TIFFANY EXKLUSIV Band 05
oscargekrönter Film hätte sie nicht mehr fesseln können als ihre Erinnerungen. Sie konnte sich stundenlang immer wieder ins Gedächtnis rufen, wie Kyle und sie sich liebkost hatten. Wie ihre Lippen seine Brust geküsst hatten und er ihre Brüste gestreichelt hatte. Hör auf!, befahl sie sich, stand auf und zog die Jalousien in ihrem Apartment auf. Dann drehte sie sich um und betrachtete es kritisch. Es war ein wenig unaufgeräumt, aber keineswegs in dem Zustand, den sie hatte erreichen wollen. Es entsprach einfach nicht ihrem Charakter, sich gehen zu lassen.
Außer wenn sie mit Kyle zusammen war. Bei Kyle konnte sie sich fallen lassen und ihren Verstand ausschalten, Verpflichtungen und Anstand vergessen und sich dem reinen Vergnügen hingeben.
Sie nahm einen Keks aus der Bugs-Bunny-Keksdose auf dem Küchentresen. Das war ein Geschenk von Haley, doch waren bisher noch nie Kekse in der Dose gewesen. Sie biss einmal ab und warf den Keks wieder zurück in die Dose. Dann öffnete sie ihre Schränke und suchte nach einer Dose Suppe. So viel zu ihrem Versuch, nicht mehr das brave Mädchen zu spielen. Es gelang ihr einfach nicht. Wenn man übermäßigen Fernsehkonsum nicht mitzählte, war das einzige Schlimme, was sie je in ihrem Leben getan hatte, der One-Night-Stand mit Kyle Sanders gewesen.
Aber selbst dabei hatte sie ständig den Eindruck gehabt, ihre Gefühle für Kyle würden dem Sinn einer Affäre für eine Nacht zuwiderlaufen. Es war ihr höchstens ein paar Sekunden lang gelungen zu glauben, dass sie mit Kyle schlafen könnte, ohne den Wunsch nach einer ernsten Beziehung mit ihm zu haben. Dann hatte die Realität sie eingeholt.
War ein One-Night-Stand noch ein One-Night-Stand, wenn man auf eine zweite Nacht hoffte? Und wie lange mussten Nacht Nummer eins und Nacht Nummer zwei auseinanderliegen, damit es zwei verschiedene Affären waren? Wenn man bloß alle paar Jahre bei Vollmond, in Monaten ohne R, mit dem erotischsten, leidenschaftlichsten Mann schlief, der einem je begegnet war, und alle diese Male zusammenzählte – konnte man es dann eine Beziehung nennen? Und was sollte man in der Zwischenzeit machen?
Sie könnte einen netten, sanftmütigen Mann heiraten. Nicht, dass es da in den letzten Jahren irgendeinen Kandidaten gegeben hätte. Doch jetzt, nachdem sie sich hoffnungslos in Kyle verliebt hatte, würde das Schicksal vermutlich schon aus purer Gemeinheit dafür sorgen, dass ihr ein herzensguter Softie über den Weg lief. Wer immer das auch sein mochte – würde er ihre Fantasie und ihre Sinnlichkeit so entflammen können wie Kyle? Nein. Daher war es besser, allein zu leben und keinen anständigen, netten Mann unglücklich zu machen. Stattdessen würde sie sich lieber eine Katze anschaffen. Die Leute wollten einer alleinstehenden Frau ständig eine Katze aufschwatzen, und irgendwann würde sie einfach nachgeben. Außerdem mochte Kyle Katzen. Vielleicht würde sie von ihm Tipps über Katzen brauchen. Dann hätte sie einen Grund, ihn anzurufen.
Verdammt!
Vielleicht sollte sie einen Spaziergang durch einen der Parks von Atlanta unternehmen. Letztes Wochenende hatte es ihr auch gutgetan, draußen an der frischen Luft zu sein. Mit Kyle …
Sie hatte sich gerade ihre Autoschlüssel geschnappt, als das Telefon klingelte. Hastig nahm sie den Hörer ab. Doch am anderen Ende der Leitung meldete sich nur Brandi.
„Ach, hallo Brandi.“ Laura gab sich Mühe, nicht allzu enttäuscht zu klingen.
„Tut mir ja leid, dass ich Sie stören muss, aber einige von uns fragen sich, ob Ihnen eine Abschiedsparty gefallen würde.“
Etwas Schrecklicheres konnte sie sich kaum vorstellen. Schon vor ihr hatten Leute Harris Associates verlassen, um ihr eigenes Unternehmen zu gründen oder weil sie bessere Angebote bekommen hatten. Das waren in ihren Augen passende Anlässe für eine Abschiedsparty. Aber sollte man es feiern, wenn man ging, weil es einem in der Firma nicht mehr gefiel? Und wo würde Kyle sein, wenn die Party stieg? Würde er krampfhaft versuchen, eine Begegnung zu vermeiden?
Sie sagte so höflich wie möglich ab, erkundigte sich nach Tricia, die im Mutterschutz war, und kündigte an, dass sie irgendwann nächste Woche wiederkommen würde, um ihre Unterlagen zu übergeben und ihren Schreibtisch auszuräumen.
Für die nächste Frau, die bei Harris Associates arbeitete, würde es leichter werden, davon war Laura überzeugt. Auf der Rückfahrt nach Atlanta hatte sie überrascht festgestellt, dass Harris genau
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