Tiffany Duo 134
war. Bis er oder Rebecca Smith nicht eindeutig für tot erklärt wurden, waren sie die Einzigen, die Marsh zu der Person führen konnten, die für Ellens Tod verantwortlich war. Mit grimmiger Entschlossenheit hatte Marsh das Nachbarhaus, von Rebecca Smith gemietet, sich dort einquartiert und sechsunddreißig leere lange Stunden mit Warten verbracht.
Und jetzt sah es so aus, als hätte sein Warten sich gelohnt.
Mit angespannter Miene stellte er das hochempfindliche Fernglas ein. Er vergaß zu atmen; vergaß alles, bis die Frau den Taxifahrer bezahlt, ihre große Umhängetasche über die Schulter geworfen und sich umgedreht hatte. Ihr Gesicht verschwamm kurz, dann füllte es die Bildfläche aus.
„Bingo“, sagte Marsh leise.
Mit dem schnellen Blick eines Jägers erfasste er die Gesichtszüge der Frau. Ein voller sinnlicher Mund. Hohe Wangenknochen. Große Augen unter geschwungenen schwarzen Brauen. Dunkelrotes, in der Mitte gescheiteltes Haar, das in geschmeidigen Wellen auf ihre Schultern fiel.
Hundertprozentig sicher war Marsh jedoch erst, als er die Anstecknadel auf dem Revers des karamelfarbenen Leinenblazers von Rebecca Smith entdeckte. Sogar aus dieser Entfernung entging ihm nicht das Funkeln der Diamanten, als sie den Weg hinaufeilte. Er kniff die Augen zusammen und holte die ausgefallene kleine Brosche in Form eines Einhorns mit dem Fernglas näher heran.
Der Triumph trieb ein düsteres Lächeln auf Marshs Gesicht. Er kannte dieses Schmuckstück. In einer Untersuchungsakte hatte er ein Bild davon gesehen. Eine lachende Rebecca Smith hatte das wertvolle Stück erst vor wenigen Wochen erstanden und den Verkäufer lässig angewiesen, es auf David Janniseks. Rechnung zu setzen. Der Verkäufer hatte den Ermittlern die Nadel ebenso detailliert beschrieben wie die attraktive Miss Smith. Marsh musste zugeben, dass der Juwelier nicht übertrieben hatte. Rebecca Smith sah wirklich umwerfend aus. Ihre Gesichtszüge erschienen in Wirklichkeit feiner als auf dem Foto ihres Führerscheins. Was das Foto nicht gezeigt hatte, waren ihr Traumkörper und die endlos langen Beine, ein Anblick, der Marsh mehr beeindruckte, als ihm lieb war.
Diese unerwartete Reaktion ärgerte ihn wahnsinnig. Er hätte es sich ja denken können, dass die Lady mit einem verführerischen Körper und einem sündigen Mund ausgestattet war. Sie musste schließlich etwas Besonderes an sich haben, um einen Playboy wie Jannisek nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen ... so wie das gute Dutzend anderer Männer, die Rebecca Smiths Gesellschaft genossen hatten.
Marsh versuchte, sich von ihren Rundungen, nicht allzu sehr beeindrucken zu lassen und wartete mit steigender Spannung darauf, dass sie die Stufen zur Eingangstür hinaufgehen würde.
Sie stieg die kleine Treppe hinauf, streckte die Hand zur Tür aus und erstarrte.
„So ist es richtig, Schätzchen.“ Voller Anspannung hielt Marsh das Fernglas auf ihr Profil gerichtet. „Die Tür ist offen. Macht dich das nervös?“
Sie zögerte. Offensichtlich war sie nicht sicher, was sie als Nächstes tun sollte. Endlose Sekunden verstrichen. Marsh hielt seinen Atem an, als ob er sie so dazu bringen könnte, den nächsten Schritt zu tun. Schließlich versetzte sie der Eingangstür einen vorsichtigen Stoß. Die Tür öffnete sich weit und enthüllte nichts als Dunkelheit in dem kleinen stuckverzierten Haus.
„Geh schon rein“, drängte er heftig. „Na los, mach schon.“ Sie stand noch zögernd auf der Treppe. Nach scheinbar endlosen Sekunden der Unentschlossenheit trat sie ins Dunkel. Die Lichter im Haus flackerten auf und erleuchteten die umliegende Finsternis. Kurz darauf fiel die Haustür ins Schloss.
Eine dämonische Befriedigung erfüllte Marsh. Phase eins war eingeleitet.
Er ließ das Fernglas sinken und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Fünf Minuten - er gab ihr fünf Minuten, bis er die nächste Phase seines Plans durchführen würde.
Er fühlte das Hämmern seines Pulsschlags, während er sich gegen die Wand lehnte. Es störte ihn nicht im Geringsten, dass er außerhalb seines Autoritätsbereichs operierte, nur mit dem stillschweigenden Einverständnis der einheimischen Behörden. Der mit dem Fall betraute Polizist hatte die Überwachung von Rebecca Smiths Haus als eine eindeutige Zeitverschwendung angesehen. Doch Marsh war lange genug Polizist, um auf seinen Instinkt vertrauen zu können, und sein Gang durch das Haus nebenan hatte ihn davon überzeugt, dass Rebecca zurückkommen
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