Tiffany Extra Band 03
konnte ihn nicht wegen seiner Beziehung zu Ben mit Samthandschuhen anfassen. Oder wegen ihrer eigenen Beziehung zu Ben.
Ihre Gefühle waren ein einziges Chaos, aber sie würde sich trotzdem eisern an die Regeln halten.
Joanna fühlte sich hin- und hergerissen. Sie empfand sehr viel für Ben, auf jeden Fall mehr als nur sexuelles Verlangen – als ob Sex nicht schon kompliziert genug wäre. Aber hier war sie im Einsatz, sie musste ihren Job machen. Höchstwahrscheinlich würde es zu mehreren schwerwiegenden Anklagen gegen Bens besten Freund kommen.
Auf keinen Fall durfte ihre Arbeit in irgendeiner Weise von ihrer Beziehung zu Ben beeinflusst werden.
„Hör zu, ich muss jetzt in die Küche, mit Charlie reden, und dann muss ich ihn nach San Antonio bringen lassen. Das verstehst du doch, oder?“ Cal Stivers war immer noch auf der Ranch, und es wäre wohl auch das Beste, wenn er dort bliebe, bis alles vorbei war.
Dass sie Charlie geschnappt hatten, hieß ja nicht, dass es dort ungefährlich war.
Joanna stand auf und verzog vor Schmerz das Gesicht, als sie mit ihrem vollen Gewicht auf den Füßen stand.
„Du musst dir aber vorher anhören, was er zu sagen hat“, forderte Ben.
„Natürlich. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er viel zu sagen hat. Ich meine, er hat auf uns geschossen, Ben“, erwiderte sie. „Oder zumindest auf mich. Wahrscheinlich hat er auch das Feuer gelegt oder weiß, wer es getan hat. Wir müssen herausfinden, wie tief er in dieser Sache drinsteckt. Wenn er genug weiß, kann er vielleicht vor Gericht einen Deal aushandeln, aber um eine Gefängnisstrafe wird er nicht herumkommen.“ Es hatte keinen Sinn, die Dinge zu beschönigen.
Ben schwieg. Schließlich nickte er.
„Für mich ist Charlie wie ein Bruder. Es muss eine Erklärung geben.“
Zögernd streckte Joanna die Hand aus und legte sie auf Bens Schulter. Er zögerte ebenfalls, bevor er seine Hand auf ihre legte.
Das Herz tat ihr weh, denn der Moment fühlte sich an wie ein Abschied.
„Also, Charlie, wie lange machst du da schon mit, und für wen arbeitest du? Das müssen wir unbedingt wissen.“ Joanna saß am Küchentisch. Sie hatte Charlie nicht aus seinen Handschellen befreit.
Er sah erbärmlich aus. Die Kleidung voller Schmutz, das Gesicht aufgeschürft, das Hemd zerrissen. Er wich Joannas Blick aus.
„Du verstehst das nicht. Ich hatte nicht vor, irgendjemanden zu verletzen, nicht ernsthaft“, sagte er.
„Wozu dann das geladene Gewehr auf dem Rücksitz?“, erwiderte Joanna. „Hast du auch das Feuer bei den Callahans gelegt?“
Charlie nickte stumm.
Es stellte sich heraus, dass Charlie aus Verzweiflung gehandelt hatte, weil er Ben unbedingt davon abbringen wollte, vor Gericht gegen den Mörder auszusagen, den er beobachtet hatte. Charlie war durch seine Kriegsverletzung abhängig von Schmerzmitteln geworden. Was man ihm auf Rezept gewährte, hatte nicht mehr ausgereicht. Er hatte sich mit einem Straßendealer eingelassen und wäre wohl in der Gosse gelandet, wenn Ben ihn nicht besucht und ihm einen Job angeboten hätte. Da er sich aufgrund seiner Invalidität und seiner früheren Drogensucht minderwertig fühlte, wollte er auf keinen Fall, dass jemand etwas von diesem Teil seiner Vergangenheit erfuhr. Dadurch war er erpressbar geworden. Die Hintermänner des Rings, für den der Mörder arbeitete, hatten Charlie unter Druck gesetzt, Ben zum Verzicht auf seine Aussage zu bewegen.
Joanna wandte den Blick ab. Das war absolut nicht das, was sie erwartet hatte.
„Du hättest Joanna töten können, Charlie“, sagte Ben. „Die Kugel ist nur ganz knapp an ihr vorbeigegangen!“
Joanna war überrascht, wie viel unterdrückte Wut in seiner Stimme mitklang.
„Ich hatte solche Angst um Lisa und um die Kinder. Und davor, dass sie alles über meine Vergangenheit herausfinden. Denn dann wollen sie bestimmt nichts mehr mit mir zu tun haben.“
Ben schaute Joanna an, und sie zog den Schlüssel aus der Hosentasche und gab ihn ihm. Ben ging zu Charlie und befreite ihn von den Handschellen.
„Okay, wer genau hat dich bedroht?“, fragte Joanna, und zu Ben gewandt: „Kannst du Lisa anrufen? Sie soll die Kinder nehmen und sofort herkommen.“
„Nein, ich will nicht, dass sie etwas erfährt!“, protestierte Charlie.
„Es wird Zeit, dass du den Leuten reinen Wein einschenkst, die du belogen hast, auch Lisa.“ Joanna schaute Charlie eindringlich an. „Du hast nicht nur Ben und mich, sondern auch sie und die Kinder
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