Tiffany Duo 134
streifte sie seinen Körper. Instinktiv traten beide einen Schritt zurück, so als hätten sie gerade eine unsichtbare Grenze überschritten. Sie versuchte von der Situation abzulenken.
„Könnte ich nachher mal Ihr Handy benutzen? Ich muss meinen Assistenten anrufen.“
„Kein Problem. Was ist mit Ihrer Schwester?“
Marsh hatte diese Bemerkung scheinbar beiläufig gemacht, aber Lauren war alarmiert. Ein Anruf von seinem Telefon könnte dazu führen, dass wenig später schon die Polizei vor Tante Janes Tür stünde. So leichtfertig würde sie die Sicherheit ihrer Schwester nicht gefährden.
„Ich habe Becky gesagt, sie soll erst mal in ihrem Versteck bleiben - bis ich sie wissen lasse, dass die Gefahr vorüber ist.“
„Sie vertrauen mir wohl immer noch nicht“, sagte Marsh und grinste.
„Was würden Sie an meiner Stelle denn tun?“
„Süße, ich traue grundsätzlich niemandem.“
Sie holte gerade Luft, um ihm mitzuteilen, dass sie auf solche Bemerkungen wie „Süße“ oder „Schätzchen“ verzichten konnte, als Marsh ihren Arm ergriff und ihr galant über einen großen Ast half, der auf ihrem Weg lag. Diese Aufmerksamkeit kam so unerwartet für Lauren, dass sie sich die geplante Zurechtweisung verkniff.
„Ich zeige Ihnen am besten mal, wie Sie den Generator in Gang setzen. Man weiß ja nie ...“, sagte er.
Lauren schrak auf. „Wie meinen Sie das? Sie haben doch wohl nicht vor, mich hier allein zu lassen?“
„Natürlich nicht. Aber es ist immer besser, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.“
„Eventualitäten welcher Art?“
„Na ja, ein verletzter Arm, ein paar gebrochene Rippen. Es gibt hier steile Abhänge, tiefe Schluchten, wissen Sie.“ Er sagte das mit der Gelassenheit eines Mannes, der auf diesem Gebiet schon seine Erfahrungen hatte.
„Oh, und Bären gibt es hier auch.“
„Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen. Ich meine, wir werden hier doch keinen wilden Tieren begegnen?“
„Wenn doch, dann schreien Sie einfach wieder so wie letzte Nacht. Das wird sie sicher vertreiben.“ Marsh klang amüsiert.
„Ich dachte, das hätten wir geklärt. Ich habe nicht geschrien. Ich habe mich nur ein wenig - erschreckt.“
Er konnte sich ein breites Grinsen nun nicht länger verkneifen. Wenn er lacht, sieht er einfach unwiderstehlich aus, dachte Lauren. Zu gerne hätte sie sich eingeredet, dass ihre plötzliche Atemlosigkeit nur daher kam, dass sie sich in ungewohnter Höhe befand. Aber sie wusste es besser. Es war dieser Mann, der ihr beinahe den Atem raubte. Halt! ermahnte sie sich. Das ist immer noch derselbe Kerl, dem du gerade erst gesagt hast, dass du ihm nicht traust - und du weißt auch, warum.
„Also, wo ist dieser Generator?“
„Hinterm Haus.“
Marsh führte sie zu einer kleinen surrenden Maschine. „Das ist ein ganz sicherer und verlässlicher Apparat. Sie füllen ihn einfach mit Gas und schalten ihn ein. Aber fassen Sie den Motor nicht an, wenn er läuft. Er wird sehr heiß.“
Sie hockte sich vor das Gerät und sah es sich genau an. „Sieht nicht allzu schwer aus. Ich denke, das kriege ich hin.“
Er nickte kurz. Dann reichte er Lauren die Hand, um ihr aufzuhelfen. Als sie ihre Hand in seine legte, fiel ihr auf, dass er keinen Ehering trug. Jetzt war sie doch neugierig. Wer verbarg sich wirklich hinter dieser rauen Fassade?
„Machen Sie das eigentlich öfter? Fremde Frauen hierher zu schleppen, meine ich?“
„Nicht allzu oft.“
„Und was sagt Mrs. Henderson dazu?“
„Ich bin nicht verheiratet, wenn es das ist, was Sie wissen wollen“, antwortete Marsh amüsiert.
Sie fühlte sich ertappt.
„Aber sollte ich jemals heiraten“, fuhr er fort, „dann nur eine Frau, die Situationen wie diese akzeptiert. Es ist nun mal Teil meines Jobs.“
„Na, dann viel Erfolg!“
„Wie meinen Sie das?“
„Ich sag’s mal so“, sagte Lauren lachend, „wenn Sie jemals eine Frau finden, die diesen Teil Ihres Jobs mitmacht, dann sollten Sie sie nie wieder gehen lassen.“
Abrupt verschwand die Heiterkeit aus Marshs Gesicht. Lauren hatte offensichtlich einen wunden Punkt getroffen. Gerade als sie noch darüber nachdachte, welche empfindliche Stelle sie mit ihrer Bemerkung soeben bei ihm berührt hatte, ging er zum. Gegenangriff über.
„Was ist mit Ihnen? Gibt es außer Ihrem Assistenten niemanden, den Sie anrufen müssen? Jemanden, der vielleicht etwas dagegen hätte, dass Sie sich von einem Fremden hierher verschleppen
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