Tiffamy Duo Band 29
wo sie Sekunden zuvor gestanden hatten, züngelten plötzlich überall Flammen empor und breiteten sich in Windeseile aus.
Kendra wurde plötzlich klar, in welcher Gefahr sie sich befanden. Raymond hatte nicht versucht, sie zu töten. Er hatte ihr Leben gerettet!
Sie drehte sich zu ihm um, um etwas zu sagen. Doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Genau wie er starrte sie auf die Tür, die nur wenige Meter von ihnen entfernt war und doch unerreichbar zu sein schien, denn brennendes Heu und brennende Balken versperrten den Fluchtweg.
„Wir werden es nie schaffen . . . nie", begann sie, konnte aber nicht weitersprechen, weil der stechende Schmerz in der Lunge unerträglich wurde. In einem Anfall von Verzweiflung warf sie sich in das noch nicht brennende Heu.
Durch Funken und Rauch sah sie sein schweißnasses, rußgeschwärztes Gesicht, die dunklen Augen darin, die jetzt selber Funken sprühten.
„Rette uns", flüsterte Kendra unter großer Anstrengung, weil ihr das Atmen schwerer fiel.
Mit grimmigen Augen blickte Raymond auf sie herab. „Ganz bestimmt, ich werde uns retten."
Die in Todesangst wiehernden Pferde, die noch in den Boxen gefangen waren, hörte sie schon nicht mehr. Bevor die Ohnmacht sie endgültig umfing, sah sie noch, wie Raymond sich besorgt über sie beugte.
Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie aufgegeben hatte. Es war aber auch das erste Mal, dass Raymond an ihrer Seite war, um sie zu beschützen.
8. KAPITEL
Kendra erwachte, weil grelles Licht und etwas Kaltes auf der Stirn sie zwangen, die Augen zu öffnen.
Mit Mühe drehte sie den Kopf zur Seite, weil die Sonne blendete. Und dann sah sie Justine, die mit einem nassen Tuch immer wieder ihr Gesicht abrieb. „Hör auf damit", sagte Kendra mit einer Stimme, die an ein Reibeisen erinnerte.
„Ich versuche doch nur, dir den Ruß aus dem Gesicht zu wischen, bevor du in einen Spiegel schaust und dich zu Tode erschreckst", antwortete Justine. „Als Raymond Durant es letzte Nacht versuchte, hattest du keine Einwände dagegen."
Letzte Nacht. Kendra zog die Stirn kraus. Es fiel ihr sichtlich schwer, darüber nachzudenken, was eigentlich passiert war. Sie konnte sich zwar ganz klar an den Brand erinnern, hatte aber nur bruchstückhafte Erinnerungen daran, was danach geschehen war. Ach ja, sie hatte irgendwie gespürt, dass Raymond sie gerettet hatte. Der Doktor hatte sich besorgt über sie gebeugt. . . und Raymond war auch dagewesen. Hatte er ihr den Ruß aus dem Gesicht gewischt? Und plötzlich erinnerte sie sich wieder daran, dass sie sich geliebt hatten nach so vielen Jahren . . .
Ihr lief es heiß und kalt über den Rücken. Die Röte schoss ihr ins Gesicht, während sie versuchte, sich aufrecht hinzusetzen. Ihr wurde schwarz vor Augen. Kendra war sich nicht ganz sicher, ob das auf die Rauchvergiftung zurückzuführen war oder auf die Erkenntnis, dass sie sich Raymond Durant hingegeben hatte . . . Wie auch immer, sie wollte nicht darüber nachdenken. „Das war letzte Nacht", sagte sie zu Justine.
„Heute bin ich wieder die alte!"
Justine wrang das Tuch aus, mit dem sie Kendras Gesicht abgewischt hatte, nahm die Schüssel und goss das Wasser ins Waschbecken. „Das sehe ich", antwortete sie, während sie ihrem Blick auswich.
Es dauerte nur eine Sekunde, bis Kendra verstanden hatte. Justine wusste es! Irgendwann gestern während der Auktion musste sie herausgefunden haben, dass ihre Schwester mit Raymond Durant im Pferdestall verschwunden war. Kendra schloss benommen die Augen. Diesmal hatte der Schwächeanfall nichts mit der Rauchvergiftung zu tun.
„Es ist gut", sagte Justine leise, und Kendra öffnete erstaunt wieder die Augen. Meinte ihre Schwester es wirklich ehrlich? Ihre Stimme hatte zu ruhig geklungen.
„Bist du sicher?"
Justine nickte. „Natürlich. Glaubst du wirklich, dass ich jetzt einen Streit vom Zaun brechen würde? Nachdem, was du letzte Nacht durchgemacht hast?" Sie stand auf und ging ruhelos im Raum auf und ab. „Wir haben nur zwei Pferde verloren", versuchte sie leichthin zu sagen.
Kendra zuckte leicht zusammen. „Ich habe es versucht", flüsterte sie, „aber die Zeit war zu kurz."
„Ich weiß. Ich bin dir sehr dankbar, dass du überhaupt so viele Pferde gerettet hast. Sie scheinen es überstanden zu haben. Der Tierarzt kommt heute Nachmittag, um sie sich anzusehen. Aber ich glaube, sie haben nicht einen einzigen Kratzer abbekommen. Es hätte schlimmer ausgehen können. Der Stall ist natürlich
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