Tiffany
Kennzeichen den Besitzer des Wagens zu ermitteln, aber ich machte mir keine Illusionen. Sobald ich Tiffany auf meinem heruntergekurbelten Beifahrersitz verstaut hatte, fuhr ich los, aus der Stadt hinaus.
Tiffany schien in einem üblen Zustand zu sein, als ich Margas Bauernhof erreichte und mit meinem BMW an der Garage vorbei durch das üppige Aprilgras pflügte, bis er im verwilderten Kräutergarten hinter dem Haus mit dem überhängenden Reetdach stecken blieb. Ich hob sie ohne große Umstände aus dem Auto und schleppte sie auf die rückwärtige Terrasse. Sie fing an, sich zu wehren und erbrach sich über mich, als ich den Schlüssel aus seinem Geheimversteck auf einem Querbalken holte und die Tür aufschloss. Ich schaltete das Licht ein, trat die Tür zu und trug meine rasselnd atmende Last durch die leere Tenne und durch Margas Atelier hindurch bis in das Badezimmer im vorderen Teil des Hauses.
Das Bauernhaus roch leer und muffig, ein totes Gebäude, das laut Makler möbliert und mit Gardinen und Teppichen angeboten wurde, weil es so auf die Käufer attraktiver wirkte. Doch ich wusste es besser. Marga war der Typ, der immer gleich sämtliche Brücken hinter sich abbrach. Hals über Kopf war sie abgereist und hatte nur etwas Werkzeug und Kleidung mitgenommen. Zu irgendeinem x-beliebigen Zeitpunkt würde das ganze Zeug in einen Container gepackt und je Laune entweder nach Irland verschifft oder der Heilsarmee gespendet werden.
Ich ließ Tiffany auf den Fliesenboden sinken, zog mein Jackett aus, warf es in eine Ecke und beugte mich über sie. Sie sah Mitleid erregend aus. Als ich sie anfasste, begann sie zu zittern und zu würgen. Sie atmete röchelnd, als stecke ihr etwas im Hals. Ich packte sie im Nacken. Mund auf.
Sie konnte mich anscheinend hören, denn sie öffnete die Lippen. Ich steckte den Finger zwischen ihre überraschend weißen Zähne. Ihre Zunge war blaurot und geschwollen, als habe sie darauf gebissen. Ich fand ein Röhrchen Kohlekompretten in einem Arzneischränkchen, brachte Tiffany in Sitzposition und zwang sie, zwei Tabletten zu schlucken und Wasser zu trinken.
Diesmal ließ sie es zu, dass ich den Riemen von ihrem Handgelenk abwickelte. Ich warf ihre Tasche in dieselbe Ecke wie mein Jackett und fing an, sie von ihrem stinkenden Pullover zu befreien. Sie war nicht für die Arbeit als Nutte gekleidet, eher wie für eine Party oder einen Raubüberfall oder einen freien Tag, was wusste denn ich. Unter ihrem Pullover trug sie nichts, ihre Rippen schimmerten bläulich durch ihre schmutzig weiße Haut hindurch und oberhalb ihrer Hüften zeichneten sich die Schatten ihrer eingefallenen Leisten ab. Ihre Brüste wurden mit hochgehoben, als ich ihr den Pullover über den Kopf zog. So etwas gehörte ja eigentlich nicht zu meinen Aufgaben, schließlich war ich kein Krankenpfleger, aber es war nun einmal niemand anderer da. Ich war ein Amateur. Alles, was ich wusste, hatte ich aus meinem Buch über Drogensucht, das ich nach ihrem Verschwinden durchgeblättert hatte.
Tiffany lag nicht im Koma, aber als der Straßendealer sie aus dem besetzten Haus entführen wollte, musste sie entweder bewusstlos gewesen sein oder sich in einem Schockzustand befunden haben. Vielleicht eine Überdosis. Ich war davon überzeugt, dass sie auf ihrem Hausboot gewesen war, die Polizei angerufen und sich danach eine doppelte Dosis gedrückt hatte, um den Anblick der toten Fleur aus ihrem Kopf zu vertreiben. Ihre Stirn war klatschnass. Schweiß rann ihr unter den Achseln hervor über ihre Rippen. Im Kopf ging ich das Kapitel »Akute Intoxikation« durch: Erregung, Ataxie, Übelkeit, Erbrechen, Miosis, Schock, Mattigkeit, Konvulsionen, Hypotonie, stationäre Behandlung angebracht. Hoffnungsvoll strich ich die Hälfte der Symptome in Gedanken durch. Die Miosis und die Ataxie hatte ich schon im Buch übersprungen, weil ich nicht wusste, was diese Worte bedeuteten.
Ich fand Einstichspuren, ob alt oder neu, konnte ich nicht erkennen. Ihre Haut sah bläulich aus. Ich wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Ich ließ ihren Arm los und streifte ihr die Pumps mit den flachen Absätzen von den Füßen, knöpfte ihre Hose auf, zog den Reißverschluss herunter und rutschte auf den Knien nach hinten, um ihr die Hose von den Beinen zu ziehen. Ihr schwarzer Slip rutschte mit herunter und blieb auf ihren Knien hängen. Ich zog ihn ganz aus und warf ihn zu dem Rest. Ich dachte an meine Mutter: Erst mal sauber machen, dann wird alles von selbst
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