und nächstes Jahr wieder als Zuchthengst zur Verfügung steht."
Doch Colin setzte ihrer Begeisterung einen Dämpfer auf. „Welche Pferde sollen wir denn zur Auktion geben?" fragte er. ,Restless Wind' und ,Windsong'? Dann bleiben uns keine Zuchttiere mehr!" Man sah ihm an, dass er äußerst ärgerlich war. Kendra hatte keine Ahnung, was sie ihm darauf erwidern sollte, aber Justine hatte eine Idee.
„Die Jährlinge!" rief sie triumphierend aus.
Colin sah sie an, als ob er an ihrem Verstand zweifelte. „Wir haben sie immer zur Sommerauktion der anderen Züchter gegeben", wandte er ein. „Und in diesem Jahr haben wir nicht sehr viele. Eine eigene Auktion für drei Jährlinge ist viel zu teuer."
„Colin", antwortete Justine ruhig aber bestimmt. „Wir besitzen zwölf Jährlinge."
„Das ist nicht genug. Wir brauchen zwanzig, wenn nicht sogar dreißig!"
Kendra griff nach ihrem Glas. Mit beiden Händen hob sie es an die Lippen und beobachtete über den Rand hinweg Schwager und Schwester. Ihrer Meinung nach war Justines Vorschlag gar nicht so schlecht. Aber Colin war strikt dagegen und sogar wütend darüber. Warum? dachte sie im stillen. Es ergab keinen Sinn.
„Hört mal", unterbrach sie die beiden. „Wenn andere Züchter Jährlinge von uns zur Auktion nehmen, warum nehmen wir dann nicht welche von ihnen? Können wir das nicht?"
„Natürlich können wir das!" erklärte Justine.
„Unmöglich", brummte Colin. „Wir haben bereits Juni. Wann sollen wir die Sommerauktion abhalten? Vielleicht zu Weihnachten? Soviel Zeit brauchen wir nämlich, um genügend Pferde zusammenzukriegen."
Justine setzte ärgerlich ihr Glas auf die Tischplatte. „Was sollen wir denn machen? Uns zurücklehnen und auf die Auktion im Februar warten? Dann haben wir keine Pferde mehr zu verkaufen. Wir können doch nicht einfach verhungern, Colin. Wir müssen mit allen Mitteln um das Gestüt kämpfen."
„Du hast recht", pflichtete Kendra ihr bei.
Colin stand auf und sah wütend auf sie hinab. „Wenn wir in diesem Sommer eine Auktion veranstalten, werden uns die anderen Züchter für verrückt erklären. Man wird denken, dass wir uns geschlagen geben und verzweifelt sind. Vielleicht habt ihr beide nicht genügend Stolz und es macht euch nichts aus. Mir aber macht es sehr viel aus."
„Hochmut kommt vor dem Fall", murmelte Kendra. „Ich habe auch ein Wörtchen mitzureden." Als Colin den Mund öffnete, um ihr eine passende Antwort zu geben, setzte sie energisch das Glas auf den Tisch. „Und meine Stimme gilt", sagte sie lauter als beabsichtigt. „Ich besitze nämlich fünfzig Prozent an dieser Ranch und du nur fünfundzwanzig und die auch nur durch deine Heirat. Tut mir leid, Colin, du bist überstimmt."
Stumm vor Zorn starrte er sie einen Augenblick an, dann machte er kehrt und ging ins Haus.
„Ich danke dir", flüsterte Justine. „Wir brauchen diese Auktion, wenn wir unsere Pferde retten wollen."
„Ich weiß, deswegen bin ich ja auch so hart zu ihm gewesen." Justine lächelte schwach: „Ich glaube, es macht dir Spaß, jemanden herauszufordern."
„Nicht unbedingt", murmelte Kendra. Schon wieder sah sie Raymond vor sich. Den Kampf, den sie
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