Tiffany Duo 134
aus Alex Pistole stammte, sondern aus einem Gewehr. Sie meinte jemand aufschreien zu hören - ein Laut, der fast im Echo des Schusses unterging. „Alex?“ Sie hob den Kopf.
Eine Männerstimme rief auf Arabisch: „Jetzt ist es nur noch einer.“
„Gott sei Dank“, entfuhr es Alex erleichtert. „Die Kavallerie ist da.“
„Die Kavallerie?“ Sie musste sich dringend bewegen. „Meinst du damit die Miliz?“
„Irgendwer, der uns hilft. Halt durch. Es dauert nicht mehr lange.“
Sie wartete, angespannt und schweigend. Gleich würde sie in den Beinen einen Krampf bekommen. Sie musste sich strecken. Wegrennen. Sie konnte es nicht. Ihr blieb nichts anderes übrig, als weiterhin zusammengekauert sitzen zu bleiben, während ihr tausend Fragen durch den Kopf schossen. Endlich hörte sie noch eine Stimme - nein, Stimmen -, die aus der entgegengesetzten Richtung kamen. Dort, wo das Camp war.
„Alex.“ Sie musste sich in dem engen Raum zusammenkrümmen, um sein Bein berühren zu können. „Sie kommen aus dem Camp. Wir müssen sie warnen.
„Ich denke - ich hoffe -, es gibt nichts mehr zu warnen. Der zweite Mann ist tot. Der erste hat wahrscheinlich schon das Weite gesucht.“ Tot? Woher wusste er das? „Ich will wissen, was hier vorgeht!“
Statt einer Antwort kam er aus seiner Deckung und stellte sich ungeschützt vor sie hin.
„Alex!“ Erschrocken wollte sie ihn zu sich heranziehen und streckte die Hand nach ihm aus. Er stand jedoch so weit entfernt, dass ihre Fingerspitzen gerade noch seine Hosenbeine streiften.
„Bleib unten.“ Er schaute sie nicht an, sondern suchte den oberen Teil des Wadis mit Blicken ab.
Es blieb still. Kein Schuss fiel. Wenig später, straffte er die
Schultern und verstaute seine Pistole im Halfter.
Ein Pistolenhalfter. Ja. Diesmal sah sie das kleine schwarze Täschchen, das an einem Ledergurt, den er unter seiner Jacke trug, befestigt war.
Er drehte sich um und streckte ihr die Hand hin. „Du kannst jetzt aufstehen. Aber bleib noch, wo du bist, Nur für alle Fälle.“
Ohne seine Hand zu ergreifen, versuchte sie sich aufzurappeln und fiel fast hin. Ein Bein war eingeschlafen und gab jetzt unter ihr nach. Alex fing sie auf und hielt sie fest.
„Ich bin okay“, sagte sie und stampfte mit dem Fuß auf. Die tausend kleinen Nadelstiche, die sie spürte, sagten ihr, dass ihre Blutzirkulation wieder in Gang gekommen war.
„Deine Wange.“ Er hob eine Hand und berührte die Seite ihres Kopfs direkt unterhalb der Schramme.
„Ist nicht so schlimm. Nur ein kleiner Kratzer. Ich habe ihn mir geholt, als du mich zu Boden gerissen hast.“
Sie sah seine Muskeln zucken, als er fest die Zähne aufeinander presste. „Nora.“ Er umklammerte ihre Schulter fester. „Sag nichts von meiner Waffe. Sag am besten gar nichts. Lass mich den Hergang schildern.“
„Was? Warum?“
„Ich kann es dir jetzt nicht erklären. Die anderen werden jeden Moment hier sein.“ Noch während er sprach, hörte sie, wie ihre Retter nahten - eilige stampfende Schritte, Gamals Stimme, die etwas auf Arabisch rief. „Es ist das Beste, wenn niemand etwas von meiner Waffe weiß. Auch die Miliz nicht.“
Ihr rieselte ein kalter Schauer über den Rücken, ihr Mund wurde ganz trocken und ihr Magen krampfte sich zusammen.
„Das Beste für wen?
Er zögerte. „Für mich. Und für die anderen auch, aber ich kann dir nicht sagen, warum.“
Sie schaute ihm forschend in die Augen, auf der Suche nach irgendeinem Hinweis, der sie in die Richtung führen könnte, in der die Wahrheit lag. Lügen war falsch. Die Polizei zu belügen war undenkbar. Und doch zog sie ernsthaft in Erwägung, für einen Mann mit bernsteinfarbenen Augen die Wahrheit zu vertuschen, nur weil er sie darum gebeten hatte.
Er hatte sie mit seinem Körper beschützt, als man auf sie geschossen hatte.
Er trug eine Waffe und wollte nicht, dass die Polizei davon erfuhr. Eine illegale Waffe.
Sie befeuchtete sich ihre trockenen Lippen. „Du denkst, einer der beiden ist tot. Wer hat ihn erschossen?“
„Jemand, der ein zu guter Schütze ist, um daneben zu treffen.“ Er grinste schief. „Du stellst die richtigen Fragen. Das Rüstzeug einer guten Wissenschaftlerin, nehme ich an.“
„Und du weichst meinen Fragen aus wie jemand, der es gewöhnt ist, sich um die Wahrheit herumzumogeln.“
Aber es war zu spät für Antworten. Gamal kam mit einem vorsintflutlichen Gewehr in der Hand auf sie zugerannt und brüllte noch mehr Fragen. Tim war
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