Tiffamy Duo Band 29
„Ich kann es dir nicht sagen, Raymond", entgegnete sie. „Ich bin nicht einmal sicher, ob ich es selbst weiß." Aber du weißt es, meldete sich ihr Gewissen.
„Ich glaube, ich weiß es. Du willst mich schon wieder decken."
„Nein", erwiderte sie impulsiv und schüttelte abwehrend den Kopf.
„Doch. Warum sonst würdest du dein Beweismittel zurückhalten?"
„Weil ich nicht davon überzeugt bin, dass du ,Westwind' vernichten willst", erklärte sie. „Und ich möchte nicht, dass ein Unschuldiger verhaftet wird. Ich will nicht, dass irgend jemand angeklagt wird, ich möchte, dass der Richtige gefasst wird. Sonst werden die Unfälle nie aufhören."
„Aber ich könnte der Richtige sein."
„Niemals!" Das Wort war ihr entschlüpft, ohne dass sie es hatte verhindern können. Als ihr klarwurde, was die da eben gesagt hatte, schloss sie entsetzt die Augen. Sie liebte ihn und konnte daher einfach nicht glauben, dass er fähig war, Pferde umzubringen. Und genau das hatte er erkannt. Sein Lächeln verriet es ihr.
„Erstaunlich, was man erfährt, wenn du dein Herz sprechen lässt."
„Mein Herz hat gar nichts damit zu tun", protestierte Kendra schwach.
Sein Lächeln vertiefte sich, um dann sofort wieder zu verschwinden. Auffällig lange sah er ihr prüfend ins Gesicht. „Ich glaube doch", meinte er. „Ich glaube, unsere Herzen haben sehr viel damit zu tun."
„Wovon sprichst du eigentlich?"
Raymond antwortete ihr nicht gleich, sondern zog eine Zigarette aus der Packung und zündete sie nachdenklich an. „Von dir", sagte er dann ruhig. „Und von mir."
„Das ist eine sehr kurze Geschichte", witzelte Kendra und streckte ebenfalls die Hand nach seinen Zigaretten aus, um sich selbst auch eine anzuzünden."
„Wirklich? Ich glaube, es hängt davon ab, wo man mit der Geschichte beginnt — vor zehn Jahren oder vor zwei Wochen."
Kendra versuchte, gleichgültig zu erscheinen. „Beginnen wir mit dem letzteren Zeitpunkt. Wenn man neunzehn Jahre alt ist, misst man einem Kuss unter Palmen nicht sehr viel Bedeutung bei."
„Bevor das Feuer im Stall ausbrach, hast du mir aber etwas ganz anderes erzählt." Ja, das stimmte. Hilflos blickte sie ihn an.
„Auf jeden Fall macht es kaum einen Unterschied", fuhr er fort. „Ich habe erst kürzlich entdeckt, wie wichtig mir deine Meinung ist, ob ich es nun wollte oder nicht. Lange Zeit war es mir egal."
Kendra war alarmiert. Dann nickte sie steif und fragte sehr vorsichtig: „Und jetzt?" Er lachte in sich hinein. „Sagen wir mal, ich habe mich damit abgefunden", erklärte er. „Tut mir leid, das war gerade nicht sehr schmeichelhaft."
„Du bist eben kein Mann, der sein Herz auf der Zunge trägt."
„Nein, eher ein Mann, der sich fürchtet, besonders in letzter Zeit."
Die Ehrlichkeit, die aus seinen Worten sprach, warf ihre Bedenken über Bord. Warm blickte sie ihn daher an. „Fürchten?" fragte sie. „Du dich fürchten?"
„Sieh mich nicht so erstaunt an. Ich versuche dir die ganze Zeit zu erzählen, dass ich auch nur ein Mann bin und kein Bösewicht. Ich jage jeden in die Flucht, sobald ich entdecke, dass ich sein Vertrauen und seinen Glauben brauche. Und ganz besonders jetzt, wo ich erkannt habe, dass ich das Vertrauen einer Frau brauche und nicht das eines Teenagers, der in mir ein Idol gesehen hat." Plötzlich schaute er sie durchdringend an. Kendra fühlte sich unbehaglich und wie gelähmt unter seinem Blick. „Ich traue den Frauen nicht, Kendra, und ich wollte auch dir nicht vertrauen. Ich habe mich dagegen gewehrt. Denn ich bin einmal zu oft von deinem Geschlecht enttäuscht worden und habe mir geschworen, dass mir das nie wieder passieren sollte. Daher weiß ich nicht, wie es dir gelungen ist, meine Ansicht zu ändern."
„Ich?" fragte Kendra mit flüsternder Stimme. „Was habe ich getan?"
„Du hast den Wunsch in mir geweckt, mich zu ändern und es dir zu beweisen. Und das kann ich nicht. Nicht weil ich der Meinung bin, dass mein Ringen um dein Vertrauen meiner Männlichkeit abträglich wäre, sondern weil ich nicht beweisen kann, dass ich nicht hinter den Vorfällen auf ,Westwind' stecke. Ich kann es nicht, so sehr ich es mir auch von Herzen wünsche. Ich habe nichts, was ich deinem kostbaren ,Beweis' entgegensetzen könnte." Etwas wie Hohn klang aus seinen Worten und doch schien er sie sich genau überlegt zu haben.
Plötzlich stand er auf, ging zu seinem Pferd und band die Satteltaschen los. Kendra fragte sich, was sie wohl jetzt von ihm zu
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