Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
erwiderte Ellie sanft.
“Aber vor mir”, knurrte er. Dann sagte er aufgeregt: “Ich glaube, ich kann das Auto sehen.”
Sie hörte zwar lautes Piepen, sah in der Dunkelheit und dem Unwetter aber nichts. “Wo denn?”
“Warte”, antwortete er. Der Himmel hellte sich ein wenig auf, und die runde Form des Käfers befand sich direkt vor ihnen. “Da!”
“Ob ihn jemand bewacht?”
“Ich glaube nicht.”
“Meine Tasche müsste irgendwo hier liegen. Wenn wir doch bloß eine Lampe hätten.”
“Kein Problem. Ich habe eine im Werkzeugkasten. Warte”, sagte McCall und war verschwunden.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, aber schließlich konnte Ellie den Lichtschein der Taschenlampe ausmachen. Ist er das, oder sind es Soldaten, dachte Ellie ängstlich. Als sie McCall erkannte, fiel sie ihm beinahe um den Hals.
“Keine Wachen”, versicherte er. “Und nur ein Reifen kaputt.”
Sie zitterte vor Nässe und Kälte. “Und der Motor?”
Sie konnte McCalls Lächeln zwar nicht sehen, aber seine Stimme klang froh. “Den Luftfilter gibt es zwar nicht mehr, aber das hält ein Käfer aus.”
“Und der Reifen? Hast du …”
“Ach, der blöde Reifen. Er kann auch auf der Felge fahren. Später können wir ihn dann wechseln. Zuerst aber müssen wir die Tasche finden und verschwinden.”
Es dauerte nicht lange, ehe Ellie ihre Tasche hatte. Der Inhalt – sorgfältig in Plastik eingewickelt – war trocken geblieben.
“Mann, ich hätte nicht gedacht, dass ich dich wiedersehen würde”, begrüßte McCall den Wagen, als sie sich hineingesetzt hatten.
“Und ich habe dieses Prachtstück mal beleidigt?”, fragte Ellie ungläubig. “Unvorstellbar!” Sie öffnete das Handschuhfach und holte den Revolver hervor.
Als Ken ihr das erste Mal die Pistole in die Hand gedrückt hatte, war ihre instinktive Reaktion Abscheu gewesen. Sie hasste und fürchtete Waffen. Jetzt aber untersuchte sie Ellie mit geübten Handgriffen. “Sie ist okay”, verkündete sie und legte sie auf den Boden zwischen ihre Füße.
Die Taschenlampe platzierte sie neben den Revolver und schüttete dann den Inhalt der Tasche auf ihren Schoß.
“Was suchst du?”, erkundigte sich McCall.
Aber Ellie war so nervös, dass sie nicht antworten konnte. Sie wühlte wild durch die Sachen.
“Darf ich?”, fragte er, machte das Licht an und nahm ihr die Sachen vom Schoß. Einen Augenblick später hielt er einen Schokoladenriegel in der Hand. “Hast du zufällig das gesucht?”
Sie nickte nur und griff danach. McCall aber wehrte sie ab, machte das Papier ab und brach den Riegel entzwei. Dann gab er ihr die Hälfte. Begierig biss sie hinein; er folgte ihrem Beispiel. Mit Tränen in den Augen blickte sie ihn an. Eine seltsame Freude und ein großes Glücksgefühl erfüllte sie. Was war nur mit ihr? So eine kleine Geste der Fürsorglichkeit gab ihr das Gefühl,
geliebt
zu werden?
“Zigaretten hast du nicht, oder?”, fragte McCall mit rauer Stimme.
“Tut mir leid”, murmelte sie und schluckte Schokolade und Tränen hinunter.
“Brotkrumen”, brummte er, während er nach den Autoschlüsseln suchte. Zu seiner Verblüffung steckten sie noch. “Wie blöd kann man nur sein?”, knurrte er verärgert. Ellie wusste aber, dass er es nicht ernst meinte.
“Nein, das war eine gute Idee”, sagte sie. “Du hast nur eines vergessen.”
McCall starrte sie an. “Und was bitte?”
“Kennst du das Märchen von Hänsel und Gretel nicht?”, fragte sie und beugte sich zu ihm. “Hänsel hat es auch mit Brotkrumen versucht. Deswegen haben sie sich auch verlaufen …”
Plötzlich umarmte McCall sie und drückte sie fest an sich. Ellie spürte, dass auch er zitterte, dass auch ihm Tränen über die Wangen liefen. Sein Atem roch nach Schokolade, als er sie küsste. Auf ihren Mund, ihre Stirn, die Augen, die Wangen und die Nase. Als ob er befürchtete, dass es das letzte Mal sein würde.
“Wir müssen …”
“Ja, ich weiß.”
“Sie könnten jeden Augenblick hier sein.”
“Wir müssen uns in Sicherheit bringen.”
“Hoffentlich startet er.”
Zwischen jedem Satz küssten und liebkosten sie sich.
Schließlich drehte McCall am Schlüssel und trat auf das Gas. Ellie betete, und der Käfer sprang problemlos an.
12. KAPITEL
“Zum Hotel können wir nicht zurück”, sagte McCall. “Da werden sie zuerst suchen.”
“Ich weiß.”
Er warf Ellie einen Blick zu. Sie saß aufrecht und sichtbar angespannt da und schaute starr auf den spärlichen
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