Tiffany Duo Band 128
derselbe Mann", sagte der Sheriff. „Das weiß ich hier", mit seinen großen Fingern deutete er auf seine Brust, „und hier." Er zeigte auf seinen kahlen Kopf.
„Nun gut", stimmte Lucy erschöpft zu. „Kann ich wenigstens noch ein paar Sachen aus dem Wohnwagen holen?"
„Ich schicke einen Deputy, der das für Sie erledigt." Der Sheriff erhob sich und sah John über Lucys Schulter hinweg an. „Wo waren Sie heute um Mitternacht, 00.15 Uhr, um genau zu sein?"
John zögerte. „Zu Hause", sagte er dann.
Der Sheriff nickte wissend. „Alleine, nehme ich mal an."
„Ja."
„Das ist sehr schade, Quaid." Langsam schüttelte er den Kopf. „Sie sollten häufiger ausgehen. Leute kennen lernen. Jedes Mal, wenn ich Sie frage, wo Sie waren, ist die Antwort dieselbe: Zu Hause, alleine."
Die Spannung im Raum war greifbar geworden, als Sheriff Maples sich an John direkt gewandt hatte. Lucy hielt es nicht mehr aus. Sie wandte sich um und schmiegte sich direkt in Johns Arme, ohne weiter nachzudenken.
Verdammt, sie sollte niemanden brauchen. Jahrelang hatte sie ihre Einsamkeit genossen, ihre Unabhängigkeit, das ständige von Ort-zu-Ort-Ziehen mit dem Jahrmarkt. Wie konnte ein einziger Mann das alles so schnell ändern? John schloss sie schützend in die Arme, und sie vergrub den Kopf an seiner Brust.
„So, dann ist es jetzt also doch eine Verabredung", flüsterte er ihr amüsiert zu, und für einen Moment gab es nur John und sie. Lucy schloss die Augen .und genoss das Gefühl, diesem Mann so nahe zu sein. Sein Duft, seine Wärme, seine Kraft - das alles sog sie in sich ein. „Miss Fain?"
Sie hob den Kopf und sah den Sheriff an. Er wartete, bis er ihre volle Aufmerksamkeit hatte. „Seien Sie sehr vorsichtig", sagte er dann.
Lucy ließ sich tiefer in die große Wanne des Motels sinken und spülte sich das Shampoo aus den Haaren. Sie konnte nicht verstehen, warum der Sheriff John für den Täter hielt. Sie war sicher nicht so dumm, Maples Warnung zu missachten, nur weil sie in dem Moment in Johns Armen gelegen hatte.
Und es lag auch nicht daran, dass John sie geküsst hatte. Lucy vertraute ihren Instinkten, und sie würde ihr Leben darauf verwetten, dass John kein Mörder war.
Allerdings durfte sie nicht vergessen, dass auch ihr Instinkt nicht unfehlbar war. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Paul nicht der freundliche liebevolle Mann war, für den sie ihn immer gehalten hatte. Sie hatte erst hinter seine Maskerade geblickt, als es schon zu spät war. Bei ihm hatte sie sich geirrt. Irrte sie sich auch in John?
Als das Wasser zu kalt wurde, stieg Lucy aus der Wanne und wickelte sich in ein flauschiges Badetuch. Sie spähte durch den Vorhang. Ein Streifenwagen parkte vor dem Fenster, und der Polizist darin winkte ihr beruhigend zu: Ein zweiter Deputy - ein älterer korpulenter - döste auf dem Beifahrersitz. Der einzige Weg in ihr Zimmer führte an den Polizisten vorbei und durch die Tür. Dennoch fühlte Lucy sich nicht sicher.
Die Sonne ging jetzt auf, und das bedeutete, dass es für sie Zeit war, ins Bett zu gehen. Doch selbst mit Licht und den Sonnenstrahlen würde es ihr schwer fallen, Schlaf zu finden - sie wusste, dass irgendwo da draußen ein Perverser nur darauf wartete, sie wieder in die Hände zu bekommen.
Lucys Blick fiel auf einen alten blauen Ford mit einer Delle in der Motorhaube, der auf der anderen Seite des Parkplatzes stand. John.
Sie lächelte und fühlte sich zum ersten Mal in dieser Nacht etwas ruhiger. Wenn John Quaid da war, würde kein verdammter Ripper sich in ihre Nähe trauen.
4
Samstagabend war es auf dem Jahrmarkt sowieso immer am lebendigsten, aber heute Nacht wollte wirklich jeder Bürger von Red Grove einen Blick auf die Frau werfen, die dem Ripper entkommen war. Lucy war langsam erschöpft, weil sie immer wieder dieselbe Geschichte erzählen musste.
Ein junger Deputy hielt bei ihr im Zelt Wache. Ohne groß erfolgreich dabei zu sein, versuchte er, unauffällig zu wirken. Deputy Mark Hopkins sah eher danach aus, als würde er noch zur Schule gehen, statt eine Waffe zu tragen. Er war zu jung und hatte ein viel zu hübsches Knabengesicht, um einschüchternd zu wirken. Lucy wusste, dass noch zwei weitere Polizisten sie aus der Ferne beobachteten und dass ein vierter den Eingang bewachte.
Als Lucy am späten Vormittag erwacht war, war Johns Auto verschwunden. Aber sie konnte auch nicht erwarten, dass er vierundzwanzig Stunden am Tag auf sie aufpasste.
Als er schließlich im
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