Tiffany Lieben & Lachen Band 0010
erklären, wieso ihre Matratze so schrecklich hart und klumpig war. Sie hatte das Gefühl, am ganzen Körper blaue Flecken zu haben.
“Du siehst vielleicht komisch aus mit dem Ding”, sagte eine helle Kinderstimme.
Erschrocken stützte Haley Jo sich auf den Ellbogen und nahm die Schlafmaske ab. Helles Licht drang ihr in die Augen. Benommen blickte sie in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und dann erkannte sie Prudie, die am Fußende ihres Bettes saß. Ein Buch lag aufgeschlagen in ihrem Schoß.
Haley Jo blickte sich verwirrt um. Oh, du lieber Himmel, es war kein Traum gewesen. Sie lag tatsächlich in einer Gefängniszelle. Offenbar hatte sie soeben die erste Nacht hier hinter sich gebracht.
Stöhnend ließ sie sich wieder zurückfallen und legte sich das Kissen aufs Gesicht.
“Wie viel Uhr ist es?”, fragte sie.
“Ungefähr sieben.”
Haley Jo hob das Kissen ein Stückchen hoch. “Sieben Uhr? Du meinst sieben Uhr morgens?”
Prudie nickte, und Haley Jo drückte das Kissen wieder fest auf ihr Gesicht.
“Du schläfst doch jetzt nicht wieder ein, oder? Es ist wirklich nicht einfach zu lesen bei deinem abstoßenden Geschnarche.”
Haley Jo hob das Kissen erneut an und blickte finster in Prudies Richtung. “Ich schnarche nicht!” Sie richtete sich halb auf. “Und seit wann benutzen Dreikäsehochs wie du Wörter wie ‘abstoßend’?”
“Ich bin ein intelligentes Kind.”
“Ja, darüber hast du mich schon im Hotel informiert, ich erinnere mich.” Sie wies mit dem Kopf auf das Buch. “Was liest du da? Die Relativitätstheorie?”
“Nein, du Dummerchen. Das ist mein Lieblingsbuch, ich lese es immer wieder.” Prudie klappte das Buch zu und schob es Haley Jo hin. “Und du schnarchst sehr wohl.”
“Tu ich nicht.”
Prudie schob die Hand in die Hosentasche und förderte ein Fläschchen Nagellack zutage. Sie zog ein Bein an und wackelte mit den Zehen. “Es hat keinen Sinn, darüber zu streiten. Wenn du willst, nehm ich dich mit meinem Kassettenrekorder auf. Du schnarchst ziemlich laut. Das ist ziemlich unattraktiv, wenn du mich fragst.”
“Danke für die Information, dass ich nicht nur schnarche, sondern auch noch unattraktiv dabei bin.” Haley Jo reckte und streckte sich gähnend.
Prudie begann, sich sorgfältig die Zehennägel zu lackieren. “Ich war nur ehrlich. Du würdest doch nicht wollen, dass ich dich anlüge, oder?”
Haley Jo öffnete den Mund – und machte ihn wieder zu. Wie sollte man auf so eine Bemerkung einer Zehnjährigen antworten? Zum Glück hatte sie keine Kinder. Sie setzte sich auf. Die Schlafmaske rutschte an ihrem Hals herab.
“Ist das nicht mein Nagellack?”
Prudie lachte und machte noch einen Pinselstrich, bevor sie aufblickte. “Natürlich ist der von dir. Oder glaubst du etwa, mein Dad würde mir jemals etwas kaufen, wo ‘Skandalrot’ draufsteht?” Sie wandte sich erneut ihren Zehen zu.
Haley Jo bemerkte, dass die Kleine ihren Morgenmantel aus Seide, den mit dem Paisleymuster, anhatte. Den Gürtel hatte sie lose um ihre schmale Taille gebunden.
Des Weiteren hatte sie sich die Freiheit genommen, sich mit einer von Haley Jos glitzernden Haarspangen das Haar hochzustecken. Nicht sehr geschickt allerdings, denn sie sah damit aus wie ein zerzaustes Vögelchen.
In einer von Sam Matthews’ Zellen zu wohnen bedeutete offenbar, dass man seinen gesamten Besitz dessen Tochter überlassen musste. Haley Jo rieb sich das Gesicht, um endlich wach zu werden, und schwang die Beine über den Bettrand.
Ein Wunder, dass sie auf dieser klumpigen Matratze überhaupt hatte schlafen können.
Prudie legte den Fuß auf Haley Jos nackten Schenkel. “Kannst du mir den kleinen Zeh machen? Das kann ich nicht so gut.”
Resigniert streckte Haley Jo die Hand aus und nahm das Fläschchen. Sorgfältig lackierte sie Prudies kleinen Zehennagel skandalrot.
Prudie streckte das Bein aus und begutachtete das Ergebnis. “Perfekt! Shannon wird bestimmt grün vor Neid, wenn sie das sieht.” Sie hob den anderen Fuß und legte ihn auf Haley Jos Schoß. “Hier, mach du den anderen Fuß. Du kannst das, ohne zu kleckern.”
Eine ungute Vorahnung beschlich Haley Jo, als sie den Pinsel in die Flüssigkeit tauchte. Ganz sicher würde der Polizeichef die frisch lackierten Nägel seiner Tochter nicht billigen. Aber frühmorgens und mit nüchternem Magen hatte sie gegen Prudie einfach keine Chance.
Prudie rutschte mit ihrem mageren Hinterteil auf der Matratze hin und her. “Wie
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