Tiffany Duo 40
stellte Claire lächelnd fest.
Bevor er über die Schwelle trat, ließ er sich Zeit, Claire ausgiebig zu mustern. Sie stand mit erhobenem Kopf da, eine Hand am Türrahmen, mit der anderen schloß sie
gerade den obersten Knopf ihrer dünnen pinkfarbenen Bluse. Mit ihren rauchgrauen
Augen sah sie ihn warm und freundlich an. Ihr Haar hatte sie mit einem ebenfalls
pinkfarbenen Band im Nacken zusammengebunden.
Oliver senkte den Blick und ließ ihn über ihre schlanke Figur wandern. Ihre schmale
Hüfte wurde von dem Bund eines mit rosa und grauen Blumen bedruckten Rocks
betont, der bis unterhalb ihrer Knie reichte. Ihre schmalen Füße steckten in grauen
Sandaletten mit flachen Absätzen.
Er schaute ihr wieder in die Augen und verspürte fast den unwiderstehlichen Drang,
sie zu berühren. Ja, er konnte sich sehr gut vorstellen, die Finger durch ihr
rotbraunes Haar gleiten zu lassen, ihr Gesicht und ihren Mund zu berühren. Ihre
Haut würde sich bestimmt samtweich anfühlen, und ihre Lippen zart und
verführerisch. Wie mag es sein, sie zu küssen? fragte er sich, während er mit dem
überwältigenden Bedürfnis rang, es herauszufinden. Wachsam und fragend schaute
sie ihn an. »Sind Sie fertig?« fragte er mit einer Schroffheit, die von dem Kampf in seinem Inneren verursacht wurde.
»Fast. Ich brauche noch eine Minute.«
Oliver trat ein und schaute Claire nach, wie sie rasch den Raum durchquerte. Ihr
Rock schwang bei jedem Schritt um ihre Beine, als sie durch die Tür zum
Schlafzimmer verschwand. Sie bewegte sich mit ein ;r leichten weiblichen Eleganz,
die in ihm das Bedürfnis weckte, ihr zu folgen. Statt dessen blieb er reglos stehen
und wartete.
Claire kam zurück mit einer großen Handtasche aus Stroh
in der Hand und folgte ihm zu seinem Wagen, den er vor dem Gebäude geparkt
hatte. Er öffnete Claire die Beifahrertür und half ihr beim Einsteigen. Nachdem er
losgefahren war, zog er eine Sonnenbrille aus der Brusttasche seines blauen Hemdes
und setzte sie auf.
Claire nahm einen Stadtplan aus der Tasche und studierte ihn. Die Ruinen der alten
Siedlung der Essenes lagen östlich von Jerusalem. »Qumram ist nicht weit von hier,
nicht wahr?«
»Ungefähr dreizehn Meilen.« Riecht ihr Parfüm nach Flieder? fragte er sich, oder ist es das Shampoo, das sie benutzt? Was auch immer es war, es bewirkte, dass er am
liebsten auf die Bremse getreten und sie an sich gezogen hätte. Nervös zündete er
sich eine Zigarette an und bemerkte alarmiert, dass seine Hand zitterte. »In Israel ist nichts besonders weit entfernt.«
»Schon möglich«, stimmte Claire zu, »aber es muss das faszinierendste Land der
Welt sein.« Sie wandte sich um, schaute ihn an und wünschte sich, er hätte seine
Augen nicht hinter den dunklen Gläsern der Sonnenbrille versteckt. Es war auch
ohne Brille schon schwer genug, sich vorzustellen, was in ihm vorging. »Ich höre
mich an wie ein typischer Tourist, nicht wahr? Vermutlich brauche ich einige Zeit,
um wie selbstverständlich zwischen Zeugnissen von Tausenden Jahren Geschichte
leben zu können. Sie sind soviel gereist, dass es wohl schwer sein wird, Sie noch zu beeindrucken, nicht wahr?«
Oliver schaute sie einen Moment lang eindringlich an. Dann sah er weg und zog an
seiner Zigarette. »Ich werde immer noch von einigen wenigen Dingen beeindruckt«,
meinte er rätselhaft.
»Zum Beispiel?«
Von Augen, die die Farbe einer stürmischen See haben, dachte er. Von der
Vollkommenheit eines sinnlichen Mundes oder dem Flüstern einer Stimme, die mich
an weiblicher Leidenschaft denken läßt. Er schluckte. »Es gibt Orte, die ich noch
nicht besucht habe. Nepal oder Teile von Afrika.«
Sie lachte. »Entschuldigen Sie. Aber ich glaube nicht, dass
Sie wirklich darunter leiden.« Sie warf den Kopf zurück, so dass ihr das Haar in
weichen Wellen über die Schultern fiel, lehnte sich in dem Sitz zurück und
betrachtete sein markantes Profil. »Sind Sie zufällig zu Ihrem Beruf gekommen oder
sind Sie mit dieser rastlosen Ader geboren worden?«
»Ich glaube, etwas von beidem«, erwiderte Oliver. Er wollte das Thema
Reiseschriftsteller nicht weiter vertiefen. Damals hatte es ihn nicht gestört, dass er Claire belogen hatte. Jetzt tat er es nur noch ungern. Er lächelte. »Meine Schwester sagt immer, ich würde niemals damit zufrieden sein, an einem Ort zu bleiben.«
»Sie haben eine Schwester?« Claire war sichtlich überrascht. Aus irgendeinem
Grunde hatte sie sich
Weitere Kostenlose Bücher