Tiffany Exklusiv Band 06
verwirklichen will, nur haben wir unsere Mutter so gut wie nicht mehr gesehen. Sie stand normalerweise vor uns auf, und selbst wenn sie nicht auf Reisen war, kam sie erst spät in der Nacht heim.“
Er erinnerte sich wieder an die Streitereien seiner Eltern. Manches, was sie sich an den Kopf geworfen hatten, würde er wohl nie vergessen.
„Verdammt, Eleanor, deine Kinder brauchen dich.“
„Ich sorge für sie.“
„Ich etwa nicht? Meinst du das?“
„Ich habe nie behauptet, dass du kein guter Vater bist.“
„Nur ein schlechter Ernährer, was?“
Morgan schüttelte den Kopf, als könnte er dadurch die Erinnerungen vertreiben. „Ich habe ihre Kräche mitbekommen. Raina und Will waren noch zu jung, aber ich wusste noch, wie es früher gewesen war. Ob du es glaubst oder nicht, wir waren deiner Familie nicht unähnlich. Doch dann hat sich alles verändert. Ich habe jede Nacht gebetet, dass sie endlich damit aufhören und einer von ihnen die Scheidung einreicht.“
Jill drückte seine Hand. „Deine Gebete wurden erhört.“
„Oh, und wie sie erhört wurden. Ich war elf Jahre alt. Es war zwei Tage vor Weihnachten, und meine Mutter kam früher als sonst von der Arbeit. Wir haben zusammen den Baum aufgestellt, und ich konnte mich nicht erinnern, sie in letzter Zeit so glücklich gesehen zu haben. So gelächelt hatte sie nicht mehr, seit Will geboren worden war, und für eine kurze Zeit hoffte ich, dass sich alles wieder einrenkt.“
„Aber dem war nicht so?“
„Als sie uns mitteilte, dass wir nach Kalifornien umziehen, hat sie kaum ihren Aktenkoffer abgestellt. Sie war mittlerweile für ein großes Projekt verantwortlich und übernahm deshalb das Büro in Los Angeles. Dad hat nicht eine Sekunde gezögert, er hat sich einfach geweigert, nach Kalifornien zu gehen. Sie haben sich noch einige hässliche Dinge gesagt, und dann ist sie einfach verschwunden. Wir haben sie erst wiedergesehen, als sie uns ein halbes Jahr später nach Kalifornien geholt hat.“
Jill setzte sich vor ihn und nahm sanft sein Gesicht in ihre Hände. „Es tut mir so leid, Morgan.“
„Es ist lange her.“
Sie blickte ihn voller Mitgefühl an. „Scheidungen treffen die Kinder immer am härtesten.“
Er lachte, aber in seinem Lachen schwang seine alte Bitterkeit mit. „Das stimmt. Meine Mutter hat nichts mit uns zu tun haben wollen, und das hat sie uns auch spüren lassen. Sie hat überhaupt nur um das Sorgerecht gekämpft, um es unserem Vater zu zeigen. Sie wollte ihm beweisen, dass sie die Erfolgreichere war, und zwar in jeder Hinsicht.“
„Aber sie hat euch aufgezogen.“ Jill konnte auch die Frau verstehen, die den Mann bestrafen wollte, der sie abgelehnt hatte. „Das zählt doch auch, oder?“
„Sie hat Leute bezahlt, die das für sie erledigt haben. Aber eine Mutter hatten wir nicht. Wir hatten eine Haushälterin, die kaum Englisch sprach.“ Er lächelte. „Isabella hat uns Spanisch beigebracht und wir ihr Englisch. Wir hatten sehr anregende Gespräche.“
Jill seufzte und kniete sich vor ihm hin. Einen Arm legte sie um seine Hüfte. „Du hast also auch ein paar schöne Erinnerungen.“
Er strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ja, sicher. Aber mir geht es darum, dass ich diese Erlebnisse gern mit meiner eigenen Familie gehabt hätte. Ich habe so viele Ehen zerbrechen sehen. Die Hälfte meiner Angestellten ist inzwischen geschieden, und es ging immer um dasselbe. Unterschiedliche Lebensvorstellungen. Die Leute wollen sich selbst verwirklichen, und die Kinder müssen darunter leiden.“
„Und du denkst, ich bin auch so oberflächlich?“
„Am Anfang schon“, räumte er ehrlich ein. „Aber je besser ich dich kennengelernt habe, besonders deine Familie …“ Er seufzte. „Ich bin weder blind noch verbohrt. Du bist so gar nicht wie meine Mutter. Du hast eine Güte in dir, die sie nie besessen hat. Ich glaube dir, dass deine Karriere wichtig für dich ist, aber ich sehe auch, wie liebevoll du mit deinen Nichten und Neffen umgehst. Das habe ich bei meiner Mutter selten erlebt. Wahrscheinlich hat sie uns tatsächlich auf eine merkwürdige, distanzierte Art geliebt, aber sie zeigte kaum Gefühle. Sie hat uns versorgt, aber nicht aufgezogen.“
Jill strich mit ihren Handflächen über seinen Oberschenkel und lächelte ihn spitzbübisch an. „Reden wir eigentlich gerade darüber, doch eine Beziehung einzugehen?“
Er legte ihr seine Hände auf die Schultern. „Seit ich dich kenne, möchte ich meine
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