Tiffany Duo Band 77
jeden Verdacht, den wir haben, mitteilen. Vielleicht weiß ja auch Maureen etwas über seine finanziellen Angelegenheiten. Immerhin war sie seine Sekretärin."
„Ich habe sie schon gebeten nachzusehen. Sie wollte es heute im Laufe des Nachmittags tun."
Er sah auf die Uhr. Es war halb neun, noch nicht zu spät, um Maureen anzurufen. Vielleicht hatte sie ja etwas herausgefunden. „Hast du ihre Privatnummer?"
Shelly holte ihr Notizbuch aus der Handtasche und schrieb die Nummer auf einen Zettel, den sie ihm gab. „Hier."
„Ich rufe gleich hier vom Auto aus an", erklärte er ihr, da er sich erinnerte, daß der Einbrecher in Shellys Wohnung das Telefonkabel herausgerissen hatte. „Ich komme dann nach."
„Alles klar. Ich fange schon mal an zu packen."
Shelly stand vor ihrer Wohnungstür und fummelte mit dem Schlüssel herum, bis ihr auffiel, warum er nicht ins Schloß passen wollte. Ihre Hände zitterten wie Espenlaub. Sie war erschöpft. Sie fühlte sich krank. Sie hatte Angst. Ihr Apartment war ein Trümmerhaufen. Ein guter Freund war tot. Und sie mußte schon wieder eine Nacht in Brian Sandelles Haus verbringen.
Endlich gelang es ihr aufzuschließen. Nachdem sie das Licht angeknipst und ihre Schlüssel auf den Küchentresen geworfen hatte, sah sie sich um. Nein, sie konnte es noch immer nicht glauben, daß ihr irgend jemand dies hier angetan hätte. Großer Gott, wie sah es hier nur aus!
Shelly schauerte zusammen. Obwohl sie sich feige vorkam bei dem Gedanken, wünschte sie sich sehnlichst, Brian möge so schnell wie möglich heraufkommen. Es war ihr unheimlich, so allein inmitten all der Verwüstung. Nichts war mehr an seinem Platz, und sie hatte heute noch nicht die Zeit gefunden, irgend etwas aufzuräumen. Sie erkannte ihr Apartment kaum wieder.
Plötzlich überkam sie ein komisches Gefühl. Als hätte der Mann absichtlich etwas zurückgelassen, das sie daran erinnern sollte, daß er dagewesen war.
Nun, da brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Die ganze Sache würde sie bestimmt nicht so schnell vergessen.
Er hatte gewußt, wo sie wohnte.
Und er mußte geargwöhnt haben, daß sich etwas, das Charlie gehört hatte, jetzt in ihrem Besitz befand. Etwas, das er dringend brauchte.
Himmel, war ihr unheimlich zumute! Rasch faßte sie einen Entschluß und schnappte sich ihre Wohnungsschlüssel von der Küchentheke. Nein, hier konnte sie nicht allein bleiben. Schnell drehte sie das Licht aus, hastete aus dem Wohnzimmer hinaus und...
„Ahhh", kreischte sie, wobei sich ihre Stimme vor Entsetzen überschlug. Ein Mann stand direkt vor ihr und schnitt ihr den Weg ab. Sie erstarrte.
„Sschhh", hörte sie jemanden zischen.
„Grant?" fragte sie entgeistert. „Mein Gott, hast du mich erschreckt." Sie wich zurück bis zur Wohnzimmertür. „Was tust du hier? Wie kommst du hier rein?"
Grant hier in ihrem Apartment! War sie jetzt schon verrückt geworden? Nein. Dann kam ihr ein erschreckender Gedanke. War er womöglich derjenige, der für die Verwüstungen in der Firma, bei Charlie und bei ihr verantwortlich war?
Ausgeschlossen, das konnte nicht sein. So gut kannte sie Grant immerhin. Außerdem hatte er versucht, sie zu warnen. Gewiß wußte er etwas, doch so weit würde er niemals gehen.
Und dennoch war er hier. Er hatte sich gewaltsam Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft.
„Hast du schon von Charlie gehört?" fragte sie und bemühte sich, das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Sie mußte ihn ablenken und versuchen, ihn festzuhalten, bis Brian hier war. Es konnte sich ja nur noch um wenige Minuten handeln. Wenn Brian kam, dann... Oh, Gott. Was sollte sie nur tun? Ihre Gedanken rasten. Immerhin würden sie zwei gegen einen sein. Wenn er nur endlich käme...
Er sieht miserabel aus, dachte Shelly. Sie hatte ihn im ersten Moment kaum erkannt, so sehr hatte er sich verändert, seit sie ihn zum letztenmal gesehen hatte. Als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Um sein Kinn lagen bläuliche Schatten, er bedurfte dringend einmal wieder einer Rasur. Und dieses seltsame Flackern in seinen Augen... Was war nur los mit ihm? Er sah aus wie ein ängstliches, in die Enge getriebenes Tier.
„Charlie ist tot, Grant", begann sie wieder und kämpfte schon allein damit, daß sie nur redete, gegen ihre Angst an.
Körperlich würde sie keine Chance gegen ihn haben, soviel stand fest. Sie mußte ihn also überlisten. Ihre Gedanken wirbelten herum. Kreuz und quer. Er stand zwischen ihr und der Wohnungstür. Sie saß in
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