Tiffany Extra Band 03
Leben Bescheid wusste.
Sie war sich nicht sicher, wie er auf Calebs Besuch reagieren würde. Weder er noch Sam hatten Patrick gemocht – was bewies, dass sie ein Dummkopf war, oder? Warum hatten die beiden den Mann durchschaut und sie nicht?
Aber Caleb war anders. Nicht so ein Charmeur, kein Blender wie Patrick. Und es könnte ihr helfen, wenn die beiden Caleb mal unter die Lupe nahmen. Ihrem eigenen Urteil traute sie nicht so ganz. Ja, es wäre gut, die Meinung ihrer Familie zu hören. „Ich würde mich sehr freuen, wenn du mich begleitest.“
Caleb nickte. „Dann komme ich mit.“
Marley küsste ihn auf die Wange. „Danke.“
Sie waren erst seit einer halben Stunde bei Mr Kincaid, doch Caleb bereute seinen Entschluss bereits. Er hätte im Haus der Strathorns bleiben sollen. Aber es war ihm zu riskant, wenn Marley allein durch die Gegend fuhr, solange Patrick Grier nicht gefasst war. Was, wenn er ihr irgendwo auflauerte? Nein, Caleb wollte sie nicht aus den Augen lassen. Nicht für eine Sekunde.
Hier war er jedoch alles andere als in seinem Element. Als erfahrener Polizist hatte er schon die übelsten Verbrecher verhaftet und verhört. Und nun fühlte er sich plötzlich befangen und war eingeschüchtert – von einem blonden Jungen in Shorts und dessen ergrautem Vater, der voller Stolz die Burg präsentierte, die er gebaut hatte.
Eine Burg aus Eisstielen.
„Sieht … interessant aus“, meinte Caleb. Erstaunt betrachtete er das Bauwerk. Es war circa sechzig Zentimeter breit und einen Meter hoch, gebastelt aus Hunderten – nein, es mussten Tausende sein – kleiner Holzstiele. Sie bildeten die Wände und Türme. Die Fensterrahmen und Türen waren kunstvoll geschnitzt – alles aus Holzstielen. Auch die Zugbrücke. Wow! Sogar eine Zugbrücke gab es.
Marley schien Mühe zu haben, ein Grinsen zu unterdrücken. „Das ist Dads Hobby. Er bastelt leidenschaftlich gern.“
„Ja.“ Sam Kincaid Senior schaute liebevoll auf seine Kreation. „Und diese Burg ist mir besonders gut gelungen, meinst du nicht, Schatz?“
„Absolut.“ Marley hakte sich bei ihrem Vater ein und ging mit ihm aus der Garage. Caleb folgte den beiden um den Bungalow herum in den Garten. Welch ein schöner Garten! Der Rasen war frisch gemäht, von Blumenbeeten umgeben, in den Bäumen hingen bunte Vogelhäuschen.
Wie bei Marley, dachte Caleb lächelnd.
Ihr Bruder stand am Grill. Er grinste. „Du bist heute dran, den Tisch zu decken, Kleine.“
„Okay.“ Marley ließ den Arm ihres Vaters los und ging in Richtung Terrassentür.
„Ich helfe dir“, bot Caleb an.
„Nein!“, rief sie über die Schulter. „Setz dich, entspann dich.“
Da blieb ihm leider nichts anderes übrig, als bei ihrem Dad zu bleiben, auch wenn er dem gern eine Weile entkommen wäre. Er ahnte schon, dass gleich das nächste Kreuzverhör beginnen würde. Und so war es.
Kaum saßen sie am Gartentisch, sah Mr Kincaid ihn mit strenger Miene an. „Sie sind Schriftsteller?“
„Ja, Sir.“ Caleb schluckte. Schon wieder musste er lügen.
„Meine Frau war Journalistin.“
„O ja? In welchem Bereich? War sie bei einem Verlag angestellt?“
„Nein. Sie hat freiberuflich gearbeitet und vor allem über Gartengestaltung und Inneneinrichtung geschrieben.“ Sam Kincaid deutete auf die Blumenbeete. „Die hat sie angelegt. Unser Garten ist allein ihr Werk.“
„Moms Artikel sind in sehr bekannten Magazinen erschienen“, fügte Marley hinzu, die an den Tisch trat. Sie stellte eine Schüssel mit Kartoffelsalat ab, verteilte Teller, Gläser und Besteck und setzte sich dann.
„Der Garten ist wunderschön“, sagte Caleb aufrichtig. „Wer pflegt ihn?“
„Ich.“ Sam Kincaid lächelte. „Bevor Jessie starb, habe ich ihr versprochen, auf ihre Babys aufzupassen.“ Er zwinkerte. „Die Kinder und die Blumen.“
„Dann machen Sie einen guten Job, Sir.“
„Na, sieht das lecker aus, Marley?“ Ihr Bruder strahlte, als er eine Platte mit Fleisch auf den Tisch stellte. „Lasst es euch schmecken.“
Beim Essen entspannte sich Caleb etwas. Er beneidete Marley um ihre Familie. Die drei verstanden sich gut, das war deutlich zu spüren. Sie lachten viel miteinander, scherzten, und überhaupt ging es bei den Kincaids herrlich unbeschwert zu.
Sam erzählte viel über die Aufträge in der Schreinerei. Es war ein Familienbetrieb, der sie nicht reich werden ließ, aber die gemeinsame Arbeit schien Vater und Sohn Spaß zu machen. Vielleicht waren sie deshalb so
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