Tiffamy Duo Band 29
aufgegeben", sagte sie tonlos. „Weil jemand ums Leben kam."
Daniel wartete, doch sie sagte nichts mehr. Dann stellte er die zweite Frage, deren Antwort er bereits ahnte. „War es dein Mann, der ums Leben kam?"
„Ja. Aber nicht er allein. Auch ich bin gestorben."
Sie machte sich von ihm los und trat in den Regen hinaus. Mit schnellen Schritten ging sie zu ihrem Zelt. Noch während sie sich abtrocknete, merkte sie jedoch, dass sie es in dem engen, kleinen Raum nicht aushielt. Mit dem Badetuch in der Hand rannte sie ins Freie.
Ziellos lief Mandy in den Regen hinein. Sie überquerte das Flugfeld, durchschritt das kleine Wäldchen, kam an dem winzigen Leuchtturm vorbei und erreichte schließlich den Strand auf der Seite der Insel, die dem offenen Meer zugewandt war. Hohe Brecher rollten über den groben Sand. Mandy blieb unter den regengepeitschten Casuarina-Bäumen stehen und betrachtete die aufgewühlte See. Der Ozean lag direkt vor ihr, und doch war sie ihm noch nie so fern gewesen. Verzweifelt wünschte sie sich, sie hätte das Große Barrierriff sehen können, bevor sie das Meer fürchten lernte.
„Woran denkst du?"
Es überraschte sie nicht, Daniels Stimme zu hören. Sie hatte gewusst, dass er ihr folgen würde. Vielleicht war sie sogar deshalb aus dem Zelt geflüchtet. „An meine Feigheit", sagte sie tonlos.
„Jetzt hör mir einmal zu!" erwiderte Daniel heftig, während er sie so unsanft zu sich herumdrehte, dass ihr Handtuch zu Boden fiel. „Du bist kein Feigling, Mandy! Ich habe dich heute Nachmittag beobachtet. Du hast gekämpft. Du hast versucht, deine Angst zu überwinden. Immer wieder hast du dich gezwungen, dein Gesicht ins Wasser zu tauchen und ..."
„Und ich habe verloren!" stieß sie bitter hervor. „Wieder und wieder. Weil ich ein Feigling bin."
„Nein! Du hast gewonnen, Mandy! Ich habe es gesehen! Es hat mir weh getan, aber ich habe es mit angesehen. Dreimal hast du dein Gesicht ins Wasser getaucht. Das ist ein Sieg, Mandy. Kein Versagen."
„Für diese drei Male habe ich Stunden gebraucht", erwiderte Mandy verächtlich. „Das ist kein Sieg, das ist eine Niederlage."
„Aber..."
„Kein Aber", unterbrach sie ihn. Ihre Stimme klang gepresst, in ihrem Blick lag wilde Verzweiflung. „Die Welt besteht zu drei Vierteln aus Wasser, und ich bin davon abgeschnitten. Und das nur wegen meiner eigenen Feigheit! Für dich ist das Tauchen ein Hobby. Für mich bedeutete es alles. Von Kindheit an habe ich mich danach gesehnt. Mein Studium, mein Beruf, all das ist verloren, weil ich ein Feigling bin."
„Mandy", flüsterte Daniel hilflos und streichelte ihre Wangen, auf denen sich Tränen mit Regentropfen vermischten. „Was ist passiert, Liebling?"
Mandy fing zu an zu zittern. Plötzlich wurde die Vergangenheit lebendig, und die schrecklichen Erinnerungen drohten sie zu überwältigen.
„Andrew war Meeresforscher", fing sie an. „Zuerst war ich seine Studentin, dann wurde ich seine Frau. Unsere Ehe erwies sich als Irrtum, aber es ist ja meistens so, dass Erwartungen nicht in Erfüllung gehen. Jedenfalls war ich noch Jungfrau und wohl zu unerfahren für Andrew, der erfahrene Frauen bevorzugte." Sie lachte kurz auf. „Im Bett haben wir nicht zueinander gepasst. Wir hätten das auf wissenschaftlicher Ebene ausgleichen können, denn als Forscher ergänzten wir uns phantastisch. Und er wollte Kinder so, wie er auch Sex wollte — sofort und auf der Stelle. Er war gerade vierzig geworden, und die Ehe mit mir war seine zweite." Mandy schwieg einen Moment. Abwesend schüttelte sie den Kopf.
Dann sprach sie weiter: „Ich arbeitete damals gerade an einem Forschungsprojekt über die Seeotter. Sofort nachdem ich sie abgeschlossen hatte, setzte ich die Pille ab. Aber die ersehnte Schwangerschaft blieb aus. Andrew wurde immer schwieriger, hatte depressive Phasen, war ungehalten und jähzornig. Als ich dann endlich ein Baby erwartete, war ich überglücklich. Ich erfuhr das Testergebnis an unserem Hochzeitstag, der mit Andrews zweiundvierzigstem Geburtstag zusammenfiel. Andrew hielt sich gerade in einem Camp für Taucher auf der Insel Catalina auf. Ich fuhr mit der Fähre hinüber, um ihn zu überraschen."
Mandy fühlte, wie sich der Druck von Daniels Fingern verstärkte. Sie lächelte traurig.
„Ja, du hast richtig geraten. Als ich ins Zelt kam, vergnügte er sich gerade mit irgendeinem Strandhäschen. Bei unserer nachfolgenden Aussprache gab er mir die Schuld und lastete das Scheitern unserer
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