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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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unterschiedlicher Tage und Uhrzeiten niedergeschrieben hatte.
    Die Fuchsfrau sagt, ich solle auf mich selbst vertrauen. Ich muss an Klaas denken. Lieber gar nicht denken. Es ist so still hier. Habe gestern gebadet. Ich muss an dem Laptop arbeiten, kann aber kaum richtig tippen. Es sei meine Pflicht, sagt sie, wenn ich über ein Unrecht Bescheid wüsste. Ich wünschte, ich hätte einen Joint. Ich tue es für Klaas und diesen Idioten von Poelman. Wir haben uns doch immer gegenseitig geholfen. Ich muss in das Haus meines eigenen Vaters einbrechen, wenn er wieder mal bei seinen Veteranen ist, um die Dokumente einzuscannen und auf der Diskette abzu speichern. Mein Vater würde sich totlachen. Nein, er würde mich ausschimpfen. An die Presse, mit Geschich ten vom Militär? So haben wir unsere schmutzige Wä sche nicht gewaschen, damals in Korea. Die militärische Wäsche.
    Ich weiß nur, dass man vom Nichtstun müde wird. Verdammt, bin ich müde.

Ich verstehe nicht, wie Poelman so dumm sein konnte, auf der Beerdigung ausgerechnet zu Theo Stolz zu ge hen, obwohl wir doch alle wussten, dass der Sergeant und der Major ganz dicke Tinte sind. Aber Poelman war noch nie der Schlauste, der fällt auf alles rein. Ich weiß genau, was unterwegs zum Tribunal passiert ist, aber der Journalist wird natürlich Beweise fordern. Ich kann nur das auf der Diskette sammeln, was ich weiß, und dazu noch den Brief von Poelman und mei ne eigenen Vermutungen.
     
    Ich schlug das Tagebuch auf und blätterte es durch. Die letzten Aufzeichnungen datierten aus dem Jahr 1993, in Bosnien, als hätte Jan danach nichts mehr erlebt, was er wichtig genug fand, um es aufzuschreiben.
     
    Lieber Vater. Hallo Papa, ich schreibe dir nicht mehr, ich gebe es auf. Du antwortest mir ja sowieso bloß mit Gelaber über Korea, und dass das was anderes war, damals.
    Hier sitzen wir ja nur faul auf unserem Hintern auf Lkws voller Medikamente und Nahrungsmittel, weiße niederländische DAFs, auf denen groß UN auf Türen und Abdeckplanen steht, zehn Laster hintereinander, Funkjeep an der Spitze, Rettungswagen mit Sanitätern am Schluss. Wir tragen blaue Helme auf dem Kopf, fünfzehn Kilo schwere Schutzwesten am Körper und kugelsichere Schutzbrillen gegen die Granatsplitter, denn um Tuzla zu erreichen, müssen wir durch die ›bomb alley‹ hindurch, die Bombenallee, natürlich auch ein Kinderspiel im Vergleich zu Korea, sind ja nur drei Kilometer Bergstraße voller Dellen und Schlaglöcher. Die ›bomb alley‹ liegt zwischen den Dörfern Kakanj und Kladanj, Poelman nennt sie Klatsch und Kladde radatsch, und sie wird regelmäßig von Serben und Muslimen mit Mörsern beschossen. Kannst du dich an die Granaten erinnern, an den Pfeifton, mit dem sie angeflogen kommen, und dann die ohrenbetäubende Explosion? Aber was einen zum Haschisch und zum Slibowitz treibt, ist, wenn man bei Stupari mit einem Zehntonner ein Kind überrollt. Ich bin nur der Beifahrer, deshalb ist es nicht meine Schuld, außerdem war es Notwehr. Unser neuer Sergeant sagt, kein Mensch sei schuld dar an, wir sollten uns keine Gedanken darüber machen und vor allem den Mund darüber halten. Aber warum muss ich kotzen und bin ganz krank davon? Wenn kein Mensch Schuld daran hat, dann muss es wohl das Wet ter gewesen sein, denn einen Gott gibt es hier nicht. Mittwoch.
    Stolz wird wütend, weil ich das Blut auf der Stoßstange immer noch sehe, er sagt: Blödsinn, da ist mir ein Hase vors Auto gehüpft. Er hat natürlich Recht: Hasen sprin gen einem an die Scheinwerfer, wenn man sie nachts plötzlich anleuchtet, jedenfalls in der Veluwe. Hier ha be ich zwar noch keinen Hasen gesehen, aber na ja, hochhüpfende Kinder können es nicht gewesen sein. Stolz ist durch und durch Soldat, der wäre was für dich in Korea gewesen, aber er ist kein übler Typ, also darf ich jetzt Handlangerdienste verrichten. Dazu gehört auch, als Beifahrer im Jeep mitzufahren. Sachen abliefern, an einem Ort, der ein paar Stunden entfernt liegt. Ein Dorf liegt in Schutt und Asche, Häu ser stehen in Brand, es wird geschossen, irgendetwas liegt auf der Straße. Klaas hält an, ich steige aus, um es auf die Seite zu schieben, es sind zwei abgerissene Bei ne. Es ist, als sähe man es und sähe es doch nicht. Noch mehr Gliedmaßen, vollständige Leichen, Frauen, Kin der, ein verkohlter Oberkörper hängt über der Fenster bank eines ausgebrannten Hauses. Klaas muss mich zurück in den Jeep zerren. Er verpasst mir eine Ohrfeige, um mich

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