TIFFANY SEXY Band 59
nie als Schnüfflerin für die Polizei einspannen lassen, selbst wenn sie auf eigene Faust schnüffelte. Hier war also Finesse geboten, nicht Gewalt.
Bax überflog seine Notizen. Es ärgerte ihn, dass die Kamera nicht gefunden worden war. Es ärgerte ihn, dass jeder Gerry Geiger verabscheut hatte und dass jeder im Hotel verdächtig war. Die einzigen Menschen, die er als Verdächtige ausschließen konnte, waren Piper Devon und Mia Traverse. Devon war während der Tatzeit auf einer öffentlichen Veranstaltung gewesen, was Fotos in der „New York Post“ bewiesen. Traverse hatte den ganzen Abend mit ihren Freundinnen verbracht.
Bax fragte sich, was sie gesehen hatte. Wen. Womöglich kannte sie den Mörder, ohne es zu wissen.
Die bisherigen Vernehmungen waren eine Qual für ihn gewesen, aber vor dem Gespräch mit Mia Traverse graute ihm kein bisschen.
„Aufgeschlitzt. Von einem Ohr zum anderen. Es war entsetzlich.“ Mia blickte in der Cafeteria um sich, zufrieden, dass alle mit nachdenklicher Miene zu ihr starrten. Wahrscheinlich fragten sie sich, ob sie etwas wusste.
Die Wahrheit war, dass sie nichts wusste, noch nicht. Dass sie vorhatte, Informationen zu sammeln, brauchte keiner zu wissen.
Mias Lunchpartnerin war Theresa, mit der sie seit Langem befreundet war. Sie aßen oft zusammen, also fiel das nicht auf. Woran die Kollegen nicht dachten, waren Theresas unglaubliche Informationsquellen.
Die Zimmermädchen.
Nach Mias Erfahrung war es in allen Hotels dasselbe. Die Zimmermädchen wurden von den meisten Gästen nicht beachtet. Sie waren keine Menschen, sondern Roboter, die staubsaugten und putzten. Es ärgerte sie, dass so wenige Gäste den Zimmermädchen ein Trinkgeld gaben. Das war unerhört, wenn man bedachte, was ihnen alles zugemutet wurde. Sie mussten nicht nur widerliches Zeug wegschrubben, sie sahen auch eine ganze Menge. Und deshalb hatte Mia sich zu Theresa gesetzt.
„Ich hab noch nie einen Toten gesehen“, sagte Theresa. Sie aß eine Empanada, die so gut roch, dass Mia ihren Joghurt verfluchte. Theresa war einen Meter sechzig groß und konnte sich eine üppige Mahlzeit leisten. Sie hingegen maß gerade mal eins fünfzig und musste aufpassen.
Theresa schüttelte den Kopf, sodass ihr schwarzes Haar schimmerte. „Das muss wirklich schlimm für dich gewesen sein.“
„Ja, das war es.“ Mia aß noch einen Löffel Joghurt. „Er sah gruselig aus.“
„Ich bin nicht überrascht“, sagte Theresa und biss erneut in ihre Empanada.
Wieder stieg dieser köstliche Duft auf. Kreuzkümmel und Koriander. Mia bezwang den Drang, ihrer Freundin die knusprige Teigrolle aus der Hand zu grapschen. „Worüber? Über die Sache mit Geiger?“
„Richtig, Chica. Ich hab gewusst, dass dieser Mann schlimm enden würde.“
„Wieso?“
„Er war gestern Abend in der Suite des Regisseurs.“
„Wirklich? Woher weißt du das?“
„Zimmerservice. Andy hat die beiden bedient. Er hat Geiger im Spiegel gesehen. Und heute Morgen hat Yolanda seine Kamera gefunden. Sie war in einer Tasche mit seinen Initialen drauf. Eccles und Geiger hatten mächtig getrunken. Fast eine ganze Flasche Scotch war leer.“
„Wow. Was hat Yolanda mit der Kamera gemacht?“
„Nichts. Du kennst doch Yolanda. Sie würde nie etwas aus dem Zimmer eines Gastes entwenden.“
Mia lehnte sich benommen zurück. Peter Eccles war ein bekannter Regisseur, dessen letzte Filme aber Misserfolge gewesen waren. Dieser Film sollte ihn wieder an die Spitze bringen.
War Eccles womöglich der Täter? Hatte Geiger ihn dabei erwischt, wie er mit einer Frau knutschte, die er nicht hätte anrühren dürfen? Mia erinnerte sich schwach an eine Story über Eccles, die sie in einem Boulevardblatt gelesen hatte, aber das war lange her, und sie hatte sich nicht sonderlich für die Geschichte interessiert. Sie war nicht gerade eine begeisterte Leserin der Regenbogenpresse, aber sie kannte jemanden, der diese Blätter jeden Tag von der ersten bis zur letzten Seite las. Die gute Carlane. Welch ein Segen.
„Mia?“
Theresa sah sie auf ihre spezielle Art an: gehobene Brauen, durchdringender Blick. Allein damit hielt sie ihren Putztrupp schon auf Zack.
„Sorry. Ich hab gerade nachgedacht.“
„Denk nicht zu viel, Chica. Nur weil zwei Männer zusammen getrunken haben, muss der eine noch lange kein Mörder sein.“
„Ich weiß, aber trotzdem. Es ist merkwürdig, nicht?“
„Ja. Eigentlich müsste man …“ Theresa blickte umher, um sich zu vergewissern, dass
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