Tiffany Duo Band 128
immerhin auch seine Geheimnisse.
„Ich hab mir fast schon was in der Richtung gedacht." John wusste, dass seine Antwort sie überrascht hatte, denn sie zuckte zusammen. „Und jetzt steig ein, damit ich dich nach Hause bringen kann."
Lucy öffnete die hintere Tür und stieg ein, die Arme vor der Brust verschränkt. „Na gut", fauchte sie, „fahr los."
Es war nicht weit, und beide schwiegen. Sobald er an den Wohnwagen hielt, riss sie die Tür auf. Doch statt wegzurennen, kam sie um den Wagen herum und beugte sich durch das geöffnete Fenster.
„Und nebenbei bemerkt: Es war keine Verabredung", sagte sie.
„Wie du meinst."
„Es war geschäftlich, mehr nicht." Lucy klang, als wollte sie sich genauso überzeugen wie ihn.
„Rein geschäftlich", stimmte John zu.
Er erwartete, dass sie gehen würde, aber sie blieb einfach stehen und sah ihn an.
„Warum hast du mir die Wahrheit gesagt?" fragte John, der noch nicht wollte, dass sie ging. „Über deine wahren Absichten, dich mit mir zu treffen."
Lucy musterte rasch und voller Hohn den Wagen. „Ein Blick auf das Auto, und ich wusste, dass bei dir nichts zu holen ist, Süßer." Sie sprach bewusst hart, aber ein leichtes Zittern verriet sie. „Die Geschichte mit den Aktienspekulationen hat mich kurz getäuscht, aber es sieht so aus, als wenn du Geld noch nötiger hättest als ich."
Ihr Gesicht war ihm ganz nah, und er wollte sie noch einmal küssen. Er wollte es so sehr, dass es ihn selber überraschte.
„Bist du sicher, dass das der einzige Grund ist?"
„Ja", flüsterte sie.
John beugte sich vor und strich mit seinen Lippen über ihre, ganz langsam, damit sie Zeit hatte zurückzuweichen. Schließlich tat sie das auch.
„Komm morgen nicht zum Jahrmarkt", ordnete sie an. „Zwei Uhr im Coffeeshop. "
Ohne einen Blick zurück war sie verschwunden.
Leise schloss Lucy die Wohnwagentür. Das Licht über der Spüle brannte und verbreitete seinen sanften Schein. Ihre Freundinnen wussten genau, dass Lucy die Dunkelheit nicht mochte und hatten ein kleines Willkommenslicht für sie angelassen. Sie schaltete die Lampe auf dem Tisch an und setzte sich hin.
„Ich hab schon angefangen, mir Sorgen zu machen."
Lucy wandte sich zu der sanften Stimme um und bemühte sich um ein Lächeln. April war im Grunde ihres Herzens noch ein Kind, aber sie bemutterte Lucy und Janet, als wären sie die Kinder. April war jetzt ein Jahr bei ihnen. Mit ihrem Puppengesicht und dem braunen Pferdeschwanz sah sie weitaus jünger aus als Mitte zwanzig.
Lucy streifte die Schuhe ab und zog sie unter sich, als April sich zu ihr auf das Sofa setzte. „Du solltest längst schlafen."
„Ich habe mir Sorgen gemacht." April streckte die Hand aus und tätschelte Lucys Knie.
„Ich habe mich ..." Sie unterbrach sich. „Es war einfach ein netter Mann, und er hat mich zum Kaffee eingeladen, das ist alles." Das klang gut, warum hatte sie dann noch solche Angst?
April lächelte strahlend. Wie oft hatte sie Lucy schon geraten, sich einen netten Mann zu suchen und sich mit ihm irgendwo niederzulassen? Sesshaft werden, was für ein Witz. Biologische Uhr hin oder her, Lucy wusste sehr gut, dass das nie passieren würde.
„Ist er hübsch?" fragte April flüsternd, um Janet nicht zu wecken. Die tätowierte Dame hatte einen leichten Schlaf.
Lucy lächelte unwillkürlich zurück. „Sehr." Hübsch beschrieb John Quaid nicht annähernd, aber für den Moment reichte es.
„lch hatte schon angefangen, mir wegen deiner Feindseligkeit Männern gegenüber Gedanken zu machen", fuhr April fort.
„Feindseligkeit?"
„Du weißt schon, was ich meine."
April war so durchsichtig, unverbesserlich optimistisch. Sie glaubte immer noch an die Liebe und ewiges Glück.
„Es war doch nur auf einen Kaffee", wiegelte Lucy ab, „ich werde ihn wahrscheinlich nie mehr wieder sehen."
„Falls er morgen wieder kommt, zeigst du ihn mir dann?"
„Er kommt morgen nicht wieder", flüsterte Lucy.
„Wie kannst du dir da so sicher sein?" April klang enttäuscht.
„Weil ich es ihm verboten habe."
Sie seufzte tief. „Warum hast du das getan?"
Lucy zuckte die Achseln, und beide schwiegen. April stand auf und knipste eine zweite Lampe an.
„Danke", flüsterte Lucy.
April sah sich um, als sie in Richtung Zimmer verschwand, das die beiden miteinander teilten. „Gute Nacht."
Als Lucy schließlich in das kleine Zimmer mit ihrem schmalen Bett unter dem Fenster ging, wusste sie, dass auch dort ein Licht für sie brennen
Weitere Kostenlose Bücher