Tiffany
besser.
Ich drehte die Hähne auf, zog Tiffany mühsam hoch und schleppte sie unter die Dusche. Warmes Wasser strömte auf uns nieder. Tiffany fing sofort an zu prusten und sich zu wehren. Ihre Haut war so glatt, dass ich sie kaum festhalten konnte, sie war glitschig wie ein lebendiger Aal. Meine Hände rutschten und glitten über ihre Hüften und ihre Rippen, und sie fing erneut an, sich zu erbrechen, wahrscheinlich wegen der Kohletabletten. Doch sie hatte nichts mehr im Magen außer stinkendem Schleim und schließlich sackte sie schlaff aus meinen Händen auf den Wannenboden. Tropfnass trat ich zurück und fing an, an den Hähnen herumzudrehen, warm, kalt, warm, um die Betäubung zu verjagen, das Heroin auszutreiben, das Blut zum Fließen zu bringen, ihren Geist zurückzurufen. Tiffany krümmte sich auf den Fliesen wie ein Embryo. Erbrochenes, Schweiß und Wasser verschwanden gurgelnd im Abfluss. Kalt. Endlich lag sie still, ein Häuflein bläuliches Fleisch mit Gänsehaut. Wasser spritzte von ihr weg auf meine Hosenbeine. Warm.
Ich bückte mich unter den Wasserstrahl, zog sie hoch und hielt sie aufrecht. Der Patient beantwortet keine Fra gen, hört aber zu und kann einfache Aufträge ausführen. Bleib stehen.
Ich strich ihre Haare zurück. Das Wasser lief ihr über das Gesicht, ohne dass sie blinzelte. Ihre Augen waren rot und ausdruckslos, die Pupillen klein. Sie war stoned. »Lass mich dir helfen«, sagte ich, »alles wird gut, gleich kannst du schlafen.«
Es gelang ihr, stehen zu bleiben. Ich konnte sie mit einer Hand aufrecht halten, während ich ihr mit der anderen Shampoo auf den Kopf gab und anfing, ihr Haar zu waschen. Sie ließ mich gewähren und hielt nun von selbst das Gesicht unter den Duschstrahl und kniff wegen des Seifenschaums die Augen zusammen wie ein kleines Mädchen. Ich spülte ihre Haare aus, griff nach dem Schwamm und fing an, sie am ganzen Körper zu waschen. Arme hoch.
Ich hatte auch Marga gewaschen, unter derselben Dusche, aber Marga war stark und gesund und hatte es genossen.
»Halt dich fest und bleib stehen«, sagte ich.
Sie legte die Hände um die Duschstange, und ich erkannte an ihren Knöcheln, dass sie die Muskeln anspannte. Ich ließ sie los. Sie schwankte, blieb aber aufrecht unter dem fließenden Wasser stehen. Ich stieg aus der Dusche, zog rasch meine klatschnasse Hose und mein Hemd aus, trocknete mich ab und knotete mir ein Handtuch um die Hüfte. Dann drehte ich die Wasserhähne zu und zog Tiffany an mich. Ich wickelte sie in ein Badelaken und rubbelte ihr mit einem Handtuch die Haare trocken. Sie half nicht mit, sie war wie ein Roboter ohne Batterie, ich musste alles alleine machen. Das Badezimmer war ein einziges stinkendes Chaos, aber Tiffany war sauber, und ich musste meiner Mutter Recht geben, denn ich hatte den deutlichen Eindruck, dass sie schon besser aussah und nicht mehr so sehr einem Zombie glich. Sie zitterte und hatte am ganzen Körper Gänsehaut. Ich legte ihr die Fingerspitzen an den Hals und spürte, dass ihr Pulsschlag langsam ging, aber ihre Haut wirkte rosiger und hatte nicht mehr diese leichenblasse Autopsiefarbe.
Ich half ihr die Treppe hinauf ins hintere der beiden Schlafzimmer unter dem Reetdach. Alle Möbel standen noch darin, das Bett, die alten Stühle, der Wäscheschrank. Ich ließ Tiffany auf den Teppich aus Sisalquadraten auf dem Holzfußboden gleiten und richtete mit Laken und Bettbezügen aus dem Wäscheschrank sowie der darauf liegenden Steppdecke das Bett für sie her. Als ich das kleine Dachfenster öffnete und mit dem Metallhaken feststellte, versuchte Tiffany, noch immer in das Badehandtuch gewickelt, aufzustehen. Ihre Bewegungen waren so wackelig, grotesk und ungeschickt wie die eines neugeborenen Fohlens.
Ich half ihr ins Bett, zog ihr das feuchte Handtuch vom Körper und mummelte sie ringsum fest in die Bettdecke ein. Schlaf jetzt.
Ich blieb eine Weile lang neben ihr sitzen und verschnaufte, weil ich es nicht wagte, sie allein zu lassen. Sie lag mit geschlossenen Augen auf der Seite und atmete ein wenig rasselnd. Ich strich ihr das feuchte Haar nach hinten und betrachtete ihre glatte Stirn und ihr frisch gewaschenes Gesicht, das so gar nicht zu ihrer lauten, keifenden Stimme und ihrer groben Ausdrucksweise zu passen schien. So, wie sie da lag, war sie einfach eine normale junge Frau. Wenn man sich die ungesunde Hautfarbe wegdachte, hätte sie mit ihren schönen, regelmäßigen Gesichtszügen eine attraktive Studentin in den
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