Tiffany Duo Band 77
möglich, Charlie die Treue zu halten.
„Ich denke, ich gehe jetzt besser. Wir sollten morgen möglichst früh anfangen." Brian erhob sich.
Sie ging ihm voran zur Wohnungstür, nahm seinen Mantel von der Garderobe und war mehr als erleichtert darüber, daß damit für heute das Problem der persönlichen Gespräche vom Tisch war.
Während Brian sich anzog, sah er sie an.
„Dieser Grant Edwards..." begann er vorsichtig.
„Ja?" fragte sie, schon wieder alarmiert, und wünschte, sie hätte Grant niemals getroffen.
Obwohl er sie bestimmt nicht verletzt oder sonst irgendwie schlecht behandelt hatte. Sie hatten sich nur nicht richtig verstanden. Wenn sie mit ihm zusammen war, hätte sie genauso gut auch allein sein können. Oder besser noch, sie kam recht schnell an den Punkt, wo es ihr sinnvoller erschien, ihre Zeit allein zu verbringen, als mit ihm. Er war sehr charmant und auch attraktiv gewesen und hatte keine Anstrengung gescheut, sie ins Bett zu bekommen.
Doch sie hatte keine Lust dazu gehabt. Er war nicht der Mann, den sie begehrte. Weil er nicht der war, der jetzt vor ihr stand.
Sie musterte Brian. Er trug Jeans und ein weißes Hemd, das seine bräunliche Hautfarbe vorteilhaft betonte.
Nein, Grant hatte ihm niemals das Wasser reichen können. Das war ihr von Anfang an klar gewesen. Sie hatte sich nur etwas vorzumachen versucht.
„Als ich vorgestern bei dir war..."
„Ja?"
„Du hattest sein Hemd an", drang er jetzt in sie, „und du... du sagtest, der Mann am Telefon sei..."
Shelly war es ein Rätsel, warum er so um den heißen Brei herumredete. Das war doch sonst gar nicht seine Art. „Du meinst, als ich sagte, es sei sein Hemd?" Sie wußte, worauf er hinauswollte. Sollte er ruhig noch ein bißchen zappeln. „Ja, das ist es auch."
Er überlegte einen Moment.
Warum interessierte ihn das alles bloß so brennend? Plötzlich wünschte sie sich, daß er noch bliebe. Doch sie unterdrückte diesen Wunsch sofort.
„Dann hattest du also etwas mit diesem Grant..."
„Was willst du eigentlich wissen, Brian?"
Er zögerte, auch das war ungewöhnlich für ihn. Shelly fand plötzlich Gefallen an der Vorstellung, ihn aus dem Gleichgewicht gebracht zu haben. Das war ihm weiß Gott bei ihr schon mehr als einmal gelungen.
„Was hat er dir bedeutet?" fragte er schließlich.
Nun hatte sie nicht mehr die Kraft für Ausweichmanöver, außerdem war sie sich sicher, daß Brian mittlerweile genau über die Gefühle, die sie für ihn empfand, im Bilde war. Also sagte sie es ihm. „Grant war ein Mann, von dem ich hoffte, er könnte mir helfen, einen anderen zu vergessen."
Kaum waren ihr die Worte entschlüpft, bereute sie sie auch schon. Auf einmal verspürte sie den dringenden Wunsch, allein zu sein. Wie müde sie doch war!
Sie wich seinem Blick aus, weil sie befürchtete, er könnte sich ihr nähern. Er durfte sie nicht berühren. Nicht jetzt. Aber dann sah sie ihn doch wieder an. Selbstbewußt stand er vor ihr. Selbstbewußt und stark. Er war nicht mehr der Junge, in den sie sich vor vielen Jahren verliebt hatte. Er war ein Mann. Vertrauenerweckend, fürsorglich, großzügig.
Shelly, seufzte und sah keinen Weg zu entkommen. Würde sie einen sehen, sie würde ihn gehen, dessen war sie sich sicher. Doch Brian versperrte ihr die Sicht.
„Und?" fragte er weich. „Ist es dir gelungen?"
„Nein", gab sie ohne zu zögern zu.
In seinen Augen brannte ein Feuer, dessen Intensität sie bis in ihre Zehenspitzen hinein zu spüren glaubte.
Jetzt kommt alles heraus, dachte sie. Über Jahre hinweg war es ihr bestgehütetes Geheimnis gewesen, doch das war jetzt vorbei.
Die Nacht, die sie zusammen verbracht hatten, hatte die von ihr so sorgfältig aufgerichteten Barrieren zum Einsturz gebracht. Sie war verletzbar geworden. Im Moment war sie erschöpft, traurig und hatte Angst. Deshalb hatte sie ihm nicht standhalten können und hatte sich preisgegeben.
Shelly versuchte, sich zusammenzureißen, so gut es ging. Sie würde nicht weinen. Doch sie würde ihm auch nichts erklären.
Sie senkte den Kopf und kämpfte mit ihren Tränen. Es gelang ihr nicht, ihnen Einhalt zu gebieten. Sie rannen ihre Wangen hinab, so unaufhaltsam, wie heute der Regen den ganzen Tag über die Windschutzscheibe geströmt war.
Ihr erschien es so, als würde die ganze Welt heute nacht weinen.
Brian machte einen Schritt auf sie zu. Sie bemerkte es und versuchte, sich zu wappnen für das, was gleich kommen würde. Doch sie irrte sich. Sie hatte
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