Tiffany Duo 40
dem
großen Western-Sattel kam sie sich vor wie in einer Wiege. Sie war an die kleineren, im Osten gebräuchlichen Sättel gewöhnt.
Madelyn hob das Seil und schwenkte es ein paar Mal hin und her, um
auszuprobieren, wie heftig sie es bewegen konnte, ohne das Pferd zu erschrecken.
Natürlich zuckte es mit keiner Wimper, da es mit dieser Prozedur vertraut war.
Die Arbeit gefiel ihr. Sie genoss die frische Luft und empfand einen beglückenden
inneren Frieden, während sie neben den Rindern herritt und gelegentlich das Seil
schwenkte. Es war wundervoll, dem tiefen Muhen zu lauschen, auf dem
sanftmütigen, gut trainierten Pferd zu sitzen. Und am wunderbarsten fand sie es,
Ray zu beobachten. Er war für diesen Job geboren, das zeigte sich in allen seinen
Bewegungen und Worten. Er schien mit seinem Hengst verschmolzen zu sein, ahnte
jeden Richtungswechsel der kleinen Herde voraus, ermunterte sie mit schrillen
Pfiffen und Zurufen, die aufgeregte Tiere sofort beruhigten.
Mit allen Sinnen kostete Madelyn dieses Erlebnis aus. Ein Gefühl intensiven
Bewusstseins erfüllte sie seit dem vergangenen Nachmittag, wo Ray seine
Selbstkontrolle verlor und sie so leidenschaftlich geliebt hatte, wie sie es wünschte.
Ihr Körper war befriedigt, ihre Emotionen entfesselt, die nun zu ihm flogen, getragen von der Liebe, die sie so lange in sich verschlossen hatte.
Die Schlacht war noch nicht gewonnen, darüber machte sie sich keine Illusionen.
Aber das erste Scharmützel hatte sie siegreich bestanden. Vor dem vergangenen Tag
hätte er ihr niemals erlaubt, ihn außerhalb des Schlafzimmers zu liebkosen, und er
wäre morgens auch nicht im Bett geblieben, um sie zu lieben. Sein Gesicht zeigte
immer noch Strenge, unnachgiebige Züge, aber er wirkte etwas lockerer. Nach den
letzten vierundzwanzig Stunden zu schließen, musste es ihn große Kraft gekostet
haben, seine erotischen Bedürfnisse so lange zu bezähmen. Bei diesem Gedanken
musste sie lächeln.
An einem kleinen Teich machten sie Rast, aßen den Lunch, den Madelyn eingepackt
hatte, ließen die Tiere grasen und trinken.
Als die Pferde versorgt waren, band Ray sie in der Nähe an Ästen fest, dann setzte er sich zu seiner Frau auf den winzigen Hügel, den sie als Picknick-Platz ausgesucht
hatte. Er nahm seinen Hut ab und legte ihn neben sich ins Gras. »Nun, wie gefällt es dir bis jetzt?«
»Großartig!« Lächelnd reichte sie ihm ein Sandwich. »Es ist so friedvoll hier draußen
- keine Autos, keine Telefonapparate, kein Smog. Morgen früh wirst du mich
vermutlich aus dem Bett heben müssen, aber das ist es mir wert.«
»Heute Abend werde ich dich mit einer Salbe einreihen.« Seine Augen strahlten.
Für diese Bemerkung hatte er sich einen Kuss verdient. »Und wie bist du mit mir
zufrieden: Habe ich irgendwas völlig Dilettantisches gemacht?« Madelyn wickelte ihr
eigenes Sandwich aus.
»Du stellst dich recht geschickt an. Ich furchte nur ständig, du könntest abgeworfen und von den Rindern überrannt werden. Immerhin bist du der erste weibliche
Cowboy, mit dem ich jemals zusammengearbeitet habe.«
In seinen Ansichten über die Frauen war er ein typischer Cowboy. Aber das störte
Madelyn nicht, solange er keinen Versuch unternahm, ihr zu verbieten, was sie tun
wollte. Und da er das immer wieder versuchen würde, bestand keine Gefahr, dass
ihr Zusammenleben allzu still, beschaulich und langweilig verlaufen würde.
Ray stützte sich auf einen Ellbogen und streckte die langen Beine aus, während er
sein zweites Sandwich aß. Bei seinem Anblick wurde ihr warm ums Herz. Obwohl er
zweckmäßig gekleidet war, in braune Jeans, ein weißes Hemd und seine schäbigen,
zerkratzten Stiefel, sah er viel attraktiver aus als die männlichen Models, die sie in eleganten Smokings gesehen hatte. Seine erste Frau musste die Präsidentin eines
Idioten-
clubs gewesen sein.
Eigentlich müsste diese abscheuliche Alana für alles büßen, was sie ihm angetan
hatte. Von Natur aus neigte Madelyn nicht zur Rachsucht. Aber wer immer Ray
schadete, weckte solche Gelüste in ihr. Sollte Alana ihr jemals über den Weg laufen, würde sie nichts zu lachen haben.
Zum Abschluss verspeiste er noch die Kekse, die Madelyn gebacken hatte, und
spülte sie mit dem restlichen Tee hinunter. Es ist wirklich ein Ganztagsjob, diesen
Mann zu ernähren, dachte sie liebevoll. Falls unsere Kinder seinen unbändigen
Appetit erben, werde ich nie mehr aus der Küche rauskommen.
Der Gedanke
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