Tiffany Lieben & Lachen Band 0010
mich nach Hause zu holen.” Sie schüttelte den Kopf. “Aber da sie meistens ihre Freundinnen dabeihatten, blieben wir dann allesamt einfach dort.” Sie runzelte die Stirn. “Natürlich haben sie es nie versäumt, den Jungen zu verscheuchen, den ich mühsam so weit gebracht hatte, dass er sich mit mir verabredete …”
Sie blickte zu Sam hoch, einer ihrer niedlichen Mundwinkel war spöttisch verzogen. “Ich sage ‘mühsam’, weil die Jungs sich wegen meiner Brüder natürlich nie trauten, sich mit mir zu verabreden. Meine Brüder waren hässlich, gemein und über eins achtzig. Wenn doch ein Junge es wagte, sich mit mir zu verabreden, schüchterten sie ihn so ein, dass er das Weite suchte. Und dann ließen sie mich vor ihrem Wagen warten, bis sie bereit waren, nach Hause zu fahren.”
Sam schüttelte den Kopf. Er musste dieses Gespräch wieder in normale Bahnen bringen. Hier mit Haley Jo herumzuflirten, das konnte er überhaupt nicht brauchen. Er musste unbedingt zurück in sein Haus und in sein Bett – allein.
“Sie müssen jetzt schlafen, und ich muss zurück in mein Haus.” Er wies mit dem Kopf zum Büro am Ende des Flurs. “Chester ist die ganze Nacht da, Sie sind also in Sicherheit. Wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie es ihm einfach.”
Ihr Lächeln erstarb. Sie sah Sam flehend an. “Muss ich wirklich hier in dieser Gefängniszelle schlafen?”
“Tut mir leid, mehr haben wir hier nicht zu bieten. Es wird schon nicht so schlimm werden.”
“Hinter Gittern schlafen zu müssen … eingesperrt zu sein … Ich werde bestimmt Albträume bekommen.”
“Dann lassen Sie die Zellentür offen. Von Einschließen war nie die Rede.”
“Aber dann kann ja jeder hereinkommen.”
Er schaffte es, sich nichts anmerken zu lassen. Es war ja nicht ihre Schuld, dass er jetzt wirklich keine Geduld mehr hatte. Sie sah so verloren aus, so schutzbedürftig. Sie weckte Gefühle in ihm, von denen er seit Jahren nichts mehr wissen wollte. “Niemand wird Sie überfallen, Miss Simpson. Das Gebäude ist sicher, und Chester ist die ganze Nacht hier.”
“Und wenn er nun einen Anruf bekommt und weg muss?”
“Jake fährt die ganze Nacht Streife. Falls er Verstärkung brauchen sollte, dann ruft Chester mich an.”
Sie ließ die Schultern sinken. “Also gut.”
Aber ihr Gesichtsausdruck verriet deutlich, dass gar nichts gut war. Sam stand abwartend da. Aber worauf wartete er eigentlich?
Verlegen verlagerte er das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. “Also dann, ich gehe jetzt. Schlafen Sie gut.”
Sie nickte, sagte aber kein Wort.
Er drehte sich um ging den Flur hinab. Er blickte sich noch einmal um, und da stand sie immer noch und sah ihm nach.
“Wir sehen uns morgen”, sagte er noch.
Sie antwortete immer noch nicht, aber ihr Blick sagte ihm genug, um zu wissen, was sie empfand, als er sie so schnöde allein ließ. Genau so hatte sie ihn schon zuvor im Hotel angesehen. Wie, um alles in der Welt, hatte diese Frau es geschafft, seinen Beschützerinstinkt zu wecken? Er hatte immer geglaubt, nur Prudie habe diese Art von Macht über ihn.
5. KAPITEL
Haley Jo ging den Flur hinab, blieb in der Zellentür stehen und betrachtete ihr neues Zuhause.
Leider hatte sich seit dem Moment, als sie sich so schamlos dem Polizeichef an den Hals geworfen hatte, nichts geändert. Es war immer noch eine düstere, ungemütliche Kammer. Nun, sie würde irgendwie das Beste aus dieser üblen Situation machen. Das war schließlich eines ihrer größten Talente – immer das Beste aus allem zu machen.
Sie ging hinein, holte ihren Pyjama aus dem Koffer und machte sich auf den Weg ins Bad.
Chester blickte kaum vom Fernseher auf, als sie wieder das Büro betrat. Offenbar schien er nicht in der Stimmung zu sein, sich zu unterhalten.
Seufzend schloss sie die Toilettentür hinter sich. Sie blickte auf die winzige Duschkabine mit dem weißen Plastikvorhang und auf das altmodische Waschbecken, das mehrere Sprünge hatte, und blinzelte die aufsteigenden Tränen weg. Das hier war um Längen schlimmer als ihre allererste eigene Wohnung …
Suchend fasste sie nach dem Riegel in der Tür hinter ihr. Aber da war nichts. Kein Schloss, kein Riegel. Sie seufzte schwer. Ihr allererstes Badezimmer hatte wenigstens einen Riegel gehabt. Wieder unterdrückte sie mit aller Kraft die Tränen. Es könnte schließlich noch schlimmer sein, wenn sie sich zum Beispiel eine Toilette aus Edelstahl mitten in ihrer Zelle vorstellte …
Ein paar Minuten
Weitere Kostenlose Bücher