Tiffany Duo Band 0142
das Bild von Anna ab, die sich an die Gitterstäbe klammerte, während das Meer im Mondlicht glänzte. Der Ausblick war von oben wie von einem Gebäude, das hoch auf den Klippen stand. Das passte auf de Rochefords Anwesen.
Zorn und Erleichterung durchströmten ihn, vermischt mit einer finsteren Befriedigung. Anna hatte ihn gerufen, und sie hatte ihr Bestes gegeben, um ihm zu zeigen, wo sie sich aufhielt. Es ging ihr gut, aber jemand hatte sie in einen verdammten Käfig gesperrt.
Das Seltsame dieser Art von Kommunikation bemerkte er kaum noch. Das Warten hatte ihn beinahe verrückt gemacht, und sein erstes Gefühl war Erleichterung. Ein Teil von ihm verlangte zwar immer noch nach logischen Antworten für diese Visionen, aber das Wichtigste war jetzt erst mal, dass die Verbindung funktioniert hatte.
Blade zog sein Handy hervor und tippte eine Nummer ein.
Nach dem ersten Läuten nahm Ray ab. Blade fragte ihn, ob er noch Interesse an einem gewissen Eric Seber habe. “Wenn du mir sagen kannst, wo das Schwein ist, werde ich mein viertes Kind nach dir benennen”, erklärte Ray. “Wir haben ihn wenigstens wegen Fahrerflucht dran, und jetzt ist der Bastard verschwunden. Jeder Polizist in dieser verdammten Stadt sucht nach ihm.”
“Okay, dann notiere dir mal die folgende Adresse.”
Ray hörte konzentriert zu. “Das ist doch das Anwesen von Henry de Rocheford. Bist du sicher?”
Blade erklärte ihm in sachlichen Einzelheiten, worum genau es ging und was passiert war. Die Information, von der er wusste, dass sie Ray am meisten aufbringen würde, hob er sich bis zum Schluss auf. “Seber hat einen Polizeiausweis benutzt, um an meinen Sicherheitsleuten vorbei ins Hotel zu gelangen.”
Ray fluchte. “Kannst du das beweisen?”
“Eine der versteckten Kameras, die wir kürzlich installierten, hat aufgenommen, wie er das Gebäude durch einen Hintereingang betrat. Der Wachmann, den er k. o. schlug, kann bezeugen, dass er einen Polizeiausweis benutzte.”
“Am Ende dann doch nicht so schlau”, sagte Ray zufrieden. “Die Tarrant-Erbin, sagst du?” Er wurde nachdenklich. “Vor ein paar Monaten starb Eloise Tarrant an einer Überdosis. Es gab ein großes Begräbnis – war in allen Zeitungen die Schlagzeile. Die Fahrerflucht, mit der wir Seber jetzt dranbekommen wollen, betrifft den Anwalt der Tarrants, Emerson Stevenson, der vor ein paar Wochen starb. Ich habe die Akte noch auf dem Tisch liegen. Scheint, dass de Rocheford jetzt allein das Ruder hält.”
“Außer Anna”, erklärte Blade tonlos. “Wenn du Seber willst, komm heute Abend um acht auf das Anwesen von de Rocheford. Er ist bewaffnet und gefährlich, und er wird nicht allein sein. Bring jemanden mit, dem du trauen kannst.”
“Und wo bist du bei dem Ganzen?”
Beim misstrauischen Tonfall von Ray lächelte Blade finster. “Du wirst uns nicht sehen.”
“Verdammt. Wen nimmst du mit? Warte, sag nichts, lass mich raten. McCabe, Carter Rawlings, Gabriel West – ich hörte, er sei kürzlich in der Stadt gewesen.”
Blade wartete geduldig, während Ray überlegte, was zu tun war. Auch Ray hatte einmal für die Spezialeinheit gearbeitet und kannte ihre Methoden. Er wusste auch, dass ein Polizeiteam, das den offiziellen Weg beschritt, für Anna vielleicht zu spät kommen würde.
Als er sprach, klang seine Stimme warnend: “Okay, ich weiß von nichts, aber für den Fall, dass ihr euch heute Nacht in der Nähe von de Rochefords Anwesen aufhaltet, geht nicht bewaffnet hinein. Wenn ich Waffen bei euch finde, nagle ich euch fest. Dies ist Zivilgebiet, keine Kriegszone.”
“Wir wollen da draußen nur ein wenig fischen, und werden nichts als Fischmesser bei uns haben. Aber wenn du dir Sorgen wegen deiner Karriere machst”, fügte Blade leise hinzu, “dann beleuchte die Klippen nicht mit Scheinwerfern.”
Als Ray laut fluchte, beendete Blade das Gespräch.
Ben hob den Außenbordmotor aus dem Wagen. “Glaubst du, er wird sich daran halten?”
“Das wird er. Es wird ihm nicht gefallen, aber er wird es tun.”
Anna erwachte, auf dem Boden des alten Hauses zusammengerollt. Sie richtete sich auf, strich sich das zerzauste Haar aus dem Gesicht, sah auf ihre Uhr und stellte erleichtert fest, dass kaum mehr als eine Stunde vergangen war. Sie musste von der zweiten Schlaftablette mehr ausgespuckt haben, als sie vermutet hatte.
Es war jetzt vollkommen dunkel, Feuchtigkeit hing in der Luft, der Geruch nach Staub und Mäusen wurde überlagert von dem nach
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