Tiffany Duo Band 0119 (German Edition)
Gebirgsausläufer, und Gray wünschte, er hätte zwei Pferde aus Hawks Herde. Zur Hölle, eins hätte schon gereicht. So hätten sie es zurück zur Ranch oder wenigstens zu dem Pueblo geschafft, bevor es dunkel wurde.
Die Dämmerung brach schon herein, und die Wände des Grabens warfen dunkle Schatten über den Boden. Nach einer weiteren Biegung kamen sie an eine Sandsteinmauer, an der sie sich ziemlich gut hochhieven konnten. Gray half Audrey hinauf und kletterte dann ebenfalls hinterher.
Oben lagen sie beide flach auf dem Boden, während Gray mit dem Fernglas in alle Richtungen schaute. Bis zu den Pyramidenpappeln war es noch eine halbe Meile. Die dichte Wolkendecke der letzten Tage war etwas aufgerissen. Über den Bergen im Westen war sogar etwas blauer Himmel. Von Lambert war keine Spur zu entdecken.
“Siehst du diesen steilen Hang?”, fragte Gray. “Es wird ein schwieriger Aufstieg werden, aber wenn wir erst einmal oben sind, können wir in einem der Bergcanyons Unterschlupf finden.” Er zog sie auf die Füße, nahm ihr den Rucksack ab und förderte ein Paar Socken zutage, die er ihr reichte.
Audrey lächelte. “Socken! Du weißt gar nicht, wie sehr …” Sie nahm sie und setzte sich. Als ihr Blick auf Grays durchgeweichte Stiefel fiel, hielt sie ihm die Socken wieder hin. “Ich glaube, du brauchst sie mehr als ich.”
So ein selbstloses Angebot war ihm schon sehr lange nicht mehr gemacht worden. Gray setzte sich zu ihr und holte ein zweites Paar hervor. “Ich weiß nicht, warum ich zwei Paar habe. Glücklicherweise habe ich auch noch Extraschuhe dabei.” Er zog sich die anderen Socken an.
“Erstaunlich”, sagte Audrey und spähte in den Rucksack. “Und das Abendessen hat auch noch darin Platz?” Sie streifte sich ebenfalls die Socken über und bewegte lächelnd die Zehen. “Meine Füße sind wieder warm. Ich könnte dich küssen …”
Gray riss sie in die Arme und presste seine Lippen auf ihre. Ein überraschter Laut entrang sich ihrer Kehle, aber sie küsste ihn wieder und öffnete einladend den Mund.
Das war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, und er war zur Hölle nicht der richtige Mann, doch nichts davon hielt ihn davon ab zu nehmen, was sie ihm bot. Gray hob ihre Arme um seinen Nacken, legte seine um ihre Hüfte und schob ein Knie zwischen ihre Beine.
Ohne Vorwarnung wand sich Audrey aus seiner Umarmung. Gray öffnete die Augen und sah, dass sie die Pistole in seinem Hosenbund betrachtete.
“Deine Waffe hat sich in meine Seite gebohrt”, erklärte sie. “Ich musste plötzlich an Howard denken.”
Gray glättete die Falte zwischen ihren Augenbrauen. “Ich verstehe.”
“Du hast sie nicht gezogen, als wir unter dem Überhang standen.”
Gray spürte die Frage hinter ihrer Feststellung, aber er gab keine Antwort. Er hatte einen Mann getötet – ein Risiko, das der Polizeiberuf mit sich brachte. Das jedenfalls hatte der Polizeipsychologe ihm klarzumachen versucht. Ein gerechtfertigter Schuss. Aber Gray wusste es besser. Er war in jener Situation nicht der sonst so emotionslose, besonnene, präzise denkende Mann gewesen, der ihn einst einen guten Cop hatte sein lassen.
Gray berührte Audreys Wange mit dem Finger, als ihm die Warnung seiner Mutter durch den Kopf ging.
Ein Mann, der mit Waffen umgeht, stirbt auch durch Waffen. Und Gott helfe mir, mein Sohn, das wünsche ich dir nicht.
“Ich werde alles tun, um dich zu retten”, versprach er.
Traurig lächelte Audrey ihn an. “Ich weiß.”
Gray schulterte den Rucksack und streckte Audrey die Hand hin. “Lass uns aufbrechen.”
Sie gingen schnell, denn auf der halben Meile bis zur Hügelkette gab es keine Verstecke. Unterdessen suchte Gray die Berge nach einer guten Aufstiegsmöglichkeit ab. Oben wuchsen Wacholder und Kiefern, die sich schwach in der Dämmerung abhoben, die Luft war frisch geworden, die Wolken weiter nach Osten gezogen und der Himmel über ihnen jetzt blau. Es konnte eine kalte Nacht werden.
Schließlich fand Gray einen Wildwechsel, der im Zickzack hinauf auf die Mesa führte. Sie hinterließen gut erkennbare Spuren, sodass er sich fast wünschte, es würde wieder regnen, damit die Spuren verwischt würden.
Als sie oben waren, ging gerade die Sonne unter und tauchte die Wolken in ein leuchtendes Scharlachrot. Der Duft von Kiefern, oberhalb derer eine weitere Bergkette ragte, erfüllte die Luft. Gray hielt an, und Audrey sank schwer atmend zu Boden.
“Er hätte uns beobachten
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