Tiffany Duo Band 77
nicht, ob..."
Shelly, die geschrien hatte, um das Motorengeräusch zu übertönen, hielt irritiert inne. Im Innenraum der Maschine herrschte plötzliche Stille, und sie verloren an Höhe.
„Sind wir doch schon da?”
„Nein."
Zu ihrer Rechten sah sie eine wattigweiße Wolke vorbeiziehen, ansonsten war der Himmel strahlend blau, doch irgend etwas in Brians Tonfall ließ sie aufhorchen. Sie wandte sich zu ihm um.
Er hatte seine Hand aus ihrer genommen und drehte, innerlich vor sich hinfluchend, hektisch an den Schaltknöpfen am Instrumentenbrett.
Offensichtlich gab es ein Problem.
„Stimmt etwas nicht?"
„Der Motor spinnt", erwiderte er kurz angebunden und konzentrierte sich auf die Anzeigetafeln.
Sie sagte nichts mehr, dann überfiel sie ein schrecklicher Gedanke. Sie war noch nie in einem so kleinen Flugzeug geflogen, sie wußte nicht...
„Wie viele Motoren haben wir?"
„Einen."
„Einen?" Shelly stockte der Atem. Ihr Magen schmerzte plötzlich, und sie drückte fest mit einer Hand dagegen. Dabei sah sie aus dem Seitenfenster. Natürlich, erinnerte sie sich jetzt, nur große Maschinen haben zwei oder vier Motoren. Übelkeit stieg in ihr auf, und sie sah sich nach einer Tüte für den Notfall um, entdeckte jedoch keine und gab ihre Suche auf.
Wie lange es wohl dauern würde, bis sie abstürzten? Wahrscheinlich flogen sie gar nicht so hoch, wie es ihr erschien. Sie hatten den Weg an der Küste entlang genommen, bevor sie vor ein paar Minuten ins Inland Richtung Tallahassee abgebogen waren.
„Wir verlieren an Höhe."
„Ich weiß." Seine Stimme war ruhig.
„Schaffen wir es noch bis Tallahassee?" fragte sie und bemühte sich, die Angst, die in ihr hochstieg, zurückzudrängen.
„Nicht, wenn der Motor ganz schlappmacht."
Was im selben Moment passierte.
Im Innenraum des kleinen Fliegers herrschte absolute Stille, die lauteste Stille, die sie jemals erlebt hatte.
Brian versuchte, den Motor wieder zu starten, doch der stotterte und spuckte nur ein paarmal und starb dann wieder ab. „Siehst du da unten irgend etwas, wo ich notlanden könnte?" fragte er und betätigte verschiedene Schalthebel.
Shelly sah Bäume, nur Bäume - dicke, dünne, kleine, große...
„Machst du Witze?"
„Dazu ist mir im Moment die Lust vergangen."
Ihr war wohl klar, daß, sollte es ihm nicht gelingen, die Maschine ohne Motor einigermaßen sanft nach unten zu bringen, sie unweigerlich abstürzen würden. Doch sie war augenblicklich nur damit beschäftigt, ihre Übelkeit zu bekämpfen.
Dann sah sie wieder in die Tiefe. O Gott, wie sollten sie da jemals heil runterkommen. Überall waren Bäume. Sie hatten doch gar keine Chance!
„Stürzen wir ab?" Sie wunderte sich, daß sie noch immer verhältnismäßig ruhig war.
„Nein, es wird nur keine besonders weiche Landung werden."
Er scherzte. Natürlich, er scherzte. Wie konnte er in einem solchen Moment noch Witze reißen? Wie schaffte er es, noch immer so verdammt gelassen zu sein?
Ihnen würde etwas viel Schlimmeres passieren als eine harte Landung, etwas viel, viel Schlimmeres, dessen war sich Shelly mittlerweile sicher. Merkwürdig, wie gleichmütig man letzten Endes einer ausweglosen Situation entgegensehen konnte.
Sollte sie ihm gestehen, daß sie ihn schon immer geliebt hatte? So oft hatte sie sich gefragt, wie es wohl wäre, mit ihm über die Gefühle zu sprechen, die sie für ihn empfand. Shelly wartete darauf, daß ihr ganzes Leben noch einmal kurz vor ihrem geistigen Auge aufblitzte. Hatte sie nicht schon oft gehört, daß das bei Menschen, die dem Tod geweiht waren, geschah? Doch es passierte nichts.
„Verflucht noch mal, nichts als Bäume", hörte, sie stattdessen Brian sagen.
Und dann bekam sie wirklich Angst.
Brian gab über Funk sein Problem durch und die Position, in der sie sich im Moment befanden. Dann blickte er wieder nach unten. Bäume, Bäume. In Bäumen kann man nicht landen.
„Können wir nicht zurück zum Meer?"
„Nein."
„Wie weit sind wir vom Flughafen entfernt?"
„Zu weit.”
Vielleicht sollte sie ihm doch sagen, daß sie ihn liebte? Was machte es jetzt schon noch aus? Andererseits, was hätte es für einen Sinn? Sie würden so oder so keine gemeinsame Zukunft haben.
Shelly entschloß sich, zu schweigen und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Meer von Baumwipfeln, das sich unter ihnen ausbreitete. Sie näherten sich rasch.
Die Maschine trudelte abwärts, und Brian wandte all seine Mühe auf, sie einigermaßen
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