Tiffany Duo Band 77
der Falle und konnte nicht entkommen. Wenn ihr jetzt nicht gleich etwas einfiel, um ihn abzulenken, seine Aufmerksamkeit zu fesseln, dann...
Jetzt kam Shelly auf eine Idee.
„Ich kann's noch immer nicht glauben, daß Charlie..." Sie brach ab und stieß einen tiefen, zitternden Seufzer aus.
Erst wollte es ihr nicht richtig gelingen, die Angst vor Grant saß ihr zu stark im Nacken, doch dann entrang sich ihrer Kehle ein Schluchzen und eine Träne rollte ihre Wange hinab. Gleich darauf noch eine. ,,...daß Charlie tot ist." Wieder ein Schluchzer und neue Tränen.
Das Beben in ihrer Stimme war nicht vorgetäuscht und auch nicht das Zittern ihrer Hände, es erwuchs aus der Furcht vor diesem so bedrohlich wirkenden Mann, der da vor ihr stand. Doch es bedurfte all ihrer Entschlossenheit und ihrer schauspielerischen Fähigkeiten, sich nun mit einem Aufschluchzen in seine Arme zu werfen.
Sie barg sein Gesicht an seiner Schulter und klammerte sich an ihn. Nahm er ihr das Theater ab? Sie hoffte inständig, daß es ihr gelänge, anstelle seiner Aggressionen seinen Beschützerinstinkt zu wecken, bis Brian kam. In Kürze würde er hier sein.
Grant stand stocksteif da, so hatte er sich das alles anscheinend nicht vorgestellt. Sie bemerkte seine Verunsicherung und preßte sich noch enger an ihn. Da spürte sie einen harten Gegenstand in seiner Hose.
Erregte ihn diese Situation so sehr? Das konnte doch nicht sein. Dann allerdings blieb nur noch die Möglichkeit, daß er eine Pistole in seiner Hosentasche bei sich trug.
Ein Angstschauer überlief sie, aber das war in Ordnung. Es paßte zu dem Bild des Jammers, das sie im Moment absichtlich abgab. Sie verstärkte ihr Schluchzen.
„Ich kann... es... einfach.., nicht fassen."
„Was ist denn eigentlich passiert?" fragte Grant vorsichtig. „In der Zeitung stand, es sei ein Unfall gewesen."
„Ja", schluchzte sie. „Ein Unfall. Es sieht Charlie gar nicht ähnlich, so unvorsichtig zu sein. Das war er noch nie. Aber..."
„Was?" Grant war offensichtlich scharf auf weitere Informationen.
„In letzter Zeit war er einfach nicht mehr er selbst." Shelly umklammerte Grant und drückte sich eng an ihn. Sie mußte ihn bei der Stange halten. Noch ein klein wenig... Mittlerweile war sie sich sicher, daß er einen Revolver in der Tasche hatte. Solange sie so nah bei ihm stand, würde es ihm nicht gelingen, ihn schnell genug herauszuziehen, wenn Brian auftauchte. „Charlie hat sich so... seltsam benommen. So... geistesabwesend."
„Wirklich?"
„Ja. Wahrscheinlich wegen Marion. Ihr geht es sehr schlecht in letzter Zeit, und ich denke, Charlie hat sich schreckliche Sorgen um sie gemacht. Vielleicht... vielleicht ist er deswegen an diesem Tag von der Brücke gestürzt. Einfach nicht aufgepaßt, oder sowas..."
„Ja", stimmte Grant eifrig zu. „So wird es gewesen sein."
„Ein falscher Schritt.., oder er ist ausgerutscht - es hatte ja geregnet an dem Tag..."
„Genau.”
Shelly begann wieder zu schluchzen und klammerte sich an ihn.
Sie vernahm ein klickendes Geräusch, so, als würde eine Tür ins Schloß fallen, und versuchte, über seine Schulter hin zur Wohnungstür zu spähen, doch er stand so, daß sie sie nicht in den Blick bekam.
Grant lauschte den Bruchteil einer Sekunde lang. Er hatte es auch gehört, machte sich halb von ihr los und drehte sich um.
„Tut mir leid, daß ich störe." Das war Brian. „Aber die Tür stand offen, und so dachte ich..."
Er schaute von Shelly zu Grant und wieder zurück. Was er sah, gefiel ihm nicht. Nein, es gefiel ihm ganz und gar nicht.
„Ich glaube nicht, daß wir uns kennen." Brian streckte eine Hand aus und hielt sie Grant, in dessen Augen sich Argwohn spiegelte, zur Begrüßung hin. „Brian Sandelle."
„Grant Edwards." Grant nahm Brians Hand, schüttelte sie kurz, legte dann Shelly den Arm wieder um die Taille und zog sie eng an sich. „Shelly und ich sind alte Freunde."
„Wie man sieht." Brian preßte die Kiefer so fest aufeinander, daß Shelly sich fragte, wie es ihm überhaupt möglich war, ein Wort herauszubekommen. Interessant, dachte sie. War er eifersüchtig?
Schnell trat sie einen Schritt beiseite. Wie konnte sie ihn nur warnen?
Pistole. Sie sah Brian eindringlich an, formte das Wort mit den Lippen und zeigte dabei auf Grants Hosentasche.
„Du hast mich getäuscht, du Miststück." Grant hatte es bemerkt, wirbelte zu Shelly herum und stürzte sich auf sie. Er umklammerte sie mit der einen Hand und zog mit der
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