Tiffany Duo Band 128
zuckte Arlen nicht einmal mit der Wimper.
Plötzlich sah er Lissa flehentlich an.
„Sing mir etwas vor, Missy. Ich möchte dich singen hören, bevor ich ... Ich möchte dich noch ein einziges Mal singen hören."
Lissas Kehle war wie zugeschnürt, und sie war sicher, dass sie keinen Ton herausbekommen würde. Endlich befeuchtete sie sich die Lippen und begann:
„Ich werde wandern - im Licht.
Ich werde sitzen - in aller Pracht.
Wenn ich zum Vater komme.
Wenn ich den Weg gefunden habe zu dir."
16
Lissa spähte nervös aus dem Erkerfenster im zweiten Stock auf die Menge, die sich in dem gepflasterten Innenhof versammelte.
Sie konnte immer noch nicht glauben, dass erst vier Tage seit den furchtbaren Stunden in der Wüste vergangen waren. Vor drei Tagen hatten die Ärzte ihr bestätigt, dass ihre Erste-Hilfe-Maßnahmen und Evans Elektroschocks nicht nur Arlens Arm, sondern vermutlich sogar sein Leben gerettet hätten. Vor knapp vierundzwanzig Stunden war Sam Henderson mit seiner zweimotorigen „Commanche" nach Phoenix gekommen und hatte Bruder, Vater und Tochter und den Hund auf die Ranch geholt.
Trotzdem hatte man sie schon gefunden. Die Reporter, die Agenten der Talk-Shows und die Fans waren in Scharen in Flagstaff eingefallen und hatten die Bewohner von Bar-H derart mit Anrufen und Bitten um Interviews überschüttet, dass Lissa in eine Pressekonferenz einwilligte.
Evan hatte ihr vorgeschlagen, den Medien auf dem sicheren Grund der Ranch gegenüberzutreten, mit seiner Familie und Arlen an ihrer Seite. Er hatte auch die restliche Familie hergeholt. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden waren alle eingetroffen.
Jake war der ruhigste Henderson. Auch der traurigste.
Seltsamerweise schien Arlen zu spüren, was in Evans ältestem Bruder vorging. Während die übrige Familie am Vortag um den zerkratzten, eichenen Küchentisch saß und Lissa herzlich in ihre Runde aufnahm, hatte er stundenlang draußen mit Jake gesessen und mit ihm geredet. Zu Lissas Erstaunen hatte Wolf sich zu ihnen gesellt und mit der Schnauze auf seinen Pfoten zwischen den beiden Männer gelegen. Evan hatte die Szene äußerst zufrieden betrachtet.
Nur Marsh, der mittlere Bruder, fehlte in diesem Kreis. Seine Frau Lauren hatte erzählt, dass ihr Mann unmittelbar vor ihrem Abflug einen Anruf aus El Paso erhalten habe. Es sei um Drogenschmuggel oder eine sonstige Grenzverletzung gegangen.
Allerdings erwarteten sie ihn jeden Augenblick. Er hatte vor einer Stunde aus siebentausend Meter Höhe angerufen und gebeten, die Pressekonferenz bis zu seiner Ankunft zu verschieben. Die Henderson-Brüder wollten Seite an Seite hinter Lissa stehen, während sie sich den Medien stellte.
Lissa erschauderte bei dem Gedanken an das, was ihr bevorstand. Jahrelang hatte sie versucht, diesen Moment zu verhindern. Doch Missy Marie war in die Öffentlichkeit zurückgekehrt.
Sie konnte die Fragen der Reporter schon hören. Auch die Beschuldigungen. Wo sie die letzten drei Jahre gewesen sei. Was Doc und sie mit all dem veruntreuten Geld gemacht hätten.
Natürlich würden die Medien wissen wollen, weshalb sie Bar-H als Schauplatz für ihr Wiedererscheinen gewählt habe, noch dazu mit einem stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt an ihrer Seite.
Ihre Nerven waren aufs Äußerste gespannt. Die Pressekonferenz würde Evans Karriere ruinieren. Die Reporter würden sich mit Freuden auf die Tatsache stürzen, dass einer der viel versprechendsten jungen Ermittlungsanwälte sich mit einer Kriminellen eingelassen hatte. Lissas Inneres krampfte sich zusammen, wenn sie an die reißerischen Schlagzeilen auf der ersten Seite dachte.
Evan klopfte an die offene Tür und trat ein. Lächelnd zog er Lissa in die Arme und küsste sie verzehrend.
„Bereit für die Show?"
„So gut es geht."
„Du siehst phantastisch aus", murmelte er und betrachtete das Outfit, das sie für ihren ersten Auftritt nach drei Jahren gewählt hatte. Da sie Paradise nur mit den Sachen verlassen hatte, die sie am Körper trug„ hatten die Frauen der Hendersons für die geeignete Kleidung gesorgt. Sydney, die ein besonderes Auge für Farben und Kontraste besaß, hatte erklärt, dass die türkisgrüne Bluse und der silberne Conchogürtel von Evans Mutter fabelhaft zu ihrem eigenen hautengen schwarzen Seidenrock passen würden. Molly hatte ihre nagelneuen Cowboystiefel beige steuert. Von Lauren stammten die entzückenden handgearbeiteten Ohrringe aus Silber und Türkisen.
Das Make-up und die Frisur
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