Tiffany Duo 48
Dan und Margaret Appleton
kennengelernt, ein überraschend mondän wirkendes Paar Anfang Siebzig. Er hatte
sich mit Dan unterhalten, einem der besten Rutengänger des Landes, und seine
Erwartungen waren bestätigt worden. Dan war ein kleiner rotgesichtiger Mann mit
verträumten blauen Augen. Seine Frau, eine typische Matriarchin, überragte ihn
mindestens um Haupteslänge und hatte keinerlei Zweifel an ihren eher
materialistischen Neigungen gelassen. Sie war die perfekte, geradezu
überwältigende Gastgeberin in ihrem britischen Tweedkostüm und mit ihrer lauten
Stimme, so daß Nicholas sich wünschte, er hätte die erste Nacht in einem Motel
verbringen können, anstatt Margaret Appletons erdrückender Gastfreundschaft
ausgeliefert sein zu müssen.
Eine Weile hatte Nicholas verblüfft ihren Ausführungen über die energetischen
Schwingungen unter dem Hauptaltar der Kathedrale von Chartres gelauscht, bis
Sybil wieder aus der Menge zu ihnen gestoßen war. Sie hatte ihm eine heiße
Henkeltasse in die Hand gedrückt und war wieder verschwunden, ehe er sich aus
Margarets verbaler Umklammerung befreien konnte. Höflich trank er einen Schluck.
Was für eine Frau! Die Tasse enthielt Kaffee, heiß, schwarz, so wie er ihn am liebsten trank, mit einem gehörigen Schuß Whiskey. Nicholas nahm einen weiteren
genüßlichen Schluck und fing an, Sybils unbestreitbare Vorteile in einem neuen Licht
zu sehen.
Der Anflug guter Laune verflog jedoch schon bald wieder. Nicholas saß auf einem
der Chintzsofas, eingeklemmt zwischen einem Milchbauern aus Waiden und einer
Buchhändlerin aus Greensboro. Der Milchbauer hatte nach seinen letzten
abendlichen Arbeiten die Stiefel nicht gewechselt, ein schwacher Geruch nach
Kuhmist begann, den würzigen Kaffeeduft zu überdecken. Die Buchhändlerin
bevorzugte offenbar ein intensives, moschushaltiges Parfüm und warf ihm kokette
Blicke zu. Hätte es in dem jetzt nur noch von Kerzen beleuchteten Raum noch ein
einziges freies Plätzchen gegeben, so wäre Nicholas dorthin geflüchtet, aber das
Zimmer war vollkommen überfüllt. Ein erwartungsvolles Schweigen hatte sich über
die Anwesenden gesenkt. Sybil saß im Schneidersitz auf dem Boden und hatte die
Hände locker auf die Knie gelegt. Ihre schmalen Schultern wirkten entspannt, als
Leona nun mit
ihrem Hokuspokus begann. Nicholas spürte, wie seine eigene innere Anspannung
zunahm.
Ganz objektiv stellte er fest, daß Leonas Methode einfach genug war. Sie redete
leise und monoton auf Sybil ein, es war klar, daß sie sie hypnotisieren oder ihr
helfen wollte, sich selbst zu hypnotisieren. Ihre sanfte, eindringliche Stimme schuf
eine traumähnliche Atmosphäre im Raum. Ohne Mühe hätte man sich davon
einlullen lassen können, vor allem nach diesem langen, anstrengenden Tag und der
nicht unbeträchtlichen Menge Whiskey, aber dagegen sträubte sich Nicholas mit
aller Kraft. Er hatte fest vor, Leona nicht aus den Augen zu lassen und auf eventuelle Tricks zu achten. Nicht, daß er beabsichtigt hätte, etwas zu sagen oder gar
einzugreifen, er wollte nur aufmerksam beobachten.
Das, was Sybil nun bevorstand, hatte er selbst schon einmal durchgemacht, unter
allerbester Anleitung. Die Rückführung in frühere Leben begann mit einer
Selbsthypnose, dann wurde man durch die Zeiten geführt, bis sich eine geeignete
Phase fand, und dann mußte man sich nur auf die Bilder konzentrieren, die in einem
heraufbeschworen wurden. Nicholas' eigene Erfahrungen in einem früheren Leben
waren recht aufregend und farbenfroh gewesen, die Französische Revolution und
die Liebe zu einer Gräfin Felicite hatten dabei eine Rolle gespielt. Er hatte sich als Revolutionär gesehen, und wenn man Swami Benana Glauben schenken durfte,
hatte er ein schlimmes Ende gefunden, dennoch war dieses Leben sehr
unterhaltsam gewesen. Mit aufrichtiger Begeisterung hatte er das Band angehört,
das der Swami, der übrigens mit richtigen Namen Harry Johnson hieß, während der
Hypnose aufgenommen hatte.
Allerdings hatte Harry fest an das geglaubt, was er da tat, und er war auch mit der
nötigen Portion Humor an die ganze Sache herangegangen.
Bei Leonas eintönigem Singsang jedoch gefror Nicholas das Blut in den Adern. Sybil
saß mit geschlossenen Augen da,
Leona ganz und gar ausgeliefert, und wartete auf etwas völlig Unbegreifliches.
"Wo bist du jetzt, Sybil?" fragte Leona sanft. "Kannst du uns sagen, was mit dir geschieht?"
Sybil schlug die Augen
Weitere Kostenlose Bücher