Tiffany Duo Band 77
beginnen, sich Hoffnungen zu machen, würde sich einreden, nun, nachdem Rebecca nicht mehr da war, hätte sie eine zweite Chance, sein Herz zu erobern. Sie hatte schon so viel Zeit darauf verschwendet, auf ihn zu warten. Allein bei dem Gedanken daran fühlte sie sich alt.
„Shelly?"
Sie beging den Fehler, ihm in die Augen zu sehen. Noch nie war sie imstande gewesen, ihm etwas abzuschlagen. Das einzige Problem war, daß er sie so selten um etwas bat. Nun begann sie mit sich selbst zu handeln. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Gut, sie würde mitfahren. Sie wollte die Zeit für sich nutzen und das ganze als einen vielleicht. etwas ungewöhnlichen, aber dennoch endgültigen Abschluß betrachten. Sie würde diese Sache zu Ende bringen, ihre Liebe zu ihm ein für allemal begraben. Dann endlich würde sie ein neues Leben beginnen können, ein Leben ohne ihn.
„Also gut", willigte sie schließlich ein. „Ich komme mit."
2. KAPITEL
Nach ihrer Entscheidung konnte Shelly gar nicht schnell genug aus der Küche kommen. Verblüfft schaute Brian ihr nach.
Er fragte sich, ob er sie vielleicht irgendwie gekränkt hatte. Doch er konnte sich um nichts in der Welt vorstellen, was das hätte sein können. Sie waren schon immer Freunde gewesen. Mehr als das - im Grunde genommen hatte er sie immer als die kleine Schwester betrachtet, die er niemals gehabt hatte.
Er sah sie noch immer vor sich, wie sie war, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Ein dünnes kleines Mädchen mit aufgeschürften Knien und großen traurigen Augen. Als sie ihre Mutter, die an Krebs gestorben war, verlor, war sie erst sechs Jahre alt gewesen. Und er hatte immer das Bedürfnis gehabt, Shelly etwas Gutes zu tun, sie über den großen Verlust, der sie so früh getroffen hatte, hinwegzutrösten.
Ihr Vater hatte alle Hände voll zu tun damit, die Sorge für seine kleine Tochter und seine Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Nach dem Tod seiner Frau nahm er bei Brians Eltern eine Stelle als Gutsverwalter an und lebte mit Shelly in dem geräumigen Gästehaus auf ihrem großen Grundstück in Tallahassee.
Manchmal zockelte Shelly mit, wenn ihr Vater irgendwo auf dem Gelände zu tun hatte. Oder sie hielt sich in der Küche von Brians Eltern auf, wo sie mit dem Koch scherzte. Die meiste Zeit jedoch verbrachte sie mit Brian. Eigentlich war sie fast immer überall dabei. Er war elf, als sie mit ihrem Vater in das Gästehaus zog, und es schien ihm, als ob sie schon immer ein Teil seines Lebens gewesen war.
Gleich nach der Highschool hatte sie Tallahassee verlassen, um in North Carolina aufs College zu gehen. Wegen des Stipendiums behauptete sie damals, doch er fragte sich, was sie wohl in Wirklichkeit dazu bewogen hatte, den Ort, der ihr Zuhause gewesen war, zu verlassen. Nachdem sie erst einmal fortgewesen war, hatte sie sich nur noch sehr selten blicken lassen, und er hatte niemals verstanden, warum.
Als er sie hier in Naples wieder traf, hatte er sich sehr gefreut. Sie arbeitete, ebenso wie er nun auch, für einen alten Freund seines Vaters. Brian wußte, daß sie nach dem Tod ihres Vaters allein dastand, und er wollte nicht, daß sie einsam war. Deshalb hatte er sich vorgenommen, die alte Freundschaft von früher wieder aufzufrischen.
Natürlich war es egoistisch von ihm, sie dazu zu benutzen, besser über Rebeccas Hochzeit hinwegzukommen, aber sie war nun einmal die engste Freundin, die er jemals gehabt hatte. Und er brauchte sie jetzt. Er konnte ihr alles erzählen; das war schon immer so gewesen zwischen ihnen. Es gab eine Vertrauensbasis, die durch nichts erschüttert werden konnte. Er hatte niemals Geheimnisse gehabt vor ihr. Und sie wußte alles über seine Beziehung zu Rebecca. Wenn es überhaupt jemanden gab, der verstehen konnte, was ihn im Augen blick bewegte, dann war sie es.
Es gab Momente, da fragte er sich, ob es nicht vielleicht ein Fehler sein würde, bei der Trauung dabeizusein. Doch er mußte es einfach tun. Wenn Rebecca Harwell entschlossen war, einen anderen zu heiraten, dann würde er dafür sorgen, daß sie auf ihrem Weg zum Altar an ihm vorbeigehen mußte. Und er würde ihr in die Augen sehen. Natürlich beabsichtigte er nicht, auf der Hochzeit irgendein Theater zu veranstalten - nein, so ein Mann war er gewiß nicht - doch er würde da sein. Unübersehbar.
Er konnte es noch immer nicht glauben, daß Rebecca letztendlich wirklich das durchzog, was sie sich vorgenommen hatte. Er hatte die Tage bis zu dem Hochzeitstermin
Weitere Kostenlose Bücher