Tiffamy Duo Band 29
Ich wurde als grausam abgestempelt. Und dann kam das Gerede auf, dass ich kalt und eigenbrötlerisch sei, weil ich nach der Scheidung nie mehr als einmal mit einer Frau ausging. Sie haben mich nicht verstanden. Die Menschen neigen leider dazu, alles zu verdammen, was sie nicht verstehen. Ganz wie deine Schwester."
Kendra setzte sich kerzengerade auf. „Meine Schwester? Was hat Justine damit zu tun?"
Raymond lächelte gequält: „Das weißt du nicht?"
„Was?" stieß sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor, weil böse Vorahnungen sie beschlichen hatten.
„Justine war eine der Frauen, mit denen ich ausgegangen bin. Einmal. Wie ich dir bereits sagte, habe ich mich nie zweimal mit einer Frau getroffen. Leider habe ich den Fehler gemacht, es Justine direkt ins Gesicht zu sagen. Das war zwar nicht sehr fein, aber zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass ich gerade eine schlimme Zeit hinter mir hatte."
Kendra blickte Raymond an. Dann sank sie in sich zusammen und lehnte sich schwach gegen den Felsen. Sie wusste zwar nicht, was genau zu hören sie erwartet hatte, aber ganz bestimmt nicht das. Justine und Raymond? Nein, eifersüchtig war sie nicht, nicht unter diesen Umständen, aber ihre Gedanken rasten unnachlässig. Kein Wunder, dass Jessie so schnell dabei war, Raymond zu verdächtigen. Aber sie hatte doch jetzt Colin und . . . „Was ist mit Colin?" fragte Kendra plötzlich. „Wann ist er ins Bild gekommen?"
Raymond warf ihr einen Blick zu, der ihr zeigte, dass er gleich wieder ärgerlich werden würde. „Ich habe ihr nicht den Hof gemacht, Kendra. Ich habe nur eine Reihe von Affären gehabt, um genau zu sein. Denkst du etwa, dass ich mich mit einer verheirateten Frau einlassen würde? Das hätte nur Probleme gegeben."
Kendra zuckte unter diesen Worten zusammen. Sie spürte, dass er ärgerlich war.
„Nein, nein, dass ist es nicht, was ich meine. Wie war die Beziehung zwischen ihm und Justine damals?"
„Ich kann mich nicht erinnern."
„Ich glaube, es könnte wichtig sein. Wir haben zwar viele tote Pferde, aber nur wenige Verdächtige. Über Colin zerbreche ich mir schon seit längerer Zeit den Kopf." Raymond gab ihr schweigend zu verstehen fortzufahren.
„Er ist in letzter Zeit so unausstehlich. Früher war er ganz anders. Stark und ruhig, und ich kann verstehen, dass Justine davon beeindruckt war. Aber jetzt ist er ziemlich unangenehm. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie so einen Mann geheiratet haben würde. Es muss also kürzlich etwas passiert sein, das sein verändertes Verhalten ausgelöst hat."
„Aber was hat das damit zu tun, dass ich vor zwei Jahren einen Abend mit Justine verbracht habe?"
„Ich weiß nicht." Kendra seufzte. „Ich glaube, ich spiele schon wieder Detektiv und suche nach Motiven für die Unfälle. Ich dachte, dass Colin vielleicht eifersüchtig auf dich wäre und auf diese Art und Weise eine Rechnung begleichen möchte. Vielleicht will er dir aus falsch verstandener Rache etwas anhängen. Oder er will ganz einfach glauben, dass du hinter allem steckst, weil du ihm ein Dorn im Auge bist. Er regt sich jedenfalls ziemlich auf, wenn dein Name bei uns fällt."
Raymond lächelte, wenn auch etwas dünn. „Endlich", meinte er.
„Wie bitte?"
„Endlich bist du mal jemand anderem auf der Spur. Dir meine Seele zu offenbaren, war nicht die schlechteste Idee."
Kendra wünschte, ihm die Wahrheit sagen zu können, dass sie Colin und auch Leona in ihr Detektivspiel einbezogen hatte. Dass sie immer nach anderen Verdächtigen gesucht hatte, weil sie den Gedanken, er könnte der Schuldige sein, unerträglich fand. Aber sie schwieg. Ich muss ihn für immer aus meinem Herzen reißen, dachte sie verzweifelt. Nie wieder darf ich ihn so nahe an mich herankommen lassen.
Schließlich nickte sie ihm etwas verkrampft zu und beobachtete, wie er wieder in die Satteltaschen griff. Als er ihr ein in Folie gewickeltes Päckchen zuwarf, waren alle düsteren Gedanken vergessen. „Was ist das?" fragte Kendra und hielt das Päckchen gegen das Feuer, um besser sehen zu können.
„Unser Abendessen." Er zog ein weiteres Päckchen für sie heraus und auch noch zwei Dosen Bier.
Kendra wickelte die Folie auseinander. „Ein Sandwich." Sie hob die oberste Schicht ab. „Ah, ein Cornedbeef-Sandwich. Und Bier. Ist das das Abendessen, das du mir versprochen hattest? Du musst aufhören, mich auf diese Art und Weise einzuwickeln, Raymond." Es sollte scherzhaft klingen, kam aber ein bisschen
Weitere Kostenlose Bücher