Tiffany Lieben & Lachen Band 0010
geklettert war. Bevor Cy bei ihr eingezogen war, hatten die beiden Frauen so manchen Abend auf der Feuerleiter verbracht, Prosecco getrunken und über Männer geredet – und den gut aussehenden, die unten auf der Straße vorbeigingen, nachgepfiffen. Nachdem Cy dann eingezogen war, mussten sie ihre Lieblingsfreizeitbeschäftigung natürlich aufgeben.
“Okay, alles klar”, meldete sich Melanie. “Wow, ich hatte ganz vergessen, wie hoch das hier ist. Haben wir hier wirklich gesessen und getrunken?”
“Und ob. Und du hast sogar auf dem Geländer gesessen und die Beine baumeln lassen und geschrien: ‘Guck mal, ich kann fliegen!’”
“Heiliger Bimbam! Ich muss sturzbetrunken gewesen sein.”
“Nur ‘n bisschen verrückt.”
Melanie kicherte leise. “Na schön, Spaß beiseite. Was ist jetzt wirklich los mit dir? Soll ich kommen und eine Kaution für dich hinterlegen?”
“Der Polizeichef sagte, es sei nur zu meiner Sicherheit.”
“Ich komme trotzdem.”
“Ja, natürlich. Als ob Cy dich lassen würde. Sei vernünftig, Mel. Du und ich, wir beide wissen, dass er dich ja kaum einkaufen gehen lässt ohne elektronische Fußfessel.”
Es folgte ein schwerer Seufzer. “Na ja, das ist ein bisschen übertrieben. Aber ich muss zugeben, er ist von der eifersüchtigen Sorte.”
“Mach dir keine Sorgen. Ich melde mich jeden Tag und gebe dir Bescheid, sobald alles geklärt ist. Kannst du …”
“Oh, verflixt! Cy ruft mich. Wenn er mich hier findet mit dem Telefon am Ohr, rastet er aus. Ruf mich morgen wieder an.”
“Aber sag …”, es klickte in der Leitung, “… niemandem, wo ich bin”, beendete Haley Jo ihren Satz. Sie unterdrückte ihre Enttäuschung und schob das Handy zurück in ihre Tasche. Tja, das war’s dann wohl.
Sie schlug die Decke zurück und schob die Beine darunter. Die Laken waren hart und steif wie Pappe, als ob Mr Polizeichef die verdammten Dinger höchstpersönlich nach jeder Wäsche mit Sprühstärke bügeln würde.
Sie schmiegte den Kopf an das dünne Kissen und versuchte, die Geräusche aus dem Fernseher zu ignorieren. Als sie die Augen schloss und langsam eindöste, fragte sie sich, ob Sam Matthews wohl nackt schlief.
Sam öffnete den Kühlschrank und griff zunächst nach einer Coladose, nahm dann aber lieber doch ein Bier vom untersten Regal. Heute Abend brauchte er etwas für die Nerven, auch wenn das ganz untypisch für ihn war.
Er kickte die Tür zu, während er sich aufrichtete, sodass sich tröstende Dunkelheit über den Raum senkte. Durch das offene Fenster über der Spüle drang das Zirpen der Grillen herein und er nahm den Duft von Flieder und frisch gemähtem Gras wahr.
Sam lehnte sich gegen den Küchentresen und drückte die eiskalte Bierdose an die Stirn. Das tat gut, brachte aber nicht genügend Linderung. Was er wirklich gebraucht hätte, war ein Eisbeutel, und zwar an einer ganz anderen Körperregion, und das alles nur wegen Haley Jo.
Er stöhnte leise auf vor Verlangen, als er an ihre zierliche Figur dachte und an ihre kupferfarbenen Locken, die im trüben Licht der Flurbeleuchtung geschimmert hatten. Vielleicht sollte er einfach kalt duschen.
Was war nur los mit ihm? Es war ja nicht so, dass er keine Frauen mehr gehabt hätte, seit Peggy fort war.
Über sich selbst schmunzelnd, öffnete Sam die Bierdose. Schaum lief ihm über die Finger. Der intensive Geruch drang ihm in die Nase, als er einen raschen Schluck nahm.
Wunderbar. Eiskalt floss das Bier über seine Zunge und spülte die Erinnerung an Haley Jos süße Lippen fort. Er riss ein Stück Küchenkrepp von der Rolle, wischte die Dose trocken und ging ins Wohnzimmer. King Kong hob den Kopf und stand mit einem kleinen, tiefen Laut auf. Ohne einen Blick zurück rannte er die Treppe hinauf, denn nun musste er nicht mehr das untere Stockwerk bewachen und konnte zurück zu seinem Lieblingsplatz – Prudies Bett.
Sam verriegelte die Haustür, schaltete alle Lampen aus und ging die Treppe hinauf. In der offenen Tür zu Prudies Zimmer blieb er stehen und lehnte sich gegen den Rahmen. Das war früher einmal seine Lieblingsbeschäftigung gewesen: Prudie beim Schlafen zuzusehen. Als sie noch ein Baby war, hatte er sich oft stundenlang über ihr Bett gebeugt und hatte ehrfürchtig die Vollkommenheit des kleinen Wesens bewundert.
Später hatte Sam sich oft zu ihr ins Bett gelegt und ihr ihre Lieblingsbücher vorgelesen. Er hatte sie dabei an sich gedrückt und sie hatte ganz ernst zu ihm hochgeblickt und sich
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